Kapitel 67 { Zita}

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Wenn sich eine Tür schließt, dann öffnet sich eine andere, oder wie sagt man noch gleich, um sich sein Leben trotz aller Missstände schön zu reden?
Wenn ich eins in den letzten zwei Wochen gelernt habe, dann das unsere Geschichte, kein Happyend hat. Wenn ich ehrlich bin, überrascht es mich nicht, denn ich habe es die ganze Zeit gespürt, ohne es wahrhaben zu wollen. Ich habe mir immer wieder die Frage gestellt, ob es Fluch oder Segen ist, ihm begegnet zu sein. Zeitweise war ich wirklich fest davon überzeugt, dass er das Beste ist, dass mir in meinem Leben widerfahren ist. Endlich habe ich mich so lebendig und frei gefühlt, wie ich es mir lange Zeit gewünscht habe. Ich habe mich immer gefragt, was ein Mann wie er von mir will, der sie alle haben kann. Ich fing an es zu akzeptieren, es anzunehmen, dass er mich auserwählt hat. Dass unsere Liebesgeschichte, unsere zufällige Begegnung etwas besonderes ist, wie es sonst nur in Büchern geschrieben steht. Jetzt stelle ich fest, dass diese Bücher bloß Utopien sind, eine wahre Lüge großer Autoren, die uns jungen Frauen einen Silberstreifen am Himmel versprechen, der im Grunde nicht existiert. Warum schreibt keiner über die Wahrheit, darüber, dass man sich von diesen verlockenden und trügerischen Badboys fernhalten sollte, bevor sie einen unverhofft vernichten?
Er war wie die Schlange im Garten Eden und hat mir diesen purpurnen Apfel so schmackhaft gemacht, dass ich nicht anders konnte, als genüsslich hinein zu beißen.
Er hat mich betrogen und belogen und trotz allem, wäre ich bereit dazu gewesen ihm zu verzeihen, um ihn nicht zu verlieren. Soll das die große, aufrichtige und tiefe Liebe sein, von der alle da draußen sprechen?
Das hat rein gar nichts mit Liebe zu tun, sondern mit purem Narzissmus und Blasiertheit. Ich neige dazu, in allem im Leben etwas Gutes zu sehen, deshalb sehe ich diese Erfahrung als eine Art Lehre, für mein viel zu gutherziges Ich.
Auch wenn er mich gewissermaßen gebrochen hat, gehe ich stärker als je zuvor, aus dieser Sache heraus. Und auch wenn mein Vater nie der Liebende Vater sein wird, den ich mir immer gewünscht habe, hat diese Beziehung ihn dazu gebracht, mir mehr Vertrauen, in meine eigenen Entscheidungen zu schenken. Ich werde studieren, an der Universität in Rom und diesmal etwas nur für mich allein tun. Ich werde daran wachsen, mich darauf fokussieren, dass der wichtigste Mensch in meinem Leben, ich selbst bin. Seit ich denken kann, habe ich mein gesamtes Leben nach den Wünschen und Vorstellungen der anderen gelebt, ohne auf das zu hören, was mein Herz verlangt. Ich werde eine Weile brauchen, um aus diesem tiefen Loch zu kriechen, in welches ich mich eigenmächtig gestürzt habe, aber ich werde es schaffen und wie der Phönix aus der Asche zurückkehren. Es wird eine ziemliche Umstellung für mich werden, die ersten Wochen meiner gewohnten Umgebung fernzubleiben, um mich in meinem Studium zurecht zu finden. Ich habe einen Platz in einem der Wohnheime bekommen und da mein Vater mich dahin gehend finanziell nicht unterstützen will, werde ich jobben müssen, um mir meine Bleibe dort zu finanzieren. Gleich am Montag Nachmittag, habe ich ein Vorstellungsgespräch in einem kleinen Bistro, um dort an den Abenden und am Wochenende zu kellnern. Tische wischen und Tabletts zu jonglieren ist nicht unbedingt das, was ich mir vorgestellt habe, aber alles besser als nichts. Schließlich ist es ein kleiner Baustein meiner Zukunft und jeder da draußen, hat mal klein angefangen. Das letzte Wochenende in Florenz habe ich damit verbracht, mein Hab und Gut in Kisten zu verstauen, sodass alles für die Abfahrt Montag Morgen in der Früh bereit ist. Mein Bruder wird mich mit dem Auto nach Florenz bringen, um mir vor Ort mit meinem Gepäck zu helfen. Ich habe ihn die letzten Wochen nur flüchtig gesehen, weshalb ich mich sicher nur schwer, vor einem dieser typischen Bruder und Schwester Gespräche drücken kann. Ich weiß genau was passiert, wenn ich zu tief ins Detail gehe, denn er wird keinen Halt davor machen, Fidelio die Hölle heiß zu machen. Ach was, er wird ihm das Leben aushauchen.
