Kapitel 9.1 - Misstrauen

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Fynch

Der Weg zur Kluft war nicht mehr weit und laut unserem neuen Begleiter noch näher als wir dachten. Merlin Winter teilte uns mit, dass es mit unserem Tempo höchstens noch einen Tagesritt dauern würde – morgen Mittag würden wir unterhalb der schützenden Baumkronen sein. Die anderen glaubten seinen Worten, ich blieb weiterhin skeptisch.

Um den schnellsten Weg zu finden führte das fremde Sternenkind uns nun an, sein Wolver war immerhin so schnell wie ein Sha'Kmal. Während wir unseren Weg fortsetzten, ließ ich meinen Blick immer wieder zur Seite gleiten, um Ausschau zu halten. Neben uns im hohen Gras folgte eine geisterhafte Schlangengestalt: Mein Ræna. Da Ares sich immer noch bei Mikhael versteckte, hatte ich meinen Ræna ausgeschickt, um uns heimlich zu beschützen und nach weiteren Verfolgern Ausschau zu halten. Die stechenden Blicke waren immer noch da und wenn sie nicht von Merlin und seinem Wolver kamen, so musste es jemand anderes sein. Wer auch immer es war, aus reinem Zufall folgte er uns nicht.

Kurz hatte ich darüber nachgedacht, ob Merlin von unserem Verfolger wusste. Vielleicht war es sein Verbündeter? Auch wenn er keine falschen oder schlechten Absichten zeigte, so fragte ich mich ob nicht vielleicht mehr hinter der Gestalt Merlin Winter lag. Was hatte ein Sternenkind nur außerhalb seines Reiches zu suchen? Und warum sollte er uns ohne Grund helfen wollen? So vieles machte für mich keinen Sinn. Wenn auch seine Worte und Absichten gut gemeint waren, so machten sie mich weiterhin misstrauisch. Wir wussten einfach zu wenig über ihn, um ihm blind zu vertrauen. Wieso sahen Cait und Mikhael es anders? Ein einfacheres Tattoo konnte ihnen doch nicht als Beweis reichen, um ihn klar als Sternenkind zu identifizieren. Ich trug schließlich auch eine Mykos-Maske und war kein Magier.

Meine Blicke zu Merlin blieben daher vorsichtig und skeptisch. Und wieder einmal dankte ich meiner Maske, denn so fielen meine Blicke nicht sofort auf. Merlin schien es wohl dennoch zu bemerken, denn jedes Mal wenn ich zulange starrte, zuckte er unwohl zusammen und bewegte seine Schulterblätter. Wütend drückten sich meine Finger zusammen und mit einem unterdrückten Knurren senkte ich den Blick.

Wieso nur stellte ich mich wie ein blutiger Anfänger an? Heimliche Beobachtungen waren eine der ersten Sachen, die man uns antrainiert hatte und nun hatte ich Probleme dabei jemanden zu beobachten, der selbst abgelenkt war.

Vielleicht ist mit dem Sternenkind alles in Ordnung. Deine Sorgen sind grundlos. Der einzige mit dem etwas nicht stimmt, bist einfach nur du.

Gerne wäre ich dieser Stimme an die Gurgel gesprungen – sie irrte sich nämlich, mit mir war alles in Ordnung. Unsere momentane Situation sorgte einfach für ungewollte Handlungen und seltsame Gedanken. Aus demselben Grund sorgte sich Caitlain um jede gesundheitliche Kleinigkeit, Mikhael ging keine Risiken mehr ein und Echo...hatte zu viele Probleme auf einem Schlag. Ich war derzeit der einzige von uns, der einen klaren Blick besaß, deswegen war meine Wachsamkeit umso wichtiger.

Plötzlich hob Merlin die Hand und sein Wolver blieb stehen. Auch der Rest von uns ließ seine Reittiere anhalten. Den Grund erkannte man sofort, die Warnung meines Rænas war demnach unnötig und zu spät.

Sie befanden sich zwar ein gutes Stück von uns entfernt, aber trotz allem gut zu erkennen: Die hohen, steinernen Bauten im Osten, die sich wie Wachtürme dem Himmel entgegenstreckten. Ich wusste noch aus meinem letzten Besuch, dass all diese hohen Gebäude durch mehrere Ebenen und Brücken miteinander verbunden waren – kein Gebäude war allein, keiner war ohne Schutz.

Noz, die ehemalige Heimat der Sternenkinder und eine Stadt unter fester Kontrolle des Imperiums.

Ich hatte keine Ahnung davon, wie schwer es für die Sternenkinder gewesen sein musste ihre Heimat zu verlassen, um mitten in einem verwilderten Gebiet neu anzufangen. Das ganze lag zwar fast vier Jahrzehnte zurück, doch musste es immer noch eine tiefe Narbe im süd-landischen Volk hinterlassen haben.

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