In den letzten Wochen, habe ich mich selbst nicht wieder erkannt.
Ich war schon immer Typ Frau, von außen wie Barbie und von innen wie ein Kumpel.
Schon als kleines Mädchen, habe ich immer mit den Jungs der Klasse abgehangen, weil die weniger Drama machen, als diese kleinen zickigen Hühner. Ich habe im Garten Insekten gesammelt, um sie mir anschließend unter meiner Lupe anzusehen. Habe Regenwürmer aus dem Matsch gezogen und draußen im Regen getanzt. Während die anderen Mädchen Pyjamapartys feierten und Zöpfe flochten, habe ich meiner Mutter im Gemüsebeet ausgeholfen oder mit meinem Vater an seinen alten Karosserien geschraubt. Ich habe mich von jeglichem Zickenkrieg fern gehalten und mein eigenes Ding gemacht. Natürlich wurde ich älter, habe mein eigenes Geld verdient und mir damit luxuriöse Güter gekauft, von denen so manch einer träumt. Ich stehe auf exquisite Mode und Designerhandtaschen und trage diese Dinge gern und mit Stolz, weil ich sie mir selbst erarbeitet habe. Ich lackiere mir gern die Fingernägel, am liebsten in rot und gehe jeden Samstag zum Friseur, um mir das Haar dort richten zu lassen.
Bei dieser Mähne, schlichtweg ein Muss.
Was ich damit sagen will ist, dass ich zwar älter geworden bin und optisch durch und durch das Klischee einer gut situierten jungen Frau erfülle, aber in Innern immer noch diese unkomplizierte angenehme Seele bin, wie ich es in Kindestagen schon war.
PMS war ebenfalls immer ein Fremdwort für mich, denn ich bin eine der wenigen Frauen, die sich selbst von zerberstenden Unterleibschmerzen und blutigen Binden nicht unterkriegen lässt.
Ich sage der Erdbeerwoche erhobenen Hauptes den Kampf an und bin selbst dann gut gelaunt, wenn ich mich fühle wie ein blutbesudeltes Wrack.
Schlichtweg bin ich immer gut gelaunt, selbst wenn ich genug Gründe dafür hätte, es nicht zu sein. Für mich gibt es dieses, mit dem falschen Fuß aufstehen nicht, denn es ist alles eine Sache der Einstellung zu sich selbst und seinem eigenen Leben. Man hat es selbst in der Hand, mit welchem Fuß man aufsteht und ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Selbst ein Fidelio Morelli, der auf meinem Herz Trampolin gesprungen ist und es so weit strapaziert hat, bis es in tausend Scherben lag, hat es nicht geschafft, mir meine Positivität zu rauben.
Es fing damit an, dass ich eines Abends, kurz nachdem er mich endgültig abserviert hat, in meinem Bett lag, um einer Dokumentation zu folgen. Eine Dokumentation über die ärmsten Viertel Italiens. Familien die am Rande der Armut leben und dessen Kleinsten, darunter am meisten leiden. Ich habe Rotz und Wasser geheult und habe dabei so schlimme Stiche in der Herzgegend bekommen, dass ich nicht anders konnte, als den Fernseher abzustellen. Immer wieder ist es passiert, dass mir im Alltag Dinge begegneten, die mich zu Tränen rührten. Sei es die alte Dame gewesen, die allein im Park auf der Bank saß, um Enten zu füttern, oder auch das junge Paar, dass sich vor seinen Kindern lautstark stritt. Aus der starken unerschütterlichen Frau, wurde ein emotionales Wrack.
Quasi über Nacht, ohne mich auf diesen plötzlichen Gefühlswandel vorzubereiten.
Aus dem Nichts, gab es diesen falschen Fuß, mit dem ich tagtäglich aus dem Bett stieg oder dieses Glas, was in meinen Augen plötzlich halb leer war.
Ich fing an, an meinem Leben zu zweifeln, ob der Weg den ich bislang eingeschlagen habe, der richtige war.
Nicht mal mein eigenes Spiegelbild konnte ich ertragen, ohne dabei festzustellen, wie viele Dinge falsch an mir waren. Meine Brüste waren für mich, immer die Lieblinge meines Körpers. Bei genauerem Betrachten musste ich feststellen, dass die eine plötzlich größer wirkte als die andere. Ich weiß, dass es bei vielen Frauen der Fall ist, aber in meinen Augen, gehörte ich bislang nicht zu ihnen.
Auch mein Bauch, der immer so flach war, dass man kaum in dessen Haut kneifen konnte, wirkte plötzlich völlig aufgedunsen.
Meine Haut ist fahl, mein Lächeln erzwungen und meine Locken scheinen sich ausgehangen zu haben.
Ein Jammer, durch und durch.
Alles an mir wirkt verändert und traurig.
Diese Frau im Spiegel, dass bin nicht ich.
Ich betrachte mich selbst, wie eine Außenstehende und erkenne mich selbst nicht wieder.
Ich konnte es mir nur so logisch erklären, dass ich Liebeskummer habe, so stark, wie man ihn aus Filmen nur kennt.
Es vergingen weitere Tage, an denen es mir psychisch immer schlechter ging, bis ein Besuch beim Arzt, eine normale Vorsorge, mir Klarheit verschaffte.
Es war kein Liebeskummer, zumindest nicht nur, sondern etwas viel größeres.
Eine Sache die mich so dermaßen aus der Bahn warf, wie sie eine junge ledige Frau nur aus der Bahn werfen könnte.
Seit diesem Tag kreisen meine Gedanken, wie die Erde um die Sonne und ich hatte niemanden, mit dem ich darüber hätte sprechen können. Beziehungsweise niemanden, mit dem ich darüber hätte sprechen wollen.
Paolo war die letzten Wochen so präsent, wie ich es mir von Fidelio immer gewünscht hätte. Er hat mir meine Wünsche von den Lippen abgelesen, war für mich da und hat all meine plötzlichen Wutausbrüche, mit Bravour auf sich genommen. Selbst wenn ich ihn von mir stieß, wie es mindestens zehnmal am Tag der Fall war, ließ er sich nicht davon abbringen, von meiner Seite zu weichen.
Er ist viel jünger als ich, steht nicht annähernd mit beiden Beinen im Leben so wie ich es tue, aber im Grunde genommen, wäre er genau die richtige Partie für mich. Das Problem ist nur, er ist nicht Fidelio und er wird niemals seinen Platz ersetzen können.
Diese Diagnose, wie ich sie nenne, hat mich nervlich so getroffen, dass ich ihn bis zu letzten vergangenen Nacht, körperlich nicht an mich ranlassen konnte. Ich hab's versucht, aber sobald er sich mir näherte, waren da wieder diese Gedanken in meinem Kopf und mein Körper blockte seine Zärtlichkeiten abrupt ab.
Ich habe mir fest vorgenommen, über diese Sache niemals zu sprechen, es zu beenden, bevor es ans Licht kommt. Doch dann, begegnete ich ihm bei den Morelli Hügeln und ab diesem Moment wurde mir klar, dass er der Einzige ist, mit dem ich darüber sprechen kann, bevor ich meine Entscheidung treffe.
Abgesehen davon, war ich mir seit dieser Begegnung nicht mehr im Klaren darüber, in welche Richtung meine Entscheidung überhaupt gehen wird.
Gerade als ich mit dem Gedanken, eine Antwort von ihm zu erhalten, abgeschlossen habe, vibrierte mein Handy auf der Nachtkonsole.
Auch wenn er sich bewusst gegen mich entschieden hat, wusste ich, wenn es drauf ankommt, ist er für mich da. Das ist das Mindeste, dass ich von ihm erwartet habe, nachdem ich mich bis aufs Blut, für ihn aufgeopfert habe.
Ich betrachte mich ein letztes Mal im Spiegel, fixiere mein Haar mit einer großen goldenen Klammer und mustere kritisch mein weiß geblümtes Kleid. Es ist Samstag Nachmittag, als ich mir meine Tasche über die Schulter lege, in welcher sich der Zettel mit meinem Untersuchungsergebnis befindet. Ein kleines schwarz weiß bedrucktes Papier, dass in einem Hauch von Zeit, mein gesamtes Leben verändert hat. Einerseits bereue ich diesen Arztbesuch, diese Gewissheit, die ich nun habe. Aber andererseits, hätte es sich zu einem späteren Zeitpunkt, sicherlich anders bemerkbar gemacht. Meine Symptome nehmen gefühlt täglich zu und ich fühle mich schon am Morgen schwach und kraftlos. Wer hätte gedacht, dass es auf dieser Welt, diese eine bestimmte Sache ist, die mich so dermaßen aus der Bahn werfen wird.
Wir treffen uns auf dem Marktplatz, gleich neben dem Brunnen, an einem meiner Lieblingsplätze. Um mich herum tummeln sich aberhunderte von Menschen, mit ihren vollen Einkaufstüten in der Hand. Ich weiß nicht, wie er auf das, was ich ihm zu sagen habe reagiert, deshalb habe ich diesen öffentlichen Schauplatz, bewusst ausgewählt.
In der Öffentlichkeit hatte er sich nie getraut, aus der Haut zu fahren, wohingegen es hinter verschlossenen Türen, ganz anders aussah. Damit meine ich nicht, dass er ein Schläger oder derartiges ist, denn er hat mir körperlich nie weh getan. Aber er hat durchaus narzisstische Züge und hatte es ziemlich gut drauf, mich mit Worten zu malträtieren. In der Öffentlichkeit, war er immer ein wahrer Gentleman, wahrscheinlich der Grund dafür, dass ihm alle Frauen zu Füßen liegen. Es ist, als würde ich seine Präsenz spüren, denn gerade als ich mich umdrehe, um in der Menge Ausschau nach ihm zu halten, taucht er in meinem Blickfeld auf.
Mit einem Mal strömt mir sein vertrauter wohlriechender Duft in die Nase, den ich immer wieder mit Zuhause in Verbindung bringe.
Meine Knie zittern und mein Atem geht holprig, als er mich zur Begrüßung in seine starken Arme schließt. Es ist keine einfache Begrüßung, der Höflichkeit wegen, die nach wenigen Sekunden endet. Sondern eine innige Umarmung, mit der Sehnsucht mitschwingt, die gewiss von beiden Seiten kommt. Er vergräbt sein Gesicht in meinem Haar, so wie er es immer tat und haucht mir dabei einen sanften Kuss auf die Wange.
"Hey, Dolce. Ziemlich lang her, was?".
Er sieht mich an, mit diesem verschmitzten Lächeln auf den Lippen, aber da ist noch etwas in seinen Augen.
Besorgnis.
"Hey, Fidelio. Naja, solange ist es nicht her", schmunzle ich und erinnere mich zurück, an unsere flüchtige Begegnung, die gerade mal zwei Wochen zurück liegt.
"Das zählt nicht", flötet er und streicht mir dabei fürsorglich über mein Schulterblatt.
"Wollen wir uns setzen?".
Seine Augen verziehen sich zu schmalen Schlitzen, während er sich verkrampft in die Wangen beißt, so wie er es immer tut, wenn es ungemütlich wird.
"Ist es so schlimm, was du mir zu sagen hast?", fragt er völlig besorgt, als er versucht meinen Blick zu greifen.
Ich kann nicht anders, als meinen Emotionen ihren Lauf zu lassen und spüre, wie sich meine Augen dabei mit Tränen füllen.
Ich presse meine Lippen fest zusammen und versuche mein Elend zu veratmen.
„Naja, immerhin ist es so schlimm, dass ich es nicht für mich behalten kann, obwohl ich mir geschworen habe, mich nie wieder bei dir zu melden. Schon gar nicht wo ihr...glücklich miteinander seid".
Ich ziehe meine Nase betrübt hoch und zwirbele eine Locke um meinen Finger, um meine Nervosität zu kompensieren.
„Wir sind nicht mehr zusammen, dass ist vorbei", erwidert er mit gebrochener Stimme und lässt seinen Blick für seinen Sekundenbruchteil bedrückt durch die Menge schweifen.
„Das tut mir leid, Fidelio. Ich habe mir gewünscht, dass du glücklich bist. Auch wenn ich gern, an ihrer Stelle gewesen wäre".
„Ich weiß, Dolce. Bitte spann mich nicht länger auf die Folter und erzähl mir, was passiert ist. Ob du's glaubst oder nicht, ich konnte die halbe Nacht nicht schlafen".
Seine Hände umfassen mein Gesicht und er streckt mein Kinn soweit über, dass ich nicht anders kann, als ihm direkt in die Augen zu sehen. Ich würde gern behaupten, dass es mir dadurch leichter fällt, aber das tut es ganz und gar nicht.
Das was ich ihm zu sagen habe, wird alles zwischen uns verändern. Auch wenn es sowieso kein Zurück mehr gibt, da er meine Liebe niemals so erwidern wird, wie ich es mir wünschen werde, wird diese Sache uns entweder näher bringen oder noch weiter voneinander entfernen.
„Ich...ich will dich damit nicht überrumpeln und ich will mir dadurch nicht deine Liebe erzwingen. Meine Entscheidung ist sowieso schon gefallen, es wird dein Leben nicht beeinflussen. Aber...aber ich wollte, dass du es einfach weißt, weil es irgendwo dein Recht ist".
Sein zerstreuter Blick durchbohrt mich förmlich, während großes Fragezeichen auf seiner Stirn geschrieben steht.
„Bist...bist du krank, Maja?".
Ich schüttele mit dem Kopf und kann mir ein dezentes Schmunzeln nicht verkneifen.
„Süß, dass du denkst, dass ich dir noch Bescheid gebe, bevor ich das Zeitliche segne", erwidere ich kichernd und vergesse für einen Augenblick, den Ernst der Lage.
Er tut es mir gleich, fängt sich aber schnell wieder und legt wieder seine ernste Miene auf, bevor er mich erneut fragt.
„Also bist du nicht krank?".
„Nein, Fidelio. Ich bin nicht krank, auch wenn ich mich so fühle", versuche ich ihn, auf die richtige Spur zu bringen.
Typisch Mann.
Wir Frauen könnten uns die Haare pink färben und ihnen würde es nicht einmal auffallen.
Genauso wie die neuen teuren Dessous, die er mir jedes Mal einfach vom Körper gerissen hat, ohne sie wenigstens einmal zu betrachten.
„Gott sei Dank! Aber was ist es dann?".
„Warte, ich mache es dir etwas einfacher", erwidere ich und fische das schwarz weiß gefaltete Papier aus meiner Tasche.
Ich atme tief ein, schlage es auf und strecke es ihm angespannt entgegen.
Seine Augen weiten sich und es scheint als hätte er verstanden, was ich ihm die ganze Zeit versuche zu sagen.
Seine Mundwinkel zucken, als wollte er etwas sagen, als würde er nach den richtigen Worten suchen.
Er leckt sich über die Lippen, atmet tief ein und wieder aus und vergräbt anschließend aufgewühlt die Hände in seinem Haar.
„Du...du bist schwanger?".
Das Bild, dass ich ihm entgegenstrecke, ist ein kleines Ultraschallbild, dass der Arzt mir freudestrahlend nach der vermeintlich belanglosen Kontrolluntersuchung, in die Hand gedrückt hat. Er hat mich beglückwünscht und mir den Nadelkopf großen Punkt auf dem Bild gezeigt, der es sich in meiner Gebärmutter gemütlich gemacht hat. Ein Punkt, so klein er auch ist, der mein ganzes Leben verändert. Ein Punkt, der nun mehr als sechs Wochen dort wohnt und täglich wächst. Der mir jeden Tag, neue Beschwerden bereitet und mir täglich ein Stück Zeit raubt, den alles entscheidenden Entschluss zu fassen. Ein winziger Punkt, eine Mischung aus Macho Morelli und mir, seiner Mama. Immer wenn ich versuche, mir diesen kleinen Tupfen gut zu reden, habe ich einen kleinen Jungen vor Augen, der Fidelio wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Ein kleiner rotzfrecher Bengel, mit einem Herz am rechten Fleck.
Ich habe mal gehört, dass Frauen diese Intuition haben und ich könnte schwören, dass es ein Junge wird, würde ich dieses Kind behalten...
Ich habe mir die letzten zwei Wochen intensive Gedanken darüber gemacht, welche Entscheidung, die Richtige ist. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich es allein nicht schaffen würde, dieses Kind groß zu ziehen. Meine Eltern sind nicht gerade konservativ, sondern eher vom entspannten Schlag, aber dennoch wäre ein außereheliches Kind, eine Schande für sie. Seit meiner Jugend, wurde ich auf Karriere gepolt und das nicht, um nun als Alleinerziehende viel zu junge Mama zu enden, die immer in das Gesicht dieses Kindes blicken wird, dass dieselben Augen hat, wie ihre große verlorene Liebe. Dennoch habe ich große Angst vor dieser Entscheidung, Angst sie bis ans Ende meiner Lebtage zu bereuen. Es gibt Frauen, die alles dafür tun würden, ein Kind auf die Welt zu bringen und ich trete dieses Wunder mit Füßen.
„Maja?".
Es ist mein Name, der mich aus meinem Gedankenwirrwarr zurückholt und zurück in die bittere Realität katapultiert.
Er wartet auf die alles entscheidende Antwort und auch wenn das Ultraschallbild für sich spricht, nicke ich dezent und lasse meinen Blick dabei zu Boden wandern.
„Ja, scheinbar bin ich das. Es tut mir so leid, du weißt ich nehme die Pille, aber anscheinend, hat sie nicht gewirkt. Ich werde...".
„Warte, das ist mein Baby? Wir bekommen ein Baby?".
Wir bekommen ein Baby.
Ich wiederhole seine Worte in meinem Kopf, wie ein Singsang, da ich nicht glauben kann, was er da gerade gesagt hat.
Ich habe damit gerechnet, dass er völlig ausflippt und einen Marktstand nach dem anderen zertrümmert, aber nicht, dass er von seinem Baby spricht.
Von unserem.
Er schnappt sich das Bild aus meiner Hand, hält es gegen die Sonne und versucht die schemenhafte Aufzeichnung zu entziffern.
Er wirkt völlig hektisch, aber weniger außer sich, als ich erwartet habe.
„Wo ist es? Das hier?".
Er deutet auf eine große schwarze Stelle im Ultraschallbild und wirkt dabei nervös, wie ein kleiner Junge.
Ich schmunzle und verspüre, wie sich ein Hauch Erleichterung in mir breit macht.
„Nein, das ist meine Blase, Fidelio. Hier ist das Baby", korrigiere ich ihn und deute auf den kleinen hellen Tupfen im Bild.
Apropos Blase, seit ich von der Schwangerschaft weiß, könnte ich gefühlt alle halbe Stunde, auf die Toilette.
„Alles beginnt mit dem Licht", säuselt er fieberhaft vor sich hin und hält sich das Ultraschallbild, noch näher vor die Nase.
„Geht's dir gut oder muss ich Angst haben?", frage ich ihn feixend, während ich ihm freudvoll dabei zusehe, wie er das Bild dreht und wendet.
„Mir geht es gut und dir? Hast du Beschwerden? Weißt du schon, was es wird? Wie es heißen soll?".
Für einen Augenblick genieße ich seine Euphorie, stelle mir vor wie es wäre, wenn ich das Baby doch bekommen würde. Wie wir gemeinsam nach einem
Namen suchen würden, er bei der Geburt dabei wäre und er anschließend stolz den Kinderwagen über den Marktplatz schieben würde, um allen Einwohnern hochmütig seinen Sohn zu präsentieren. Aber diese traumhafte Seifenblase zerplatzt Sekunden später, als mir bewusst wird, dass es niemals so sein wird. Ganz egal, wie liebevoll er sich um dieses Baby kümmern würde, es würde nichts daran ändern, dass er nie so fühlen wird wie ich. Auch ein Baby, kann nichts an dieser unerwiderten Liebe ändern.
„Es ist viel zu früh dafür, dass Geschlecht zu erfahren. Ich fühle mich die letzten Tage ziemlich schlapp, ansonsten geht es mir einigermaßen gut. Naja, bis auf das plötzliche Erbrechen oder meiner schwachen Blase. Ich habe am Montag einen Arzttermin, um mich über die Möglichkeiten die ich habe, zu informieren".