Ich frage mich wie es ihm so leicht fallen kann, mich zu verlassen, wenn er doch so viel dafür in Kauf genommen hat. Irgendetwas sagt mir, dass er mir andere Dinge verschweigt, die der tatsächlich Grund für plötzliche Kehrtwendung sind. Weshalb hätte er sonst versucht, sein Studium auf einen anderen Standort in meiner Nähe zu verlegen, tagelang mit mir gelernt was das Zeug hält, mir tief in die Augen gesehen, um mir zu sagen, dass er mich liebt, wenn er mich anschließend sowieso verlässt?
All das ergibt keinen Sinn, aber ich akzeptiere es, dass im Leben Dinge passieren, für die es keine Erklärung gibt.
Das letzte Wochenende nutze ich dazu, intensive Zeit mit meiner Familie zu verbringen, eine Freundschaft zu retten und einem ganz besonderem Menschen aus meinem vergangenen Leben zu verzeihen.
Eine weitere Sache die ich gelernt habe ist die, dass man seinen Partner, niemals über die beste Freundin stellt. Außer vielleicht wenn man einen Ring am Finger trägt und Nachwuchs im Anmarsch ist, aber auch dann zählt, wer zuerst da war, mahlt zuerst. Ich kann mich an keinen einzigen Zeitpunkt zurück erinnern seid wir in Florenz leben, an welchem Ambra nicht an meiner Seite stand. Wir hatten diese besondere Art von Freundschaft in der es nie Streit gab, in der wir uns blind verstanden und einander bedingungslos vertrauten. Ganz gleich, ob wir acht Stunden gemeinsam die Schulbank drückten, kaum waren wir zuhause, haben wir miteinander telefoniert bis wir am späten Abend einschliefen. Selbst an den Tagen die ich mit Paolo verbrachte, schloss sie sich uns entweder an oder er war eben dabei, während wir wie gackernde Hühner telefonierten. Ich wusste immer was sie denkt und sie wusste immer, was ich denke. Wie eine einzige Seele, in zwei Körpern aufgeteilt.
Dann aber trat Fidelio in mein Leben und ich habe ihm meine gesamte Aufmerksamkeit geschenkt. Im Grunde genommen konnte ich nichts dagegen tun, denn er war plötzlich so präsent in meinem Kopf, dass eben kein Platz für andere Dinge blieb. Er war mein erster Gedanke am Morgen und der Letzte, kurz bevor ich einschlief. Unsere Freundschaft die aus einem Geben und Nehmen bestand, geriet in eine völlig falsche Bahn. Wenn sie anrief, ließ ich es klingeln und wenn sie mir schrieb, habe ich ihre Nachrichten schlichtweg übersehen. Das Traurige ist, ich habe es nicht einmal bemerkt, denn was brauchte ich schon, wenn ich ihn an meiner Seite hatte?
Ambra ist ziemlich enttäuscht von mir und es wird sicher eine Weile dauern, um die Wogen zu glätten. Aber immerhin hatte sie dem Treffen heute in der Früh zugestimmt, sodass wir die Chance hatten, miteinander zu sprechen. Wir haben uns in einem kleinen Café am Rande der Stadt getroffen, um dort gemeinsam zu frühstücken. Ich habe sie über all die Dinge in Kenntnis gesetzt, die sie in den letzten Wochen verpasst hat. Ich habe kein Detail ausgelassen, damit sie vielleicht versteht, was in meinem Kopf vor sich geht. Zum Ende meiner dramatischen Geschichte, habe ich sie weich geklopft, sodass wir uns theatralisch in die Arme fielen. Zumindest habe ich nun meine persönliche Badboy Story erlebt, von der ich immer geträumt habe.
Zwischen ihr und Alfredo läuft es immer noch blendend und auch wenn es nie zu einem Doppeldate kam, hat wenigstens ihre Geschichte ein Happyend. Sie hat sich spontan für eine Auszeit entschieden und ihr Studium um ein halbes Jahr verlegt. Sie und Alfredo werden gemeinsam bei einem Work and Travel die Welt bereisen, wovon sie hingegen immer geträumt hat. Ein bisschen traurig bin ich schon darüber, dass ich unsere letzten gemeinsamen Wochen nicht besser genutzt habe, aber wir haben uns fest versprochen, den Kontakt zueinander zu halten und sie wird mir aus jedem bereisten Land, eine Postkarte schicken.
Mein letzter Step auf meiner Reise der Wiedergutmachung, ist ein schon lange fälliges Treffen mit Paolo. Auch wenn er mich ziemlich hintergangen hat, habe ich beschlossen, ihm zu verzeihen. Wenn ich es geschafft habe Fidelio von all seinen Fehltritten freizusprechen, dann hat es auch Paolo verdient, dass ich ihm vergebe.

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