Kapitel 53 { Maja }

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Paolo ist süß.
Er versucht es mit aller Kraft sich nicht anmerken zu lassen, wie unerfahren er noch ist, aber ich merke es daran, wie unersättlich er plötzlich ist.
Ich weiß nicht, wie oft wir es in den letzten Tagen miteinander getrieben haben, ich glaube es braucht weit mehr als zwei Hände, um die Male zu zählen.
Was soll's, es tut mir gut.
Er tut mir gut.
Wir tun einander gut.
Auch wenn ich sobald sich meine Augen schließen, Fidelio vor meinem inneren Auge sehe, hilft es mir, diesen Schlussstrich für den Moment zu überwinden.
Er gibt mir nicht das Gefühl, mich lediglich zu benutzen.
Dieses rein raus, um sich die Geilheit abzustoßen, wie ein Hirsch seine Hörner.
Er streichelt mich, küsst mich und sieht mir während wir es miteinander machen in die Augen.
Es gibt keinen intimeren Moment, als sich beim Sex in die Augen zu blicken.
Es ist nicht bloß Nacktheit, es ist jedes Mal wie ein kleiner Seelenstriptease, sich dem anderen so verletzlich zu offenbaren.
Fidelio hat mir nie dabei in die Augen gesehen, geschweige denn hat er mich nie dabei geküsst.
Ich habe mal gehört, wie er zu einem seiner Jungs sagte, dass man Schlampen nicht auf den Mund küsst.
Das war ich also für ihn, nichts weiter als eine Schlampe.
Er hat mich benutzt, wie sein kleines untergrabenes Spielzeug und ich habe es unweigerlich zugelassen.
Ich habe kein Mitleid verdient, nicht einmal von mir selbst, denn ich wollte es so.
Fidelio wollte mich ficken, er hat mich gefickt.
Fidelio wollte, dass ich ihm einen blase, ich hab's getan.
Fidelio wollte experimentieren, wir haben experimentiert und es tat verdammt weh.
Fidelio wollte Nacktbilder von mir, egal zu welcher Zeit und wo ich war, ich habe sie ihm geschickt.
Fidelio wollte, dass wir uns dabei filmen, wir haben uns gefilmt und ich habe mich mehr ins Zeug gelegt, als jede Trulla irgendwelcher anzüglichen Sex Streifen.
Fidelio wollte es nebenbei mit anderen treiben, weil Maja anscheinend nicht ausgereicht hat, ich hab's geduldet.
Aber was wollte Maja?
Maja wollte nicht viel, außer diese eine Sache, für die sie alle Grausamkeiten über sich hat ergehen lassen.
Sie wollte sein Herz.
Böse Zungen würden behaupten, er hat kein Herz, aber ich behaupte etwas anderes.
Er zeigt es nicht oft, aber es gab durchaus Momente, in denen ich nicht anders konnte, als mich noch mehr in ihn zu verlieben.
Zum Beispiel, wenn er Rosalia auf seinen Schultern trug und mit ihr Pferdchen spielte.
Wenn er die halbe Bäckerei mal wieder leer gekauft hat, um die Obdachlosen unter der Brücke am Fluss, mit Nahrung zu versorgen.
Wenn er über seine Großmutter sprach und seine Augen wild funkelten.
Oder wenn er zu viel getrunken hatte, sich Koks durch die Nase gezogen hat, um sich anschließend in meinen Armen auszuheulen, wie ein Schlosshund.
Er hat mir nie den Grund dafür verraten, aber etwas in mir sagt mir, dass in seiner Vergangenheit etwas geschehen ist, dass seine Seele schwer bluten lassen hat.
Ich stand ihm immer treuergeben zur Seite, in guten und auch in schlechten Zeiten.
Ich war diejenige die neben ihm stand, als er seinen Koksvorrat widerwillig das Klo hinunter gespült hat.
Ich habe ihm seine Tränen gewischt und ihm den Kopf gestreichelt, während er ein Meer aus Tränen weinte.
Ich habe seine Kotze aufgewischt, wenn er es nicht mehr bis zur Toilette geschafft hat.
Ich habe verdammt noch mal alles in meiner Macht stehende getan, um vielleicht irgendwann den Dank zu erhalten, den ich verdient habe.
Seine Liebe.
Niemand kann sich auch nur annähernd vorstellen, wie erniedrigend es ist, bei den gemeinsamen Treffen, nur eine unter vielen zu sein.
Ich war zwar oft sein Vorzeigepüppchen, dass er stolz unter seinArm geklemmt hat, um mit der blonden großbusigen Barbie zu prahlen.
Aber neben mir standen auch Franca, Vittoria und wie sie noch alle heißen, die er wann immer ihm danach war, ebenfalls gevögelt hat.
Ich wusste es und sie wussten auch, dass ich darüber Bescheid weiß.
Wir stiegen in seinen Wagen fernab der anderen, ich habe ihm flüchtig einen geblasen und wir kehrten zurück zu ihnen.
Sie wussten was wir gerade getan haben und konnten es kaum abwarten, ihm ebenfalls den Schwanz zu blasen, sobald ich ihnen den Rücken kehrte.
Aber so wie es immer ist, gab es auch die schönen Momente, die für mich überwogen.
Zwar gab es sie nur, wenn er einen mental breakdown hatte und er nicht Herr seiner Sinne war, aber ich habe sie zu meinen Gunsten ausgekostet.
Ein weiser Mann sagte einst, dass Betrunkene immer die Wahrheit sagen und daran hielt ich mich fest, wie an einem Strohhalm.
Er schloss mich fest in seine Arme, sagte mir wie dankbar er für all das ist, was ich ihm gebe und dass er sich ein Leben ohne mich an seiner Seite nicht mehr vorstellen könnte.
Er strich mir über die Wange und ließ seinen Daumen liebevoll über meine Lippe wandern, bevor er sie küsste.
Danach lächelte er glückselig und zog mich mit diesem Lächeln, mit seinen perfekten Grübchen, in seinen Bann.
Sollte ich mich jemals in eine Frau verlieben, dann wärst du diese Frau. Aber ich kann es einfach nicht zulassen. Die Liebe ist eine Illusion, die Menschen schwach werden lässt. Ich will nicht wieder schwach sein, Maja. Verstehst du das?", hat er mir bei seinem letzten Absturz zugeflüstert, ehe er entkräftet in meinen Armen eingeschlafen ist.
Diese Worte verfolgen mich seitdem, wie ein Fluch. Jedes einzelne Wort hat sich in mein Gedächtnis gebrannt wie ein Tattoo, dass tief unter die Haut geht.
Stetig ist da dieser kleine Funken Hoffnung in mir, dass ein Hauch von Wahrheit in ihnen steckt.
Solche Dinge sagt man nicht einfach so, sie kommen aus seinem tiefsten verletzlichen Innern, auch wenn er es nur unter Drogeneinfluss schafft, sie mir zu offenbaren.
Mit Sicherheit weiß er nicht mal mehr, dass er diese Worte zu mir gesagt hat, aber ich weiß es.
Unter seiner rechten Brust, hat er ein kleines Tattoo, dass mir gewidmet ist.
Dolce.
So nennt er mich seitdem Tag, als er mich nach unserem ersten großen Streit mit einem riesen Eimer Vanilleeis vorgefunden hat.
Oh Gott, ich kann mich daran noch ganz genau erinnern. Ich hab den Eimer förmlich inhaliert, während ich mir dabei die Augen ausheulte. Am Ende war es eine Mischung aus salzigen Tränen und flüssigem Vanilleeis, dass ich ekstatisch in mich hinein schaufelte.
Nach unserem zweiten großen Streit, der nach ungefähr zwei Monaten passierte, tauchte er auf und präsentierte mir stolz seine neue Malerei auf der Haut.
