Kapitel 24.2 - Schattenpfeil

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Echo

Bei Anbruch der Dunkelheit, zog ich mich in mein Zimmer zurück. Ich ließ mein Fenster offen und lauschte nach draußen ins Dorf. Es dauerte lange bis sich eine Stille über Antylar legte, scheinbar war Ominis nicht der einzige Nachtmensch. So fern ich mich nicht stark irrte, müssten nun die einzigen Menschen im Dorf die heutige Nachtwache sein. Mikhaels Schlafen verriet mir seine Abwesenheit, nicht verwunderlich bei Mitternacht.

Nun musste ich mich bereit machen. Ich hatte mich fertig angezogen ins Bett gelegt, sodass ich mir nur noch meine Stiefel anziehen musste. Dies verlief gut, doch der Schrank knarrte leise, als ich ihn öffnete und meine Tasche rausholte. Still fluchend, beschloss ich den Schrank offen zu lassen, huschte hinaus in den kleinen Flur und verharrte vor Mikhaels offen stehenden Zimmertür. Ich warf einen langen, vielleicht zu langen Blick auf Mikhaels schlafenden Körper.

Tut mir leid. Aber ich werde so schnell wie möglich unversehrt zurückkommen – versprochen. Hoffentlich konnte ich dieses Versprechen wirklich einhalten.

Die Tür der Hütte blieb zum Glück still als ich die öffnete. Ich öffnete sie nur ein Stück, genug um mich durchschieben zu können und ließ sie dann langsam wieder hinter mir zufallen. Im Vergleich zur der Nacht, in der wir in die Gemeinschaft aufgenommen waren, wirkte diese Nacht nun gespenstisch und leer. Keine Fackeln erhellten die Umgebung, nur der silbrige Schein des Mondes fiel herab. Als ich ans Geländer der Ebene trat, konnte ich am Boden ein paar einzelne, schwache Lichtquellen ausmachen, wahrscheinlich die Lampen der Wachen.

Meine Augen brauchten einen Moment um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, doch kaum hatten sie sich gewöhnt, fühlte ich mich so sicher wie am Tag. Ich konnte jedes noch so feinste Detail meiner Umgebung ausmachen, wie zum Beispiel die mit Phiolen gefüllte Kiste, die vor einer der Hütten stand, an der ich vorbeilief und wegen ihre dunklen Farbe kaum vom Schatten der Hütte zu unterscheiden war. Gedankt sei der Daegor in mir!

Auf meinem Weg nach oben blieb alles ruhig, alles verlief wie geplant – mein Plan funktionierte. Viel schneller als erwartet erreichte ich die Kantine. Die Tür zum Vorratslager und der Küche war verschlossen, damit nachts keine Tiere Essen stehlen konnten. Natürlich wäre es schön gewesen ein wenig mehr und vor allem gutes Essen mitzunehmen, aber anderseits wollte ich die Sternenkinder nicht bestehlen, es reichte schon, dass ich sie ohne ein Wort verließ.

Ich holte tief Luft, zog die Gurte der Tasche, die um meine Schultern geschlungen waren, fester zu und schaute nach oben in die Baumkronen. Die nächsten Äste lagen noch ein wenig zu hoch. So einfach würde ich in meiner menschlichen Gestalt nicht rankommen und selbst als Daegor würde ein Sprung nicht ausreichen. Mein Blick wanderte weiter zum Baumstamm, indem sich die Küche befand. Seufzend bewegte ich meine Finger, um die Spannung aus ihnen zu lösen, dann fraßen mich die Flammen.

{...}

Mein Blick veränderte sich nach meiner Verwandlung. Während ich als Mensch die Umgebung durch ihre Schatten und das Mondlicht wahrgenommen habe, konnte ich nun so gut sehen, als wäre es helllichter Tag. Besonders nahm ich die Wärme meiner Umgebung wahr, genauer gesagt, die Wärme der nahen Lebewesen. Ich spürte die Herzschläge von mehr als hunderten Menschen unter mir, hörte ich Rufe der Tiere des Waldes und roch die Natur.

Bevor ich mich gänzlich in meiner Faszination verlieren konnte, konzentrierte ich mich wieder auf meinen Plan. Mit donnernden Klauen – und toten, langsam verwesenden Holzsplittern des Bodens – stürmte ich auf den Baumstamm zu. Kurz bevor ich gegen ihn prallte, sprang ich hoch und vergrub meine Krallen in das robuste Holz. Als Daegor war ich noch nie geklettert, weswegen ich überrascht war wie schnell ich vorankam und wie einfach es war. Es fühlte sich an, als würde ich einfach vertikal über den Boden laufen und die Äste, an denen ich vorbeikletterte, waren einfachere Hindernisse, denen ich ausweichen musste.

Daegor - Klinge und Kristall Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt