20 | Lästige Flatterwürmer

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"Das Kleid steht dir ausgezeichnet!", rief Frigg entzückt, als sie mich erblickte. Der Wache, welcher vor meiner Tür gestanden hatte, begleitete mich soeben zu Odin. Dass ich Frigg auf meinem Weg dorthin begegnen würde, hätte ich mir denken können. Und irgendwie war ich dadurch erleichtert. "Blau ist die Farbe des Himmels. Deshalb habe ich es für dich ausgesucht. Und sie ist auch die Farbe der Treue. Außerdem kommen deine Augen dadurch traumhaft zur Geltung."

"Danke, es ist wunderschön."

"Und deine Haare erst!" Frigg nahm eine blonde Strähne zwischen ihre Finger. "Das Bad hat auch ihnen gut getan. Du bist eine hübsche Frau!"

"Danke." Friggs Worte schmeichelten mir, wenngleich sie mir auch etwas unangenehm waren. Was antwortete man auf so ein Kompliment, wenn man es von einer Göttin bekam? Doch ich war unendlich froh darüber, dass ich mich im Moment wieder blicken lassen konnte. Selbst ohne Glätteisen.

Wieso dachte ich in Friggs Gegenwart dauernd daran, dass sie eine Göttin war, aber bei Magni nicht? Bei ihm konnte ich doch auch geradeaus plaudern, was mir soeben in den Sinn kam. Ich versuchte diese Gedanken schnellstmöglich aus meinem Gehirn zu streichen, doch dann tauchte besagter Herr plötzlich neben uns Frauen auf.

"Odin wartet", gab er ohne jegliche Begrüßung von sich.

Nach seinen gesprochenen Worten schien er mich erst richtig anzuschauen, denn seine Augen klebten von einer Sekunde zur nächsten regelrecht auf mir. Er betrachtete mich eingehend von oben bis unten. Studierte anscheinend jeden Millimeter meines Seins.

Mein Bauch reagierte auf die unterschiedlichen Empfindungen, die Magnis Blick mit sich brachte. Ein Kribbeln machte sich bemerkbar, eines, das mir nur zu gut als Schmetterlinge im Bauch bekannt war. Dabei wollte ich diese lästigen Flatterwürmer echt nicht in mir spüren.

In diesem Moment vergaß ich, dass Frigg neben mir stand. Ach überhaupt, dass ich in der Vergangenheit gelandet war. Einzig seine Mondsee-Augen, die mich von Kopf bis Fuß musterten, zählten. Die Luft zwischen uns wirkte mit einem Mal viel dichter, und ich vernahm meinen wummernden Herzschlag in den Ohren.

Magnis Brustkorb hob sich, als er mir ins Gesicht schaute. Er schluckte sichtbar, und seine Stimme sank, als er folgende Worte sprach: "Du siehst ausgeschlafen aus. Und ... sehr schön."

Verlegen räusperte ich mich. "Uhm, danke." Dabei war meine Stimme nur ein leises Flüstern.

"Kommst du nun? Odin wartet auf dich."

"Mhm."

Wann hatte ich meine Stimme verloren? Irgendwann in der letzten Minute musste es passiert sein.

"Ich bereite unser Essen zu. Kommt danach noch in den Speisesaal", eröffnete Frigg, die ich komplett vergessen hatte. Dabei waren nur ein paar Sekunden vergangen gewesen.

Schnell warf ich ihr einen Blick zu, den sie nur schmunzelnd erwiderte. Danach drehte sie sich weg, und eilte davon. Ihrem wallenden Kleid guckte ich noch kurz nach, ehe ich mich gänzlich in Magnis Richtung drehte, nur um zu sehen, dass er mich bereits erneut musterte. Dabei schien er mit seinen Gedanken an einem anderen Ort gefangen zu sein.

"Wir sollten zu Odin." Nun war ich es, die sprach. Meine Worte bewirken etwas in ihm, was ihn wieder aufrechter stehen ließ.

"Folge mir."

Ich tat es, und ließ den Wachmann zurück, der mich ohnehin nicht mehr zu dem Götterallvater begleiten musste.

"Was haben Odin und du gestern besprechen müssen?", wollte ich neugierig von ihm wissen. Die Sohlen der hölzernen Schuhe klackerten laut auf dem goldgetäfelten Boden.

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