21 | Die leichte Schulter

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Wir standen auf einer Wiese in Midgard. Die Sonne war am Aufgehen, und alles schrie danach, dass es ein angenehm warmer Tag werden würde. Doch momentan war das Gras noch von einem glitzernden Tau überzogen, und die kühle, von Nebelschleiern durchzogene Luft, sorgte für ein mystisches Bild.

Alles, was sich die letzten Minuten abgespielt hatte, ließ mich an einen Traum erinnern. Dass ich mich jetzt auch noch auf so einer magischen Wiese befand - neben mir der glamouröse Hengst Gullfaxi, welcher hier auf uns gewartet hatte - machte die Situation nicht besser.

Wir hatten eine Regenbogenbrücke betreten, welche den Namen Bifröst trug. Schon alleine die Vorstellung, dass ich einen Fuß auf einen Regenbogen gestellt hatte, ließ mich eines Tages bestimmt verrückt werden. All das, was ich in dieser irrsinnigen Vergangenheit erlebte, war merkwürdig. Ab und an dachte ich tatsächlich noch daran, ob ich nicht in einem meiner Träume gefangen war. Vielleicht wachte ich gleich wieder auf, und all das hier war vorbei.

"Hast du dir überlegt, mit welcher Aufgabe du beginnen möchtest?" Magni holte mich aus meinen Gedanken. Dabei stand ich mit genau diesen noch immer auf Bifröst. Denn sie war jene Brücke, die Asgard mit Midgard verband.

"Ich würde gerne die Zwerge besuchen. Kannst du mir etwas über sie erzählen? Wie sind sie so? Wo wohnen sie? Gibt es Frauen unter den Zwergen?"

"Frauen?" Magni entkam ein Lachen. Es war zwar von kurzer Dauer, und endete abrupt, doch es berührte mich. So sehr, dass sich selbst auf meinem Gesicht, in meiner ausweglosen Lage, ein kleines Lächeln bildete.

"Ja, du weißt schon. Das andere Geschlecht", half ich ihm belustigt auf die Sprünge.

"Das ist mir schon klar. Wie kommst du nur auf den Gedanken, es gäbe keine Frauen unter den Zwergen? Wie denkst du denn, dass sie sich fortpflanzen?"

"Keine Ahnung, deshalb frage ich dich." Das Wort Zwitter verließ erst gar nicht meinen Mund, weil ich nicht schon wieder etwas erklären wollte, von dem ich selbst nicht sonderlich viel wusste. Denn eine angehende Biologin war ich ebenso keine.

"Um deine Frage bezüglich der Frauen zu beantworten, ja, die gibt es. Allerdings sind sie noch scheuer als die Zwergenmänner, und du wirst sie als Mensch vermutlich nie zu Gesicht bekommen. Und um auf die anderen Fragen zurückgekommen ... nun, die Zwerge sind hässlich, eigensinnig, und klein. Aber sie sind auch begnadete Schmiede, und Zauberer, die magische Waffen herstellen können. Mein Vater hat seinen Hammer Mjölnir den Zwergen zu verdanken. Genauso wie Sif ihr goldenes Haar, oder Odin seinen Speer Gungnir."

Dass ich es bei den Zwergen mit Zauberern zu tun hatte, gefiel mir gar nicht. Denn alles was mit Magie zu tun hatte, bereitete mir Unbehagen. Tja, dass ich es einem magischen Souvenir zu verdanken hatte, dass ich nun im Frühmittelalter festsaß, machte die Sache nicht unbedingt besser.

"Ich sollte es wohl für mich behalten, dass ich es seltsam finde, dass eure Waffen Namen haben. Aber vielleicht bringt es ja Glück, wer weiß. Wo finde ich diese Zwerge nun?"

"Das hättest du wirklich für dich behalten können, denn es ist von äußerter Wichtigkeit, dass diese großartigen Waffen Namen haben. Ansonsten wäre Mjölnir nur ein Hammer. Und er ist alles andere, als das. Übersetzt heißt er nämlich Zermalmer, und das fasst sein Können ganz gut zusammen." Magni machte eine kurze Pause, um seine letzten Sätze zu unterstreichen. "Und zu deiner Frage, wo du die Zwerge findest. Also ... Das ist eine sehr gute Frage."

Verdutzt starrte ich ihm ins Gesicht. "Was meinst du damit? Willst du mir etwa sagen, du weißt nicht, wie ich zu den Zwergen gelange?"

"Ich weiß es nicht."

Verknallt in einen Gott?! | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt