Kapitel 30 { Zita }

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Warum hast du dich jetzt noch mal auf Alessandro gestürzt und ihn verprügelt?", frage ich ihn neugierig nach einer ganzen Weile.
Wenn ich an diesen Zorn in seinen Augen zurückdenke, fährt gleich wieder ein eisiger Schauer durch meinen Körper.
Alessandro hatte nicht mal die Chance sich zur Wehr zu setzen, da hat ihn schon der erste Faustschlag mitten ins Gesicht getroffen.
Was muss jemand wie Fidelio erlebt haben, dass solch ein Fülle an Wut in ihm emporflammt?
"Weil's einfach ein Wixxer ist. Das war schon lange überfällig", erwidert er kurzsilbig, während er erhitzt mit dem Siegelring an seinem Zeigefinger spielt.
"Oh okay. Ich dachte es hatte etwas mit mir zu tun", erwidere ich zaghaft, während mein Blick durch das beschlagene Seitenfenster fällt.
Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich gerade eben noch halbnackt auf seinem Schoß, wie auf dem Präsentierteller saß. Jederzeit hätte jemand an seinem Wagen vorbeilaufen können, um uns zu sehen. Bei dem Gedanken daran, wird mir ganz anders. Ich habe mir immer vorgestellt, dass ich meine ersten sexuellen Erfahrungen ganz simple in einem Bett erleben würde. An unseren Hausflur oder gar an ein Auto, habe ich beim besten Willen nicht gedacht.
"Du bildest dir ganz schön viel ein", kommt es reserviert über seine Lippen, während er seine Aufmerksamkeit immer noch lieber seinem Ring widmet, als sie mir zu schenken.
Was für ein absurdes Spiel ist es, dass er mit mir spielt?
Er stößt mich von sich, um mir anschließend so nah zu sein wie niemand je zuvor, um mich dann wieder wie ein Stück Dreck fallen zu lassen.
Nicht gerade die beste Art und Weise, um mein Vertrauen zu gewinnen.
"Ach ja, genauso wie ich mir einbilde, dass da etwas zwischen uns ist. Hattest du ja gerade großkotzig vor den Anderen betont. Tut mir leid, dass ich denken konnte, dir würde wirklich etwas an mir liegen", erwidere ich beklommen und spüre im selben Moment, wie mir erneut Tränen in die Augen schießen.
"Jetzt fang bloß nicht wieder an zu flennen", ermahnt mich die kleine selbstgewisse Stimme in mir.
Ich beiße mir kraftvoll auf die Unterlippe, bis es schmerzt, um die Tränen zu unterdrücken.
"Ihr Frauen seid alle gleich, ist man einmal nett zu euch, verliebt ihr euch. Dabei habe ich dir klar und deutlich gesagt, du sollst dich nicht in mich verlieben", kommt es ermattet über seine Lippen. Er fährt sich querulantisch durch sein widerspenstiges Haar, um sich eine störrische Strähne aus dem Gesicht zu streichen.
Trotz dass ich mit all meiner Kraft gegen meine Tränen kämpfe, schafft es dennoch eine dicke salzige Träne mein Auge zu verlassen, um gemächlich über meine Wange zu laufen.
"Weißt du was dein Problem ist? Du bist dabei, dich in mich zu verlieben und das macht dir große Angst. Denn bisher hast du die anderen Frauen nur wie Freudenmädchen behandelt, um sie ins Bett zu bekommen. Du bist eifersüchtig, deshalb hast du Alessandro geschlagen", entgegne ich ihm erhobenen Hauptes, während ich mir die Träne noch bevor er sie entdeckt, von der Wange streiche.
"Selbst wenn es so wäre, macht es die Sache nicht besser. Ich bin nicht gut für dich, Zita".
Selbst wenn es so wäre.
Hat er mir damit gerade bestätigt, dass er sich in mich verliebt hat?
"Vielleicht solltest du es mir überlassen, wer gut für mich ist und dich zur Abwechslung nicht immer wie ein selbstsüchtiges Arschloch verhalten", erwidere ich deprimiert.
Das erste Mal seit einer guten halben Stunde, löst er seinen starren Blick von seinen Händen, um mir in die Augen zu sehen.
"Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt, wenn ich dir das Herz breche", fügt er kurz angebunden hinzu, ehe er sich angespannt in seinen Sitz fallen lässt.
Fuck off, Fidelio.
Deine Augen sind ein Fluch.
Es können die abscheulichsten Worte aus seinem Mund kommen, doch ein Blick in seine je nach Lichteinfall verschiedenfarbigen Augen, lassen sie alle wie Musik erklingen.
Als hätte es nicht anders kommen können, klingelt genau in diesem Augenblick mein iPhone. Es ist Ale, dem ich beim letzten Mal meine Nummer gegeben habe, weil er sich sicher sein wollte, dass ich gut Nachhause komme.
"Fuck, Zita. Du hast ihm allen Ernstes deine verfickte Nummer gegeben?", flucht er laut aus und schlägt dabei mit voller Wucht gegen das Lenkrad.
Sein kräftiger Schlag, löst die Hupe aus, die sich gleich in der Mitte des Lenkrads befindet. Auch wenn es nicht der passende Moment dafür ist, kann ich nicht anders, als herzlich zu lachen. Er kneift die Lippen angestrengt zu einem schmalen Strich zusammen, doch dann kann er nicht anders, als ebenfalls in lautes Gelächter auszubrechen.
