Mittlerweile ist wieder eine Woche vergangen.
Um genau zu sein haben wir Freitag und sitzen gerade im Unterricht bei Mr D'Angelo.
Mit seinem Nachnamen und seinem unverkennbaren, stets in Form gebrachten Schnurrbart, erinnert er mich ein wenig an meinen Kater.
Fast derselbe Name, fast derselbe Schnurrbart.
Heute verstehe ich von seinem mathematischen Geplänkel annähernd so viel wie von Angolo, wenn er auf dem Fenstersims sitzt und miaut.
Nichts.
Meine Gedanken sind ganz woanders.
Da wo sie definitiv nicht hingehören.
Seit letztem Samstag ist nämlich kein Tag verstrichen, an dem ich nicht an diesen unverschämten und höllisch gut aussehenden Typen gedacht habe.
Oh ja, er war sowas von unverschämt.
Sowas von gut aussehend.
Eigentlich dürfte ich keinen einzigen Gedanken mehr an ihn verschwenden.
Werden wir uns je wieder über den Weg laufen?
Denkt er vielleicht auch noch an unsere Begegnung?
Oder war es etwas völlig belangloses für ihn, das er längst vergessen hat?
Nicht an diesen Mistkerl zu denken klappt ausgesprochen gut.
Und zwar ganz und gar nicht.
Als Mr D'Angelo kurz den Raum verlassen hat um neue Kreide zu holen, hat Ambra die Chance genutzt, mir von ihren prächtigen Wochenendplänen zu berichten.
Meine abwechslungslosen Wochenendpläne, sind nicht der Rede wert.
Ihr Bruder gehört der Rennfahrergang del Bosco an.
Gefühlt gehört jeder große Bruder zu dieser Gang.
Außer Damaso.
Er ist viel zu anständig und manierlich, als dass er an illegalen Rennen teilnehmen würde.
Wobei er mit seinem Alfa sicher die ein oder andere Schrottlaube in den Schatten stellen würde.
Jedes Wochenende finden also an verschiedenen, absolut geheimen Orten, illegale Rennen statt, bei denen es um eine ganze Menge Geld geht.
Unversteuerte, schmutzige Gelder.
Die Schauorte werden erst immer zwei Stunden vor Beginn der Rennen bekannt gegeben, damit die Polizei oder andere ungebetene Gäste keinen Wind davon kriegen. Es kam schon das ein oder andere Mal vor, dass Leute dort hochgenommen wurden. Darunter Ambras Bruder.
Seitdem sind sie alle noch vorsichtiger geworden.
Beim nächsten Mal würde Amando womöglich im Gefängnis landen.
Ambra erfährt durch ihn immer wo die Rennen am jeweiligen Abend stattfinden. Sie war sogar des Öfteren schon dabei.
Auch erwischte sie Amando mehrfach dabei, wie er ihrem Vater Geld gestohlen hatte. Seit diesem Tag hat sie ihn gewissermaßen in der Hand.
Kleine Schwestern können ganz schön bösartig sein, wenn es um ihre eigenen Vorteile geht.
Ambra sagt, dass sich all die Badboys aus den Büchern die ich lese, auf der Rennstrecke rumtreiben und dass ich etwas verpasse, wenn ich es selbst nicht einmal miterlebt habe. Niemals würde mir mein Vater erlauben, dass ich am Abend ausgehe. Selbst Paolo, den ich seit meiner Kindheit kenne, muss mich um Punkt sieben und keine Minute später wieder absetzen.
„Zita, du musst heute unbedingt mitkommen. Bitte, ich flehe dich an. Nur einen Abend!", kommt es bettelnd über Ambras Lippen, als sie mir mit funkelnden Augen von heute Abend erzählt.
Ihre Familie ist das komplette Gegenteil von meiner.
Sie darf sich kleiden wie sie will. Sie darf am Wochenende ausgehen und sie darf sogar einen Freund haben.
Jetzt kommt das allerbeste: sie wird nicht jeden Sonntag dazu gezwungen, die Basilica zu besuchen.
Halleluja.
Manchmal wünschte ich mir, ich könnte mit ihr tauschen.
Wenigstens für einen Tag.
Bloß um ein einiges Mal das zu tun, was ich möchte und nicht, was die anderen von mir verlangen.
„Du weißt das geht nicht. Mein Vater würde es niemals erlauben.", erinnere ich sie mit rollenden Augen, enttäuscht darüber, dass mir auch wirklich jedes bisschen Spaß entgeht.
„Dann sag, du schläfst bei mir. Meine Mutter kann das doch bestätigen.", schlägt sie mit wackelnden Augenbrauen vor.
Ob Mom wirklich so cool wäre, mich vor Vater zu decken?
„Ich darf nirgendwo anders übernachten, das weißt du."
Selbst bei harmlosen Kindergeburtstagen, war immer ich das Mädchen, das am Abend wieder abgeholt wurde.
Was zur Hölle sollte mit sieben unschuldigen Jahren bei einer Übernachtung auf einem Kindergeburtstag passieren?
„Dann klettere doch einfach aus dem Fenster?", schlägt Ambra weiter wagemutig vor. Jetzt glänzen ihre Augen nicht mehr - sie lodern vor Abenteuerlust.
„Du weißt ganz genau was nach dem letzten Mal passiert ist. Sie lachen mich heute noch für den peinlichen Aufstand von Papa aus. Beim letzten Mal musste ich dafür zur Beichte, weil ich ihn beschämt habe."
Wenn ich daran zurückdenke, wie oft ich die Sätze auf einen Zettel schreiben musste die er mir diktierte, schmerzen meine Hände noch immer.
Einmal und nie wieder.
„Zita, du warst 14 Jahre alt. Bald bist du 18. Willst du für immer in der Knechtschaft deines Vaters leben? Tu doch einmal das, was du möchtest. Nur ein einziges Mal.", spricht sie mir überzeugend und gut zu.
Zu überzeugend.
Sie hat Recht.
Mein ganzes Leben schon, respektiere ich die Ansichten meines Vaters und gehorche. Seit dem Vorfall vor wenigen Jahren bin ich nie wieder sittenwidrig gewesen.
Es würde ihm sicher nicht auffallen, wenn ich einen Abend mal nur das tue, was ich möchte.
Ambra hat mich überredet.
Ich habe das Recht, auch mal nur an mich denken.
„Na gut. Aber nur dieses eine Mal.", gebe ich nach und atme dabei tief ein und wieder aus.
Worauf lasse ich mich da bloß ein?
Ambra fällt mir um den Hals und kann ihr lautstarkes Jubeln nicht zurückhalten.
Mr D'Angelo kehrt mit einer Handvoll Kreide ins Klassenzimmer zurück und das Getratsche im Raum klingt mit einem Mal ab.
Er ist einer der wenigen Lehrer, vor dem selbst die Rebellen der Klasse Respekt haben.
Er hat diese gewisse autoritäre Ausstrahlung, bei der man gehorchen will.
Wenn ich mir den Moment vorstelle, wie ich heute Abend aus meinem Fenster klettere, wird mir schon jetzt übel.
Papa bringt mich um, sollte er mich erwischen.
In Gedanken bekreuzige ich mich.
Wahrscheinlich darf ich dann nicht mal mehr in die Bibliothek, um mir Bücher zu leihen.
Der einzige Ort, wo ich für einen Augenblick flüchten kann, sind die Seiten meiner Bücher.
Lieber Gott, hab Erbarmen. Wenn es dich wirklich gibt, dann lass meinen Vater nicht gerade heute mein Zimmer kontrollieren. Ich zähl auf dich.
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Just like the guys in my books
Teen Fiction„Man empfindet es als Segen ihnen zu begegnen. Man fühlt sich entflammt und belebt. Doch am Ende entpuppen sie sich als bitterer Fluch". Devil Dick 😈 [ deh • vl • dik ] „Exceptionally good dick that happens to be attached to a fuckboy, who knows h...