„Was meinst du, mit Möglichkeiten?".
Er lässt das Ultraschallbild mit einem letzten Blick darauf, in seiner Hosentasche verschwinden, so behutsam, als wäre es eine Art Souvenir für ihn.
„Ob ich das Baby behalte oder nicht..."
„Du willst es nicht behalten?".
Der Freudentaumel in seinen Augen schwindet, als er mein Gesicht wieder fest in seine Hände nimmt, um mich nah an sich zuziehen.
„Das versuche ich dir die ganze Zeit zu sagen, Fidelio".
„Ich akzeptiere deine Entscheidung, aber du sollst wissen, dass du es nicht wegen mir tun sollst. Wenn ich eine Sache gut in meinem Leben gemacht habe, dann wird es sicher dieses unschuldige Baby sein. Auch wenn es nicht geplant war, werde ich dich damit nicht allein lassen, hörst du?".
Die erste warme Träne läuft über meine Wange, als seine Worte Anklang in meinem Herzen finden. Ich habe mir jede erdenkliche Szenerie ausgemalt, aber habe nicht im Leben damit gerechnet, dass er so wohlwollend darauf reagiert.
„Darf ich?", fragt er, als er seine Hand behutsam auf meinen Bauch legt und achtsam vor mir auf die Knie geht. Eine Welle aus Scham überkommt mich, als ich die Blicke der Passanten auf mir spüre, die unkontrolliert an uns vorbei schlendern und das Szenarium zwischen uns beobachten.
Ich nicke und stelle mir vor wie schön es wäre, wenn er jetzt um meine Hand anhalten würde. Aber dass er sich vor mich kniet, um seinen Kopf sanft an meinen Bauch zu lehnen, fühlt sich in diesem Augenblick, mindestens genauso gut an.
Ich erkenne diesen unnahbaren gefühlskalten Mann kaum wieder, als er freudestrahlend zu mir hinauf blickt.
Er wirkt völlig verändert, als hätte dieses Baby etwas mit ihm gemacht.
„Ich glaube, es wird ein Junge", kommt es fast flüsternd über seine Lippen, als sich unsere Blicke treffen.
„Ach, meinst du?".
„Ja, er wird mal ein ziemlich großer Weiberheld und wird allen Frauen den Kopf verdrehen", lacht er belustigt.
Für einen Augenblick vergesse ich all meine Sorgen und genieße diesen unbeschwerten Moment in vollen Zügen. Ich lächle und es ist das erste Mal seit Tagen, dass es ein ehrliches aufrichtiges Lächeln ist.
Gerade als ich mich in diese Glückseligkeit stürzen will, verändert sich seine Miene mit einem Mal und er wirkt plötzlich voller Panik.
Ich verstehe seinen abrupten Wandel nicht und spüre gleich, wie sich dieses zentnerschwere Gefühl, zurück in meine Magengrube schleicht.
Er springt phobisch auf und stößt mich unvermutet beiseite, als ich einen stechenden Schmerz in meiner Brust verspüre.
Wieder und wieder durchzuckt mich dieses undefinierbare Gefühl, bis ich realisiere, dass etwas nicht stimmt.
Ich blicke zu mir hinunter, sehe Blut.
Kreisrunde Flecken, die das Weiß meines Kleids in tiefes Rot tunken.
„Fi-Fidelio", schreie ich fast tonlos aus.
Ich sehe in die panischen Gesichter der Durchreisenden, dessen Augenausdruck voller Furcht steckt.
„Oh Gott, nein", raunzt er wehklagend, so dumpf, als würde eine meterdicke Glasfront uns aus dem Nichts, voneinander trennen.
Das Letzte was ich sehe, ist sein angstverzerrter Blick und eine Träne, die aus seinem Augenwinkel rinnt.
Dann wird mit einem Mal, alles dunkel um mich herum.
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Just like the guys in my books
Teen Fiction„Man empfindet es als Segen ihnen zu begegnen. Man fühlt sich entflammt und belebt. Doch am Ende entpuppen sie sich als bitterer Fluch". Devil Dick 😈 [ deh • vl • dik ] „Exceptionally good dick that happens to be attached to a fuckboy, who knows h...