"Hast du das einstudiert, um zu zeigen, dass du auch witzig sein kannst?",  necke ich ihn spielerisch und kneife ihm dabei belustigend in die Seite.
"Na warte, du Biest", witzelt er und umschlingt mich mit seinen Händen, um mich zu kitzeln.
Ich quietsche laut auf und flehe ihn an, damit aufzuhören.
"Lösch seine Nummer, dann hör ich auf", befiehlt er albern und verstärkt seine Kitzeleinheiten dabei. Auch, wenn er sich gerade einen Spaß daraus macht, weiß ich, dass seine Worte völlig ernst gemeint sind.
"Gib zu, dass du eifersüchtig bist, dann lösche ich sie", erwidere ich provokant, während ich weiter nach Luft ringe.
"Ich habe kein Problem damit, ihn noch mal zu verprügeln, sollte er dich noch einmal anrufen. Es liegt also in deiner Hand", erwidert er amüsant, während er neckisch mit den Augenbrauen wackelt. Wenn er so herzlich lacht und seine perfekten Grübchen um die Wangen hervortreten, kann ich mir nicht vorstellen, dass er mir jemals das Herz brechen wird. Der böse Wolf, in seinem unwiderstehlichen Schafsfell.
"Okay okay, ich lösch die Nummer. Bitte hör jetzt endlich auf", flehe ich unter Tränen vor lauter Lachen, als er endlich aufhört und mich zur Besinnung kommen lässt.
Ehe ich wirklich wieder bei klarem Verstand bin, hat er seine weichen Lippen längst wieder auf meinen platziert, um mich leidenschaftlich zu küssen. Fast automatisiert, schlinge ich meine Arme um seinen Hals, um ihm noch näher zu sein. Ich will, dass dieser Abend nie wieder endet.
Mein Herz klopft bis über beide Ohren und jede Faser meines meines vor Gefühlswallungen zitternden Körpers, sehnt sich nach seinen Berührungen. Wenn er mich berührt, fühlt es sich an, als wäre er der einzige Grund meines entbehrlichen Daseins. Dass, wonach ich mich in meinen kühnsten Träumen gesehnt habe. Als hätte ich all diese aufregenden Bücher gelesen, um mir meinen eigenen makellosen Badboy zu manifestieren. Aus all den Abertausenden Buchseiten die ich gelesen habe, bringt er das Beste mit, als hätte er sie selbst gelesen. Ich mache mir nicht viel aus diesen Nonsens, aber am Schicksal, habe ich noch nie gezweifelt. Es kann kein Zufall sein, dass wir uns an jenem Morgen, vor der Bibliothek begegnet sind. Wie viele Hunderte Mal davor, war ich zur selben Zeit, am selben Ort und bin ihm nicht begegnet?
Er hätte jeden anderen Copyshop auswählen können, um seine Unterlagen für die Universität zu kopieren. Aber nein, er hat sich an jenem Morgen für die Bibliothek entschieden, um mir dort zu begegnen.
Ich habe Gott oft genug um ein Zeichen gebeten, ein Zeichen dafür, dass es richtig ist, Paolo nicht zu heiraten. Ein Zeichen, dass meine plötzliche Abneigung gegen diese Heirat, unerforschte aber aufrichtige Gründe hat. Dass es richtig war, mich ausschließlich auf mein Bauchgefühl zu verlassen. Ein Bauchgefühl lügt nie und der Grund für meine plötzliche innere Rebellion, sitzt mir in diesem Augenblick gegenüber, hält mein Gesicht in seinen Händen und küsst mich liebevoll. 
Er nimmt meine Hand und legt sie vorsichtig auf seine Brust, genau auf die Stelle, unter welcher sein Herz wie wild trommelt.
"Spürst du das, Kleines? So schnell, hat es noch nie geschlagen und das macht mir verdammte Angst", offenbart er mir leise mit rauer Stimme, während er erst meine Hand betrachtet die auf seiner Brust liegt und dann wieder zu mir aufsieht.
"Das ist das Schönste, dass bisher jemand zu mir gesagt hat", flüstere ich leise zurück in den stillen Innenraum seines Wagens. Wenn er nur wüsste, dass mein Herz mindestens fünfmal so schnell schlägt und es sich gerade eben bei seinen Worten auf das Zehnfache verdoppelt hat.
"Und du, bist das Schönste, was mir je begegnet ist", erwidert er liebevoll, ehe er einen zarten Kuss auf meinem Handrücken platziert.
Bei seinen Worten, schmelze ich dahin wie Butter. Am liebsten, würde ich ihm auf der Stelle befehlen, sie wieder und wieder zu wiederholen.
An jedem anderen Tag, hole ich mein Handy vielleicht einmal am Tag aus der Tasche, wenn meine Mom mich anruft oder Ambra mir eine Nachricht hinterlässt. Jetzt ist es schon das zweite Mal, innerhalb weniger Minuten, dass ich eine Mitteilung erhalte.
Diesmal ist es Paolo, der sich das erste Mal nach vier verstrichenen Tagen bei mir meldet.
Ich entziehe Fidelio sanft meine Hand, um einen Blick auf den leuchtenden Display zu werfen. Aus dem Augenwinkel spüre ich, dass auch er gleich dem Bildschirm anvisiert.

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