[Kapitel werden aufgrund der Länge in a und b aufgeteilt]
»Wer seid Ihr?«, blaffte sie einer der Bauern an. Sein durchnässtes Hemd hing nur noch in Fetzen an seinem Oberkörper. Jemand hatte in Eile einen Verband um seinen rechten Oberschenkel festgemacht, durch den bereits jetzt wieder Blut sickerte. »Sprecht rasch oder wir machen mit Euch kurzen Prozess!«, knurrte er, als die Gefährten nicht sofort reagierten.
»Wir sind Reisende aus den Königreichen«, erklärte Taris und schwang sich vom Pferd, woraufhin viele der Dorfbewohner sofort ihre Waffen auf ihn richteten. Der Feuerprinz hörte, wie sich nun auch Fynnlor aus seinem Sattel schälte. Wie schon im letzten Dorf erzählte er ihnen die Geschichte von seiner bevorstehenden Heirat, ließ diesmal aber aus, dass seine Zukünftige eine Magierin sein würde.
»Und was macht ihr mit dem Kleinen?«, fragte einer der Älteren und deutete auf Raki. »Der ist doch noch viel zu jung, um bei euren Gelagen dabei zu sein.«
»Wir feiern keine Gelage.« Taris drehte sich zu seinem jüngsten Gefährten um. Er saß aufrecht in seinem Sattel, die Zügel fest in der Hand. Mit der Autorität in seiner Stimme hätte er glatt als Königssohn durchgehen können. »Wir helfen den Menschen, deren Dörfer von den Blitzwanderern angegriffen und zerstört wurden.«
»Pah!«, rief wieder ein Anderer aus. »Wie sollten die sich Hilfe von Außen leisten können, wenn der halbe Hof abgebrannt ist?« Er spähte zu den Rauchschwaden und Taris beschlich das Gefühl, dass er von seinem eigenen Hab und Gut sprach.
Raki ließ keinen der Erwachsenen antworten. »Wir verlangen weder Münze noch Schmuck, sondern bitten im Gegenzug lediglich um ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit.«
Die ersten ließen die Waffen sinken. »Wenn du die Wahrheit sprichst, Junge, dürft ihr bleiben. Sollten es nur einschmeichelnde Worte von einer Bande von Dieben sein, die sich fette Beute erwarten, geben wir euch den Rat, weiterzuziehen. Denn solltest du gelogen haben, so werden wir das bemerken und ebenso wenig Gnade zeigen wie den Blitzwanderern, die unser halbes Dorf zerstörten.«
Man führte sie in einen intakten Stall, in dem sie ihre Pferde unterbringen durften. Die Frau des Hauses war jung, im selben Alter wie Taris. Sie zeigte ihnen zwei Räume und überließ ihnen Stroh und Decken, um sich daraus Schlafstätten zu bereiten. Mit ihrer blassen Haut und den geröteten, eingefallenen Augen erinnerte sie eher an ein Gespenst als eine Lebende, aber niemand wagte es, sie danach zu fragen. Die Gefährten tauschten ihre nasse Kleider gegen trockene und folgten dem Mann, der vor dem Haus auf sie wartete.
Den Rest des Tages verbrachten sie damit, Schutt und gesplittertes Holz auf Holzkarren aufzuladen, die Pferde und Ochsen zu einer Stelle am Dorfrand brachte. Dort türmten sich bald mehrere Haufen, unterteilt in Steine, Schutt, kaputtes und brauchbares Holz. Letzteres wollten die Bewohner für den Wiederaufbau verwenden, den sie akribisch planten. Die Häuser bekamen Nummern auf einer Liste und jeder sollte bei der Erneuerung eines jeden Hauses helfen.
Immer wieder kam die Diskussion für den Grund des Angriffs auf. »Wir sind nur ein kleines Dorf in der Nähe von Seyron. Wir hatten nur einen einzigen Magier. Wenn sie schon auf der Suche nach ihnen sind, weshalb haben sie nicht dort zugeschlagen? Warum durchkämmen sie die kleinen Dörfer?« Niemand wusste eine Antwort, doch die Gefährten warfen sich jedes Mal wissende, fast schon schuldige Blicke zu, wenn die Sprache darauf kam. Sie dachten alle dasselbe.
Weil sie nach mir suchen. Der Feysir wird sie foltern, um Antworten aus ihnen zu herauszubekommen. Er wird Nabúr zu gut kennen, um zu wissen, wie unwahrscheinlich es ist, dass sich die Sols aus solch einem Kampf heraushalten. Noch dazu mit meinen Fähigkeiten. Bei seinen letzten Gedanken zog sich Taris' Herz schmerzhaft zusammen. Zum Einen, weil das Adhenoj nach wie vor seine Magie unterband. Zum Anderen, weil sein Vater sich tatsächlich geweigert hatte, auf den Hilferuf der restlichen Königreiche einzugehen.
DU LIEST GERADE
Taris - Die Magie der Artefakte
FantasyWofür würdest du dich entscheiden, wenn das Schicksal des Kontinents mit in deinen Händen läge? Für eine Geheimmission voller Gefahren, um die Pläne des Feindes zu vereiteln? Oder für den Thron des mächtigsten Königreiches? Vor dieser Wahl steht der...