57 | Durch den Wind

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Keine Ahnung wie ich es gemacht hatte, aber ich hatte die Midgardschlange überlebt, ebenso wie den Fenriswolf. Das alles an einem Tag! Mein armes Herz dankte es mir nicht, und mein Adrenalinspiegel war vermutlich noch immer besorgniserregend hoch. Aber hey! Ich hatte alle ausgestoßenen Kinder Lokis kennengelernt! Und sie Ü.B.E.R.L.E.B.T!

Dabei musste ich sagen, dass keiner von Lokis Kindern so war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich meine, ich hatte den Fenriswolf gekrault! Das glaubte mir doch keiner. Und: Ich würde es wieder tun!

Magni saß hinter mir, hatte meinen Unterbauch fest mit seinen Armen umschlungen. Eigentlich waren wir schon längst nicht mehr auf dem Wasser unterwegs, doch Magni ließ mich kein bisschen lockerer, selbst jetzt nicht, im Schritt.

Ich konnte richtig spüren, dass Gullfaxi ruhiger geworden war. Auch bei ihm hatte ich die Anspannung unter meinem Körper gefühlt. Der arme Hengst war auf der Insel vermutlich tausende Tode gestorben.

"Bist du mir böse?", fragte ich irgendwann leise.

Mittlerweile dämmerte es stark, die Nacht brach herein, und es wurde mit jedem weiteren Sonnenstrahl, der sich verabschiedete, kälter.

"Ich weiß gerade nicht, was ich fühlen soll. Einerseits bin ich beeindruckt, noch immer ziemlich sprachlos, aber andererseits kann ich nicht verstehen, wieso du die dämliche Schleuder nicht verwendet hast. Es hätte uns so viel Zeit gespart."

"Aber dann hätten wir keine zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen."

"Keine was?"

"Ist eine Redewendung", murmelte ich. "Jörmungandr hätten wir dann erst aufsuchen müssen. Und vor der hatte ich echt am meisten Schiss. Somit haben wir das erledigt, indem der Fenriswolf uns geholfen hat."

"Da magst du recht haben, aber mir ging der heutige Tag eindeutig zu schnell."

"Ja, es ist irgendwie unwirklich, nicht? Ich denke, ich muss das alles auch erst verarbeiten." In der Ferne konnte ich einige Stimmen ausmachen, und sah ein paar Feuerstellen, die brannten. Vermutlich befand sich dort ein kleines Dörfchen. "Was machen wir nun?", wollte ich von Magni wissen.

"Wir schlafen heute Nacht im Wald. Morgen wird Yggdrasil unser Ziel sein."

"Yggdrasil also. Ich bin für Odin noch nicht bereit", murmelte ich. Die Worte des Fenriswolfes gingen mir außerdem nicht aus dem Kopf.

Odin wird dir niemals helfen.

"Ich dachte zuerst auch eher an Brunnakr."

"Wer ist Brunnakr?", fragte ich verwirrt, denn diesen Namen hatte ich noch nie gehört.

"Kein wer. Es ist Iduns Land. Du weißt schon, die Asin mit den goldenen Äpfeln."

"Was machen wir bei ihr?" Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, die Begegnung mit dem Götterallvater noch länger hinauszögern.

"Sie ist eine Völva. Vielleicht kann sie uns helfen, und uns sagen, was sie glaubt. Also, ob du nun auch eine Völva bist, oder nicht."

"Oh, jetzt bin ich irgendwie aufgeregt. Ich meine, irgendwie klingt das doch alles sehr logisch, was dein Bruder sagte, aber auch so absurd."

"Ja, finde ich auch. Aber wir sollten Idun dennoch einen Besuch abstatten. Mit je mehr Informationen wir zu Odin gehen, desto besser. Dann kann er dir eher helfen."

"Wird er das? Mir helfen? Wo er mich doch zu seinem Vergnügen beinahe in den Tod geschickt hätte?"

"Er hilft dir nach Hause." Magnis Stimme klang fest, doch ich glaubte auch einen Hauch von Unsicherheit herauszuhören. Also zweifelte er auch etwas an seinem Großvater. Super.

Verknallt in einen Gott?! | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt