4 | Der Fremde

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"Sch ... Sch ...", raunte mir die Stimme zu den starken Armen gehörend zu. Seinen warmen Atem konnte ich an meiner Haut fühlen, was mich nur noch panischer werden ließ.

Sein Griff um meine Oberarme verstärkte sich, als die anderen Männer mitbekamen, dass er dazu gekommen war. Misstrauisch beäugten sie ihn.

"Lass sie los. Das Weib gehört mir", herrschte ihn jener Mann an, welcher mich am meisten einschüchterte.

"Lasst uns um sie kämpfen. Der Stärkere bekommt sie." Der Unbekannte hinter mir hatte gesprochen, und seine tiefe Stimme ließ absolut keinen Widerspruch zu. Zumindest für mich. In diesem Moment. Doch die Männer sahen das anders.

"Sie ist doch keine Prinzessin mit unendlichen Reichtümern, um die es sich zu kämpfen lohnt!"

"Dann nehme ich sie mit", meinte der Mann hinter mir gelassen.

"Auf keinen Fall!", brüllte ihn nun auch der andere Mann an. Er schwang seine Axt gefährlich nahe an meinem Körper vorbei, was mich ängstlich nach Luft japsen ließ.

Ich wollte zurückweichen, doch erreichte dadurch lediglich, dass sich mein Körper enger an den männlichen Oberkörper hinter mir presste. Was ich sofort wahrnahm war, dass der Fremde größer zu sein schien, als die anderen Männer hier. Er hatte irgendein Fell über sich geworfen, denn weiche Härchen kitzelten meine nackte Haut an den Armen. An meiner rechten Wange konnte ich seinen Bart spüren, welchen er scheinbar geflochten hatte. Ich wagte allerdings nicht, meinen Kopf zu drehen, um ihn genauer betrachten zu können. Außerdem waren da noch die anderen Kerle, die mich scheinbar in Einzelteile hacken wollten.

"Dann kämpfen wir!" Die Stimme des Mannes hinter mir nahm einen anderen Ton an. Einer, der mich nochmals etwas kleiner werden ließ.

"Gut!", rief der eine.

"Zwei gegen Einen, Fremder!", plärrte der andere.

Fremder?!

Also kannten sie ihn auch nicht? Was wollte er dann von mir? Wie war er so schnell auf mich aufmerksam geworden?

Gott, ich hoffte noch immer inständig, dass dies ein Traum war. Ein schlechter Scherz. Vielleicht war ich auch auf Drogen, obwohl ich das Zeug mehr als nur verabscheute.

Herrgott nochmal! Was für geruchlose Substanzen waren in der dämlichen Wunderlampe enthalten gewesen? Denn dort endete meine Erinnerung. Bei dieser verdammten Wunderlampe!

Ehe ich mir mehr Gedanken über das Souvenir meiner Tante machen konnte, schoben mich zwei kräftige Arme zur Seite, und ein breiter Oberkörper drang sich in mein Sichtfeld.

"Du rührst dich nicht vom Fleck", wies er mich streng an. Kurz schaute er mir dabei in die Augen, während ich ihn nur schweigend angaffen konnte.

Normalerweise sagten mir Männer mit Bärten nicht zu. Normalerweise ... Denn huch, dieser Mann sah absolut umwerfend aus! Gefährlich, ja. Keine Frage. Doch auch sehr attraktiv, absolut männlich und irgendwie faszinierend.

Niemals würde ich es laut aussprechen, doch dieser Mann war schön. Männer wie er wollten so etwas wahrscheinlich nicht hören, aber er war eine durch und durch maskuline Schönheit.

Sein kurzer eindringlicher Blick, mit diesen stechend blau-grauen Augen und einem extrem hellen Augenweiß, ließ meinen Puls noch schneller schlagen. Würde es einen See auf dem Mond geben, dann wäre das seine Augenfarbe.

Er trug seinen dunkelblonden Bart, wie angenommen, geflochten. Ebenso wie seine Haare, die ihm genau so über die linke Schulter hingen.

Sein Kinn war kräftig und markant. Die Augenbrauen breit und dicht. Eine verblasste Narbe zeichnete sich von seiner linken Wange beginnend bis zum Mundwinkel hin ab.

Verknallt in einen Gott?! | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt