Echo
Augenblicklich neigte Mikhael seinen Oberkörper, wie eine Art Verbeugung. Verwirrt blinzelte ich ihn an, bis er mir mit einer schnellen Handbewegung gegen den Arm schlug und auffordernd zu mir schielte. Leise stieß ich Luft aus, folgte aber seiner Aufforderung und verneigte mich. War es angebracht jemanden so viel Respekt gegenüberzubringen, der uns eigentlich nichts zu sagen hatte?
,,Was ist mit Fynch?", fragte ich sofort.
,,Ihm geht es gut", antwortete Kaileena. ,,Als Kazzen ihn hier herbrachte, haben sich die Heiler sofort um ihn gekümmert. Er ist vom Gift befreit, aber leider noch nicht ansprechbar. Sein Körper wird ein wenig Zeit brauchen, um sich gegen diesen giftigen Angriff zu erholen."
Erleichtert atmete ich auf. Wie eine schwere Last fielen die Sorgen von mir herab Fynch war gerettet!
,,Wir danken Euch." Mikhaels Stimme war gedämpft vor tiefer Erleichterung. ,,Ihr habt meinem Bruder das Leben gerettet."
,,Und ihr habt den Bruder eines Verwandten Zweigs gerettet", erwiderte Kaileena. ,,Unser Dank reicht nicht Mal ansatzweise dafür aus."
,,Dann würde ich Sie gerne um etwas bitten, dass als Dank genug wäre."
Seufzend verschränkte Kona die Arme vor der Brust. ,,Ihr wollt in unseren Reihen bleiben."
Mikhael nickte. ,,Wir brauchen euren Schutz – wir brauchen Ashlyvers Schutz. Das Imperium wird nicht aufhören uns zu jagen, es wird mir nach meiner Schwester auch meinen Bruder nehmen – ihre eigenen Soldaten!" Kurz hielt er inne und legte eine Hand auf meine Schulter. ,,Und meine Melari braucht diesen Schutz auch. Sie braucht ihn sogar noch mehr als der Rest von uns."
Überrascht hoben sich Kaileenas schmale Augenbrauen. ,,Eine Melari? Dann steht also ein Kind der uralten Flamme hier vor uns. Was bist du? Sorvu, Sesti oder Nakre?"
,,Keins von all dem", antwortete ich und obwohl eine festdrückende Hand von Mikhael mir davon abriet, sagte ich die nächsten Worte dennoch. ,,Es ist die dunkle Gabe, die in mir ruht."
Wenn die Luft jetzt schon angespannt war, so schien sie nun Funken zu sprühen. Die Wolver-Reiter, unseren stillen Begleiter, hatten schon die ganze Zeit keinen Mucks von sich gegeben, doch nun schienen auch den unmaskierten Menschen die Worte zu fehlen.
Doch dafür zeigte der stille Mann an der kleinen Oase eine Regung. Bei meinen Worten hatte er seinen Kopf gehoben und sich leicht in unsere Richtung gedreht. Der Baakier hatte in all der Zeit den Weg zu ihm überbrückt und saß nun neben ihm. Mit den Beinen saß er in der Hocke, die Arme ruhten auf der freien Fläche der Bank. Als der Mann sich bewegte, hob der Baakier alarmiert den Kopf und sein Körper spannte sich erwartungsvoll an.
Die erste, die ihre Stimme wiederfand, war natürlich Bryony, passend mit einem ungläubigen Schnauben. ,,Das ist unmöglich. Es ist schon schwer zu glauben, dass sich zwei Scalras mit einem Daegor verbünden. Aber es ist völlig unmöglich, dass sie sich ausgerechnet mit dem dunklen Daegor verbünden!"
,,Es stimmt!", fuhr Merlin sie wütend an. ,,Was möchtest du? Einen Beweis? Ich habe es mit eigenen Augen gesehen: Echo ist der dunkler Daegor."
,,Und ihre Verbündeten sind Scalras. Es könnte auch ein Trick des Imperiums gewesen sein."
,,Dann sag was ich tun soll." Langsam machten auch mich Bryony hartes Misstrauen und ihre Abfälligkeiten wütend. ,,Ich gebe euch jeden Beweis den ihr wollt – wir sind keine Lügner."
,,Ich will ihr in die Augen sehen!"
Die Stimme des unbekannten Mannes knallte wie ein Peitschenhieb durch den Raum – kräftig und hart.
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Daegor - Klinge und Kristall
FantasyBAND 2 DER DAEGOR-REIHE Einst war Echo in den Augen ihrer Gesellschaft ein Niemand, nun ist sie die meistgesuchte Person des Landes. In der Hoffnung Schutz zu finden, führt der Weg sie und ihre Scalra-Beschützer in die Heimat der Sternenkinder. Doc...