15 | Verschiedene Welten

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Hel konnte es an meinem Blick erkennen, als ihre Augen auf meine trafen. Sie wusste, dass ich langsam aufbrechen wollte.

"Bevor ihr geht, musst du die Tür richten!", rief Hel plötzlich aus. Sie schaute Magni an, welcher einen gequälten Gesichtsausdruck an den Tag legte.

"Ich hätte sie zuerst zu Odin gebracht, und würde danach noch einmal, wegen der Tür, zu dir kommen."

"Du lässt mich wirklich allein?", fragte ich.

Hel antwortete ihm zeitgleich zu mir: "Bestimmt nicht! Du hast sie an die Wand geschmettert, also kannst du sie wieder richten! Jetzt."

Magni stand ergeben von seinem Stuhl auf, ächzte dabei aber einmal unüberhörbar auf. Tatsächlich ging er zu der gefallenen Tür, und hob diese hoch, als wog sie nichts. Meine Aussage ließ er allerdings zu meinem Bedauern unkommentiert.

Er versuchte die Tür wieder in seine rechtmäßige Position zu bringen, doch es schien nicht ganz so einfach zu sein, wie er sich das vorgestellt hatte. Die Tür machte ihm ganz schön zu schaffen. Immer wieder stieß er Flüche aus, die definitiv nichts für Kinderohren waren.

"Wer etwas kaputt macht, muss es eben auch wieder reparieren", tadelte Hel. Sie wandte sich erneut an mich, und fragte, ob ich noch etwas trinken wollte.

"Danke, lieber nicht. Der werte Herr hier hat es schon sehr eilig." Ich warf einen leicht bissigen Blick in Magnis Richtung, den er aber nicht bemerkte. "Aber vielleicht könnte ich etwas von dem Gebäck mitnehmen?"

"Natürlich. Ich lasse dir von meiner Magd etwas zum Mitnehmen zusammenstellen."

Wenig später war ich mit einer kleinen Ledertasche ausgestattet, die das Gebäck beinhaltete. Für die Tasche, die ich quer über dem Oberkörper trug, war ich Hel sehr dankbar, denn endlich besaß ich auch in dieser Zeit etwas, wo ich meine Sachen verstauen konnte. Auch wenn es kein Handy, Make-up, oder sonst was aus der Zukunft war.

"Danke für deine Gastfreundschaft."

Hel winkte ab. "Ich würde mich sehr freuen, wenn du mich demnächst wieder besuchst. Aber sollte ich dich erst zu Gesicht bekommen, wenn du tot in mein Reich kommst, dann sei gewiss, dass ein einzigartiger Platz hier auf dich wartet. So oder so, ich freue mich auf dich."

Ich wusste nicht recht was ich auf diese Aussage hin antworten sollte, entschied mich aber für ein Nicken. Dann fragte ich noch: "Wie kommen wir eigentlich zurück?"

"So wie ihr hergekommen seid", beantwortete die Totengöttin meine Frage.

"Hel, dort draußen ist es stockdunkel. Wie sollen wir da wieder hinausfinden? Zumal der Ausgang nicht mal mehr ersichtlich war, sobald wir an unterschiedlichen Orten ins Wasser gefallen waren." Magni hatte gesprochen, und die Tür wieder in ihre rechtmäßige Form an ihren Platz gerückt. Jetzt trat er neben uns. "Es wird doch noch einen anderen Ausgang geben."

"Klar." Hel lachte kurz auf. "Aber den kenne nur ich. Es tut mir leid, aber dort geht niemand anders ein oder aus."

"Hel!" Magni warf die Arme theatralisch in die Luft. Ergab sich aber schließlich seinem Schicksal. Er drehte sich nun zu mir. "Wir müssen los. Anscheinend dürfen wir noch einmal schwimmen."

Bei seiner Bemerkung dachte ich lediglich an das Gebäck in meiner Tasche. Ich wollte nicht, dass es aufgeweicht wurde. Aber bis es soweit war, und wir tatsächlich wieder in Klamotten schwimmen mussten, dauerte es ja noch eine Weile.

Hel begleitete uns noch bis zu dem Zaun, wo sie uns zurück in das kalte Nass schickte. Sonderlich erfreut war ich darüber nicht. Als meine Zehenspitzen den schlammigen Boden berührten, verzog ich mein Gesicht zu einer komischen Grimasse. Danach drehte ich mich ein letztes Mal zu der Herrscherin der Unterwelt um, und lächelte ihr dankbar entgegen. Selbst wenn ich über die Art der Rückkehr aus dem Totenreich nicht glücklich war, war es eine nette Zeit hier unten gewesen. Würden Hel und mich wortwörtlich nicht verschiedene Welten trennen, könnte ich mir durchaus vorstellen, mit ihr befreundet zu sein.

Verknallt in einen Gott?! | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt