Die Tage zogen sich wie Kaugummi. Ich wusste nichts mehr mit mir anzufangen.
Meine Familie erkannte mich nicht wieder. Dahlia sprach mich jeden Tag darauf an, wieso ich mir meine Haare nicht mehr glätten wollte. Als ich ihr dann auch noch meine Glätteisensammlung geschenkt hatte, war sie vollkommen ausgerastet. Einerseits, weil sie sich so gefreut hatte, andererseits aber, weil sie sehr besorgt war.
Um mich.
Genauso wie meine Eltern. Mein Papa fragte mich jeden Tag, bevor er zur Arbeit ging, ob er mich wohin mitnehmen sollte, ob es mir gut ginge, und ob ich mit ihm reden wollte.
Doch das wollte ich nicht. Genauso wenig wie mit meiner Mama. Doch diese ließ absolut nicht locker. Sie hatte sich sogar Pflegeurlaub genommen, weil sie so besorgt um mich war.
"Magnolia." Meine Mama klopfte an meine Zimmertür. Wir waren die einzigen in dem Haus. Sie öffnete meine Tür einen Spalt, und sah, dass ich vor dem Buch saß, welches mir Magni geschenkt hatte. Schon seit etlichen Tagen versuchte ich herauszufinden, was die Runen bedeuten sollten, doch es frustrierte mich sehr, nichts lesen zu können.
"Kann ich mich zu dir setzen?", wollte meine Mama wissen, aber sie wartete keine Antwort von mir ab, sondern setzte sich einfach auf mein Bett.
Seitdem ich wieder in meiner Zeit war, waren nun vier Tage vergangen. Ich hatte das Internet auf irgendwelche Hinweise, dass Magni noch lebte, durchgeforstet, zu meinem Bedauern aber nichts herausgefunden. Als ich einen Artikel über das Ragnarök gelesen hatte, war mir ganz anders geworden. Thor war von Jörmungandr getötet worden. Diese Information hatte mich nicht kalt gelassen, immer wieder musste ich an Magnis Vater denken. Doch ich hatte ebenfalls gelesen, dass der Fenriswolf den Götterallvater verschlungen hatte. Allerdings war er danach selbst auch gestorben.
Seufzend schob ich meine Gedanken beiseite, und schaute meine Mama an, drehte meinen Schreibtischsessel so, dass ich ihr gegenüber saß.
"Ich bin in der Vergangenheit gelandet", eröffnete ich ihr plötzlich. Die restlichen Tage hatte ich nicht darüber sprechen können, aber nun wollte ich es unbedingt. "Du glaubst gar nicht, was das für eine Zeit war!"
"Dein Papa und ich haben uns schon so etwas in die Richtung gedacht", sprach meine Mama.
Und weil es so gut tat, erzählte ich ihr von den Göttern Asgards, von Ingrid, Sheela, Bjelle, dem Fenriswolf, Hel, und Jörmungandr. Ich ließ fast nichts aus, und schwärmte ihr auch von Magni vor, erzählte ihr, wie oft wir anfangs gestritten hatten, und wie sehr wir uns ineinander verliebt hatten. Die Details unserer Liebe ließ ich aber aus. Meine Mama musste nicht wissen, wie unglaublich schön ich die Erinnerungen mit Magni fand, als wir das Bett miteinander geteilt hatten ... oder eben das Feld ... oder den Platz unter der Trauerweide ...
"Ich weiß nicht, ob er noch lebt. Aber er ist nicht gekommen, also vielleicht will er mich nicht mehr sehen. Oder ist wirklich gestorben", flüsterte ich zum Schluss. Dabei konnte ich mich sehr gut an sein Versprechen erinnern. Vielleicht sollte ich mich tatsächlich mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass Magni gestorben war. Erneut schnürte es mir die Kehle zu. In den letzten Tagen war mir das immer wieder passiert.
"Schatz", seufzte meine Mama. "Das was du mir gerade erzählt hast, ist sehr viel. Ich weiß nicht, ob ich dir das alles ohne Weiteres geglaubt hätte, hättest du nicht von einer Minute zur nächsten wie ein komplett anderer Mensch ausgesehen. Gerade warst du noch da, wolltest das Geschenk deiner Tante ins Zimmer bringen, dann hörten wir, wie du zu Boden gingst, und dann rief mich deine Schwester panisch zu euch. Das ist ... alles so absurd."
"Ich weiß", gab ich zu. "Weißt du, dass ich eine Völva bin? So nannte man früher Hexen. Deshalb konnte ich durch die Zeit reisen", setzte ich dem Ganzen noch die Krone auf.
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Verknallt in einen Gott?! | ✔️
FantasyGerade eben sind idiotische Blondinenwitze, ein mieser Chihuahua, und die Frage, was sie denn anziehen soll, Magnolias einzige Probleme gewesen. Dass sie durch die Zeit reist, kann sie anfangs nicht glauben. Ausgerechnet ein nullachtfünfzehn Souveni...