Kapitel 80

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Marlon

Eine dunkle Kutsche mit mehreren Kutschen im Geleit erreichte das Schloss. Die schöne Königin war endlich da. Zufrieden lächelnd eilte Marlon los, um sie angemessen zu begrüßen. Das Schloss selbst stand Kopf. Alles wurde geputzt und für die große Beerdigung vorbereitet.

Marlon stieß ungeduldig Diener aus dem Weg, während er die Gänge entlanglief. Er konnte es kaum erwarten, seine Braut zu sehen. Der Gedanke amüsierte ihn. Vor drei Jahren hatte er noch geglaubt ihre störrische Tochter zu heiraten. Die Königin war das bessere Geschäft. Sie besaß bereits die Macht, die er sich wünschte.

Als er beinahe tollpatschig aus den Thoren des Schlosses eilte, rannte er die Königin fast um. Verächtlich schnaubend musterte sie ihn.

„Hast du vor Trauer deine Manieren vergessen?", murrte sie.

„Verzeiht, Hoheit." Er lächelte zerknirscht. „Willkommen. Die weiteren Gäste werden sicher auch bald kommen. Ihr seid die Erste."

Sie nickte und hakte sich bei ihm unter. „Die Beerdigung findet in den Katakomben statt?"

„Richtig. Dort liegen traditionell die Gräber unserer Könige und Königinnen."

„Interessant. Ich würde zunächst gern mein Zimmer sehen", sagte sie.

Doch bevor Marlon darauf antworten konnte, kamen die Ratsmitglieder ihnen entgegen, um den besonderen Gast würdig zu empfangen. Danach wiesen sie Diener an, sich im die Königin, ihr Gepäck und ihr Personal zu kümmern. Etwas, woran Marlon nicht gedacht hatte. Er schämte sich jedoch nicht. War all dies eine Aufgabe? Nein.

Die Beerdigung war, wie Marlon es vermutet hatte, furchtbar langweilig. Die Abwesenheit seiner Schwester wurde bedauert, doch man wollte die Feier nicht länger hinauszögern. Die Särge seiner Eltern wurden in einem Grab aus Stein eingelassen und mit beschrifteten und goldverzierten Platten verschlossen. Als letzten Gruß an die Toten wurde das Blut eines jungen Tieres über den neuen Gräbern vergossen. Es färbte den Stein dunkel.

Der Prinz legte schwarze Rosen auf die Gräber seiner Eltern und verabschiedete sich auf Knien, wie es die Tradition verlangte. Die Gäste senkten dabei die Köpfe. Alle, bis auf Königin Agathe, die erhaben über das Geschehen wachte. Niemand nahm es ihr übel. Immerhin war sie eine ‚Fremde'. Ein Gast. Marlon hingegen amüsierte sich heimlich und unbemerkt darüber. Am liebsten hätte er es ihr gleichgetan.

Die Gäste begaben sich in den Ballsaal, um dort nun den Abschied zu feiern. Die Beerdigungen der Vampire waren größtenteils fröhliche Feste. Die Feier diente dem Wunsch der Lebenden, dass ihre bleibende Zeit auf Erden glücklich sein würde. Das Vergangene war vergangen.

Es gab fröhliche Musik, Sekt, Blut und kleine Canapés die von Dienern auf goldenen Tabletten angeboten wurden.

Königin Agathe saß zusammen mit den Ratsmitgliedern und Marlon auf einer niedrigen Tribüne. Marlon stand auf, verneigte sich vor ihr und hielt ihr die Hand hin. „Hoheit? Wie wäre es mit einem Tanz?"

Das Ganze war gut durchplant. Es diente der Demonstration. Er zeigte damit den Gästen, dass das Königreich guter Dinge war. Das ihre Beziehung zu der Königin keinerlei Schaden genommen hatte.

„Natürlich." Agathe lächelte und ließ sich zur Tanzfläche geleiten. Während sie tanzten, raunte sie Marlon eine überraschende Neuigkeit zu: „Ich habe etwas für einige der Soldaten. Armbänder, die mit Zaubern versehen sind. Sie werden die Soldaten vor der Manipulation der Zentauren beschützen."

„Wirklich?"

„Nun. Sie müssen noch getestet werden."

„Und das wollt ihr hier?" Marlon nickte. „Im letzten Jahr hat es etwas mehr geregnet, auch in der Steppe, aber dennoch werden einige unserer Bauern noch von Zentauren überfallen. Häufig gelingt es den Soldaten nicht, sie aufzuhalten. Nur, wenn sie schneller sind, als die Zentauren sie manipulieren können. Dabei sind Eure Soldaten wirklich von Vorteil. Eine große Hilfe. Magie gibt uns eine größere Chance."

Hexe - Die KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt