Kapitel 7 - Merlin Winter

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Echo

Seit unserem Fund war an Schlaf nicht mehr zu denken, bei keinem von uns. Mikhael und ich hatten beide auf Fynchs Bitte hin versucht ein paar Minuten wertvollen Schlaf zu bekommen, doch es war vergebens. In meinem Kopf spukte ununterbrochen ein Gedanke umher: Was machte ein Sternenkinder außerhalb der Baumsavanne? Natürlich dürften sie die Baumsavanne jederzeit verlassen, doch welchen Grund sollten sie auf einmal haben, wenn außerhalb der Bäume die Eroberer und Unterdrücker ihres Landes warteten?

Caitlain gab sich die größte Mühe, um die langsam voranschreitende Vergiftung zu stoppen. Die Magie des Sternenkinds hatte gute Arbeit geleistet, doch um die Vergiftung zu entfernen war sie zu schwach. Nur erfahrende Heiler besaßen die Kraft, um eine Vergiftung vollständig aus dem Körper zu holen – und Caitlain war eine Expertin. In fließenden, eleganten Bewegungen flogen ihre Hände durch die Luft, silberne Magieflocken rieselten dabei wie Schneeflocken herab und legten sich als glänzendes Netz über den Schnitt und die Bisswunde.

,,Er hatte großes Glück", sagte Caitlain als ihre Hände sanken und sie von neuem die Atmung ihres Patienten kontrollierte. ,,Hätten wir ihn nicht gefunden, hätte er wahrscheinlich bis morgen Abend nicht überlebt."

,,Er hat uns verfolgt", erwiderte Fynch, der sich ganz in der Nähe von Caitlain und dem Sternenkind aufhielt. ,,Nicht wir haben ihn gefunden, er hat uns gefunden."

Die Heilerin schüttelte den Kopf. ,,Ganz bestimmt nicht. Er muss schon seit Stunden bewusstlos sein."

,,Dann hat uns also der Wolver verfolgt?", fragte Fynch skeptisch und schaute zur riesigen Wolfskreatur.

Nachdem er uns zum Lager gefolgt war, hatte sich der Wolver hingelegt und schien zu schlafen – die Augen waren geschlossen und die Körperhaltung entspannt. Und schon wieder fragte ich mich, wie er so entspannt bleiben konnte. Er schien in uns keinerlei Gefahr zu sehen, auch nicht für seinen Reiter.

Als hätte er meine Gedanken gelesen, hörte ich Vengy kurz darauf sagen: ,,Also entweder ist diesem Wolver alles egal oder er sieht uns nicht als gefährlich an. Wolvers sind unglaublich loyal und haben einen starken Beschützerinstinkt. Bei all unseren Waffen muss er doch sehen, dass wir nicht ganz ungefährlich sind."

Ich nickte zustimmend, legte mich auf den Rücken und schloss erschöpft die Augen. Vengy ruhte nah bei mir, der Pelz seiner Federfuchs-Gestalt schmiegte sich an mich und sein Körper gab eine angenehme Wärme weiter. Seit Caitlain ihm den Verband angelegt hatte, ging es meinem feurigen Freund sichtlich besser und er war wieder mit Leben erfüllt.

,,Wie sicher sind wir eigentlich wirklich vor einem Angriff der Schattenfresser?", hörte ich Fynch fragen. ,,Der Angreifer unseres Freundes könnte dem Geruch des Giftes folgen, um seine Beute endgültig zu töten. Und jeden anderen auch, der sich in der Nähe befindet."

,,Das wird sich kein Schattenfresser trauen. Selbst ein ganzes Rudel wird es sich nicht trauen, eine Gruppe aus vier Menschen und drei Sha'Kmals anzugreifen."

,,Danke Mikhael." Mit einem erschöpften Seufzen stand Caitlain auf. ,,Wir sollten dennoch aufpassen. Der Giftgeruch wird nicht nur Schattenfresser anlocken."

Sogleich hob Vengy den Kopf. ,,Was wird denn noch von Gift angelockt?"

Man hörte schon wie Mikhael für eine Antwort nach Luft holte, doch ich hob schneller den Kopf und fuhr dazwischen. ,,Nichts mit dem wir nicht zurecht kommen würden."

Meine Worte schienen Vengy zu beruhigen, dennoch schweifte sein Blick wachsam zu den Schatten hinaus. Auch sein Fell am Rücken stellte sich ein wenig auf, als er in Lauerstellung die Umgebung beobachtete.

Daegor - Klinge und Kristall Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt