Echo
,,Siehst du, ich habe recht gehabt. Die Sonne ist noch nicht einmal untergegangen und wir sind da!"
Stolz und mit zur Seite ausgebreiteten Armen, deutete Pan eine Art Verbeugung an, als wäre es Teil eines zauberhaften Tricks, dass wir den Berg vor Sonnenuntergang erreicht hatten.
Wortlos stampfte ich an Pan vorbei, verpasste ihm aber dennoch einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. ,,Hat trotzdem lange gedauert", murmelte ich dabei.
Lachend nahm Pan einen seiner Beutel von der Schulter. ,,Wenigstens haben wir es geschafft, oder?"
Damit hatte er recht: Wir hatten es geschafft und standen direkt vor der Kammer.
Genauer gesagt standen wir direkt vor einem gigantischen Tor. Tatsächlich war der Berg, in dem sich die Kammer befand, nicht so groß wie die anderen Berge in naher Umgebung, aber dieses Tor war beinah genauso so breit und hoch wie das Gestein. Riesig, robust und glänzend. Ich sah nirgendwo eine Öffnung zum Durchgehen und auch keine Art Schlüsselloch. Einzig ein unförmiges Loch befand sich in der Fassade. Es war kein tiefes Loch und kaum größer als meine Hand – als hätte jemand versucht mit der Faust durch das Tor zu schlagen. Wie länger ich das Tor ansah, umso mehr fragte ich mich, ob man es überhaupt öffnen konnte. Vielleicht gab es auch einen ganz anderen Eingang.
Kopfschüttelnd trat ich zurück. Es macht keinen Sinn ein Tor zu bauen, wenn man auf einer anderen Seite nach drinnen gelangt.
,,Du hast nicht zufällig einen Schlüssel?", fragte Pan, der neben mich getreten war. In den Händen hielt er das Brot, aus dem unsere letzten zwei Mahlzeiten stammte. Als ich den Kopf schüttelte, setzte sich Pan in den Sand. Sein Blick war genauso wie meiner auf das Tor gerichtet, während er eine Scheibe vom Brot abschnitt. ,,Und wie möchtest du dann hinein?"
,,Ich weiß nicht einmal, ob ich rein möchte."
Ziellos setzte auch ich mich in den Sand und ließ dabei enttäuscht die Schultern hängen. ,,Ich wollte unbedingt hier her, um den Kristall beschützen zu können...Aber ich weiß nicht wie ich das machen soll."
,,Mhm. Vor was möchtest du denn den Kristall beschützen?"
Seufzend nahm ich das Stück Brot, welches Pan mir auf ausgestreckter Hand anbot. ,,Es ist kompliziert. Kennst du den Namen Osmium?"
,,Du meinst Der Osmium? Der Blinde Bruder der Zeit, der mit dem Allvater starb?"
Energisch schüttelte ich den Kopf. ,,Er ist nicht tot! Er lebt und er möchte den ersten Ätherkristall zerstören, deswegen möchte ich den Kristall beschützen. Und woher kennst du ihn?"
,,So viel weiß ich nicht von ihm", sagte Pan und zog sich langsam die Tücher von seinem Gesicht. ,,Ich weiß nur das, was in den Geschichten meines Volkes erzählt wird."
,,Und was wird über ihn erzählt?"
Nachdenklich richtete Pan seinen Blick zum Himmel. Zwischen dem Nachdenken biss er von seinem eigenem Stück Brot ab. Langsam – sehr langsam – zerkaute er das Brot, bevor er mit monotoner Stimme begann zu erzählen: ,,Die Geschichten meines Stammes besagen, dass Osmium das fünftälteste und drittjüngste Kind des Allvaters war und seit der Allvater seine Magie unter seinen Söhnen aufteilte, stand Osmium für die Zeit dar. Doch...noch bevor die Blinden Brüder den ersten Ätherkristall als Kraft der Ordnung und des Friedens erschufen, starb der Allvater an einer Krankheit, die seinen Körper jahrelang mit Schmerzen quälte. Es heißt, dass Osmium Angst hatte, die Krankheit könnte auch ihn treffen und er dadurch dieselben Qualen erleiden musste. Und deswegen...tötete er sich mit seiner eigenen Magie. Er ließ sich von seiner eigenen Magie töten, die seinen Körper verfaulen und sterben ließ..."
DU LIEST GERADE
Daegor - Klinge und Kristall
FantasiBAND 2 DER DAEGOR-REIHE Einst war Echo in den Augen ihrer Gesellschaft ein Niemand, nun ist sie die meistgesuchte Person des Landes. In der Hoffnung Schutz zu finden, führt der Weg sie und ihre Scalra-Beschützer in die Heimat der Sternenkinder. Doc...