Bis heute bin ich ziemlich stolz darauf, weil sich noch nie ein Mann, ein Tattoo hat für mich stechen lassen.
Für ihn ist es sicher nicht von großer Bedeutung, da es im großen Ganzen sowieso verschwindet, aber für mich ist es das.
Jetzt stehe ich da, mit einem entzwei geteilten Herz und die Liebe die ich verdient hätte, schenkt er einer anderen, mit einer Leichtigkeit, die mir gänzlich den Boden unter den Füßen wegreißt.
Was hat dieses Mauerblümchen, was ich nicht habe?
Sie musste nicht einmal etwas dafür tun, um mit seinem Herz belohnt zu werden.
Sie hat nicht annähernd das getan, was ich all die Zeit für ihn getan habe.
Es ist verdammt unfair und es zerfrisst mich.
Spätestens als mich mein Bauchgefühl warnte, hätte ich Abstand zu ihm gewinnen sollen.
Aber nein, ich verbrachte immer mehr Zeit mit seiner Familie, mit Rosalia dem kleinen Sonnenschein und hab mich in die Vorstellung, irgendwann Teil dieser Familie zu sein, unfassbar verliebt.
Ich lasse nicht zu, dass er weiterhin seine diabolischen Spielchen mit mir spielt. Es ist schwer, verdammt schwer, aber irgendwann werde ich darüber hinwegkommen; und dann wird es mich noch viel stärker machen.
Es gibt eine einzige Sache, einen kleinen Finger den ich ihm reiche, um eine allerletzte Chance von mir zu erhalten.
Sollte er es je in Erwägung ziehen wieder mit mir in Kontakt zu treten, von mir verlangen, dass ich mich ihm wieder öffne, dann nur unter der Bedingung, dass er mir seine Liebe gesteht.
Keine anderen Frauen mehr, keine Lügen und Intrigen mehr, nur wir zwei.
Fidelio ist leider einer dieser Typen, wie sie in unzähligen märchenhaften Jugendromanen geschrieben stehen.
Man nehme eine große Portion Egoismus, eine doppelte Ration verdammt gutes Aussehen, eine Menge Sex-Appeal, die schönsten Augen dieser Welt und eine Prise Herzenswärme und schon hat man sich einen Fidelio Morelli gebacken.
Paolo hingegen ist eher der liebe unscheinbare Typ von nebenan. Äußerst gut aussehend und äußerst liebevoll, voller Hingabe und Fürsorglichkeit, aber niemand, der eine wirklich große Rolle in diesen Büchern spielt.
Niemand der eines dieser Bücher liest, wünscht sich ein Happyend zwischen dem heiß umworbenen Mädchen und dem sanften Softie.
Alle wollen sie den Badboy, den Herzensbrecher, den Casanova.
Für die Nebenstory ist es okay, dass der Milchbubi sich eine andere sucht, in die er sich schlussendlich verliebt, aber die Hauptrolle wird er niemals spielen. Genauso wie das andere Mädchen, dessen Herz womöglich für immer an diesem Badboy haftet, niemals eine wirkliche Rolle spielen wird.
Manchmal da werden die Leser Mitleid mit diesem nebensächlichen Mädchen bekommen, gönnen es ihr, dass der Badboy ihr ab und an Zuwendung schenkt, aber letztendlich ergötzen sie sich daran, dass er sie wieder und wieder fallen lässt.
Ich will nicht diese verdammte Nebenrolle spielen, die zweite Geige, das dritte Rad am Wagen sein.
Ich will die Hauptrolle spielen, die sein, für die er sich am Ende entscheidet.
Koste es was es wolle.
Auch wenn es nicht das Happyend ist, was sich die Leser wünschen, wäre es immer noch ein Happyend.
Es gibt nicht nur bloß ein Finale, einen Schlussakt oder ein glückliches Ende.

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