Kapitel 28.1 - Schnellwasser

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Fynch

,,Aufwachen, Bruderherz. Wir sind da!"

Ein wirklicher guter Scherz von Jacomo – als würde ich es als Gefangener des Imperiums wagen zu schlafen. Tatsächlich hatte ich mich getraut die letzten Stunden mal für mehrere Sekunden die Augen zu schließen, doch sie sofort wieder geöffnet, sobald ich das Poltern von Stiefeln hörte. Die Gardisten warteten nur darauf das irgendein Gefangener einnickte, damit sie ihn in ihrer sadistischen Freude durch Tritte und Schläge aufwecken konnten. Während unseres Flugs hatte ich dieses Ereignis mehrmals gehört.

Wortlos schaute ich dabei zu wie ein Gardist die Tür meiner Zelle aufschloss, Jacomo stand mit einem siegessicheren Grinsen hinter ihm im schwachen Licht der aufgehängten Laternen. Tatsächlich hörte ich das Aufschließen von mehreren Türen, demnach wohl sämtliche Gefangenen ihr Ziel erreicht hatten. Nachdem mich Jacomo und die Gardisten in Jórvak festgenommen hatten, hatte man mich zur nächsten Stadt mit einem Flughafen gebracht und in eine Zelle auf einem Gefängnis-Flugschiff gesteckt. Kurz nach dem ich hier war hatte das Schiff abgehoben. Ich wusste nicht, wohin dieses Schiff voller Gefangenen hinsollte, aber sicherlich befand ich mich nicht in Johran. Eine andere Vermutung kam mir in den Sinn, die mich zum ersten Mal in dieser Lage angespannt atmen ließ.

Obwohl nur ein Gardist die Tür geöffnet hatte, kamen zwei Gardisten rein und befreiten mich von der Kette, an der meine Fesseln befestigt worden waren. Jede Zelle besaß eine feste Eisenkette, die in den Boden festgemacht war und an der der Gefangene gefesselt wurde. Eine Zelle mit morschem Holzboden, Gitterwänden und dieser Kette, mehr befand sich hier nicht. Keine Bank, kein Essen und kein Fenster, um während dem Flug die Wolken zu beobachten. Während ich von der Kette gelöst wurde, blieben die eisernen Handschellen dran. Die Gardisten packten mich beide an jeweils einer Schulter und schoben mich grob aus der Zelle, obwohl ich keinerlei Widerstand gab. Ich wusste, wann ich verloren hatte – auch wenn ich mich freiwillig in diese Lage begeben hatte.

Jacomo wartete außerhalb der Zelle. Bevor die Gardisten mich vom Gang mit den Zellen nach draußen bringen konnten, stellte sich Jacomo uns in den Weg. Hämisch grinste er mich an und wäre die Maske nicht gewesen, hätte ich ihm gerne ins Gesicht gespuckt.

,,Und? Froh endlich wieder die Beine vertreten zu können?", fragte Jacomo, ohne dieses schreckliche Grinsen verschwinden zu lassen.

Ich antwortete ihm nicht. Niemals würde ich auf sein Spiel eingehen, sicherlich fühlte er sich schon seit meiner Gefangennahme wie der Größte. Dafür fiel mein Blick auf seinen Waffengurt, genau genommen auf die Schusswaffe an seinem Gürtel. Meine Schusswaffe! Dieser Bastard hatte kein Recht meinen Revolver überhaupt anzufassen!

Enttäuscht, dass ich nichts zu seiner Provokation sagte, schnalzte Jacomo mit der Zunge, bevor zur Seite trat und den Weg frei machte. Die Gardisten führten mich ans Ende des Gangs zur Treppe, die am Anfang und am Ende von zwei Gardisten bewacht wurde. Vor uns schlürften andere Gefangene die Treppe nach oben. Wie auch ich trugen sie Handschellen, aber sie wurden nicht von Gardisten flankiert wie ich. In ihnen sah man keine drohende Gefahr und ich brauchte nur einen kurzen Blick auf ihre hängenden Köpfe und gebrochenen Blicken zu erhaschen, um zu erkennen, dass das Imperium recht hatte. Vermutlich waren die meisten von ihnen restliche Mitglieder der Verbrecher-Clans, die sich nicht mehr trauten, sich gegen das Imperium zu wehren. Am Ende der Treppe wurde ich in strahlendes Sonnenlicht gestoßen. Kurz musste ich die Augen zusammenkneifen. Ungefähr zwei Nächte und einen Tag hatte ich in der Zelle verbracht und hatte nicht mehr Licht gesehen als die schwachen Laternen. Die Gefangenen wurden zur Brücke gebracht, von der man vom Schiff runterkam und wieder festen Boden betrat. Oder besser gesagt: Man betrat die freie Fläche vom Dach des Turmes.

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