Kapitel 2 - Kurze Zündschnur

36 6 3
                                    

Echo

Die fremden Sha'Kmals wurden langsamer. Als sie näherkamen, waren ihre Schritte langsam, gezielt und wirkten voller Energie. ,,Das typische Jagdverhalten", hatte Fynch im Zusammenhang zu diesem Gang erzählt. ,,Es hat auf die Beute eine hypnotisierende Wirkung und wenn der Sha'Kmal nah genug ist, springt er mit einem Satz auf seine Beute." Eine besondere Wirkung hatte dieser sogenannte Jagdschritt nicht auf mich, aber vielleicht auch weil ich kein naiver Hirsch war, der genauso leicht von einer brennenden Laterne unter Hypnose gesetzt wurde.

Aus dem Augenwinkel sah ich eine Regung seitens Ven-Gahn. Ein wenig erschöpft und leicht wankend, stand er auf und hielt dabei sein verletztes Bein hoch. Hoffentlich erreicht der Ræna die Anderen, dachte ich mit einem besorgten Blick auf das aufgeschlitzte Bein. Wenn Caitlain sich nicht schnell um die Wunde kümmert...

Diesen falschen Gedanken verbannte ich schnell wieder aus meinem Kopf, denn die Verfolger waren wichtiger und sehr nah. Inzwischen besaß ich einen guten Blick auf die zwei Gestalten. Mit ihren weiten Gewändern und den mit Tüchern verdeckten Gesichtern, sahen sie prodaischen Reitern sehr ähnlich. Nur ritten diese ihre Sha'Kmals ohne Zaumzeuge und Gebissen – wahrscheinlich konnte die Gesellschaft die Tiere ohne diese Dinge nicht kontrollieren.

Dunkel knurrte Ven-Gahn auf, als die feindlichen Tiere stehen blieben. Beinah synchron stiegen die Reiter von ihren Rücken. Dabei sah ich bei einem der Beiden, das metallische Aufblitzen eines Schwertes. Mein Griff am versteckten Dolch wurde fester – hoffentlich sah sich der Reiter nicht geschwungen sein Schwert zu benutzen. Die beiden Fremden traten schweigend vor. Ich blieb nah bei Ven-Gahn und war allein durch seine Anwesenheit zuversichtlich. Nach ein paar Schritte blieben die Reiter weiterhin schweigend stehen.

Nach ein paar Sekunden hob einer von ihnen die Hand und zog sich eins der langen Tücher am Gesicht runter. Ein weibliches Gesicht kam zum Vorschein, das von schwarzen Locken umrahmt wurde. Auf dem ersten Blick wirkte sie mit ihrer friedlichen Ausstrahlung und sanften Lächeln nett, aber ich hatte gelernt, dass solche Eindrücke nicht unbedingt der Wahrheit entsprachen.

,,Hallo Violet", begrüßte mich die Frau mit warmer Stimme. ,,Schön dich zu sehen. Du musst wissen, dass wir schon seit Wochen nach dir suchen."

,,Da bin ich mir sicher", zischte ich angespannt. Meine Finger drückten gegen den hölzernen Griff meiner Waffe. ,,Und mein Name ist Echo!"

Verwirrt blinzelte mich die Frau an. ,,Du lehnst den Namen deiner Eltern ab? Die dich geliebt und beschützt haben?"

,,Wenn mich Leute wie Sie so nennen, dann ja."

Mit einem tiefen Atemzug richtete sich die Frau auf. Ihr Nebenmann hatte unterdessen auch sein Gesicht enthüllt. Der dunklen Haut und den beinah schwarzen Augen nach, stammte er wohl aus den Südlanden.

,,Wir sollten vielleicht von vorne anfangen", sprach die Frau weiter. Mit einer Hand deutete sie zuerst auf sich und dann auf ihren Nebenmann. ,,Mein Name ist Yara und das ist Kain. Wie du sicherlich weißt gehören wir zur Blinden Gesellschaft. Und wir sind wegen dir hier, um dir den Beistand und Schutz der Gesellschaft anzubieten."

,,Den hatte ich schon einmal und ich bin gegangen. Was sagt Ihnen das?"

,,Das du unwissend bist", kam es von Kain. In seiner festen Stimme schwang die Spure eines Akzents. ,,Aber du bist noch ein halbes Kind, es ist verständlich das du nicht weißt-"

,,Ich weiß genug!", fuhr ich ihm dazwischen. ,,Ich hatte einen guten Grund um aus eurer Gewahrsam zu fliehen. Ihr wollt nicht mich, sondern den ersten Ätherkristall."

Überrascht blickte Yara zu ihm Kollegen. Sie sah erschrocken aus und erschien mit einem Mal unsicher. Hatte sie denn wirklich geglaubt, ich würde freiwillig mit ihnen gehen?

Daegor - Klinge und Kristall Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt