Kapitel 26b

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[Kapitel werden aufgrund der Länge in a und b aufgeteilt]


Der Rest der Truppe wartete bereits am Seeufer, an dem sich mehrere Schwarmflügler tummelten. In ihren Gesichtern stand Entschlossenheit, auch wenn die von Fynnlor etwas aufgesetzt zu sein schien. Im fahlen Mondlicht folgten sie dem Weg zum Palasteingang. Sie begegneten keiner Wache und egal, wie sehr sich Taris bemühte – er konnte keine magischen Barrieren ausmachen. Ist der Feysir tatsächlich so selbstsicher, dass er nicht einmal einen einzigen Schutzwall um sein Lager gezogen hat? Glaubt er wirklich, dass das Nebelmeer und die Wölfe jeden aufhalten, die ihm gefährlich werden könnten?

Wenige Schritte vor den offenen Türen wurde plötzlich ein Stimmengewirr im breiten Gang vor ihnen laut. Hedlor reagierte als Erster und scheuchte die anderen hinter einen der Feuerkörbe und den dahinterliegenden Mauervorsprung. Vorsichtig lugten sie dahinter hervor, als zwei Soldaten in die Nacht traten. Anstatt das Tal nach etwaigen Eindringlingen abzusuchen, bestaunten sie den Sternenhimmel über ihnen.

»Es ist alles schwarz«, sagte da der Erste der beiden mit schwerfälliger Zunge. »Ich sehe niemanden. Du?«

»Nein. Aber die Sterne sind nicht schwarz!«, entgegnete der Andere und kicherte. »Lass uns wieder hineingehen. Sonst ist der Wein ausgetrunken, bevor wir zurückkommen.«

Der Erste murmelte etwas Unverständliches, legte einen Arm um seinen Kameraden und schlurfte mit ihm zurück zum Eingang. Auf den letzten Metern allerdings drehte er seinen Kopf nach rechts – und blieb wie angewurzelt stehen. Die Freunde brauchten sich nicht tiefer in den Schatten des Mauervorsprunges drücken. Sie wussten, dass er sie entdeckt hatte.

»Beim Feysir! Da seid ihr ja endlich!« Er blieb so abrupt stehen, dass sein Kamerade beinahe über seine Füße stolperte. Taris und Hedlor traten vor, während ihnen die anderen etwas zaghafter folgten. »Wo wart ihr denn so lange? Habt euch wohl noch hübsch machen wollen für die heutige Feier?« Ein kindliches Kichern verließ seine Kehle.

»Hat etwas länger gedauert«, bestätigte Hedlor. »Was haben wir verpasst?«

»Die Rede des Feysirs!«, plapperte der Erste munter weiter. »Er hat uns alle gelobt und für unsere Treue gedankt. Hat lustig ausgesehen, wie er um die fünfzig Flaschen Wein auf einmal mit Magie gekappt hat. Da gab's ein paar blaue Augen.«

»Wir spekulieren, dass er bewusst jene dazu ausgesucht hat, die in letzter Zeit nachlässiger wurden«, kicherte der Andere.

»Genug geplaudert! Kommt endlich mit hinein, sonst habt ihr nichts mehr von dem Gelage, das da unten im Gange ist.« Der erste drehte sich wieder zur Tür und schlurfte mit seinem Kameraden weiter. Keiner der beiden drehte sich mehr nach den Gefährten um. Hedlor folgte ihnen achselzuckend. Nur zögerlich löste sich Fynnlor aus seiner Starre, während sich Asideya im Hintergrund hielt. Bislang hatten sie keine weiblichen Soldaten gesehen.

Trotz ihres Alters wirkten die fein gemauerten Steinwände links und rechts von ihnen, als hätte sich jemand all die Jahre um sie gekümmert. Die Freunde gingen über einen roten Teppich, der, wäre er nicht von Schlammspuren übersät, beinahe königlich gewirkt hätte. An den Wänden hingen in regelmäßigen Abständen Haken, die früher vermutlich als Aufhängung für Bilder gedient hatten. Hoch über ihnen hingen mit Kerzen besteckte Kronleuchter. Sie brannten zwar nicht, aber leuchtende Kugeln warfen ein angenehmes Licht auf den Boden. Ein Werk des Feysirs.

An einem Treppenabsatz, der seitlich in die Tiefe führte, blieben die beiden Soldaten stehen. »Ich wäre so sauer, heute im Thronsaal Wache schieben zu müssen«, meinte der Schweigsamere der beiden und deutet auf die Doppelflügeltüre am Ende des Ganges. »Denen da drinnen entgeht der ganze Spaß.«

Taris - Die Magie der ArtefakteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt