Kapitel 15b

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[Kapitel werden aufgrund der Länge in a und b aufgeteilt]

»Danke«, erklang wieder die Stimme. »Meinen Dank möchte ich dieses Jahr auch an eine Gruppe Unbekannter richten, die uns in den letzten Tagen tatkräftig zur Seite standen und uns beim Wiederaufbau unterstützten. Es freut uns, dass ihr diesen Abend noch mit uns feiert, bevor ihr auch auf die Weiterreise begebt.« Er nickte Taris und seinen Freunden zu. »Genießt den Abend und feiert. Getanzt wird erst, wenn er der Kessel leer ist!« Mit diesen Worten steckte er die Fackel in das aufgeschlichtete Holz. Sekunden später züngelten die ersten Flammen hoch und leckten gierig an dem Metalltopf.

Die Frauen verteilten nicht nur den Eintopf und frisch gebackenes Brot, sondern auch selbstgebrautes Bier und direkt gepressten Apfelsaft. Ihre Gastgeberin ließ es sich nicht nehmen, Hedlor zu bedienen, während ein Mädchen mit langen, blonden Haaren dem Feuerprinzen zuzwinkerte, als sie den Holzteller vor ihm abstellte.

»Du hast eine Verehrerin«, stellte der Nordmann fest.

»Du aber auch«, erwiderte Taris und deutet mit dem Kopf in Richtung ihrer Gastgeberin.

»Da wäre ich mir nicht so sicher.« Mit diesen Worten steckte er sich das erste Stück Brot in den Mund und sein Blick versank im Feuer. »Zu Hause mache ich fast jeden Tag ein Feuer. Entweder in einem Kamin oder in der Wildnis. Das wird mir fehlen, wenn der volle Mond wieder abnimmt.«

Er musste nicht mehr dazu sagen. Der Feuerprinz wusste, dass er vom Verblassen des Adhenoj sprach. Damit würden seine Kräfte zurückkehren und er könnte mit nur einem Gedanken ein Feuer entfachen. »Ich muss die Aufgabe aber nicht zwingend übernehmen. Du kannst sie gerne beibehalten.«

Hedlor blickte ihn von der Seite an. »Für einen Magier bist du wirklich genügsam.« Dann seufzte er. »Entschuldige, dass ich letztens so aufbrausend war.«

»Du meinst deine Meinung darüber, den Menschen nicht zu helfen?«

Der Nordmann nickte. »Ich bin es gewohnt, für mich selbst zu sorgen. Auf unserer Insel wohne ich zwar in unserem Stammesverband, lebe aber alleine. Mit der Jagd besorge ich genug Fleisch für mich und meine Eltern, tausche es aber auch gegen Brot und andere Güter. Aus den Fellen der Tiere fertigt ein Freund meine Mäntel und Hosen im Tausch mit weiteren Fellen. Ich bin es gewohnt, so weit es geht unabhängig zu sein und verbringe einen Großteil meiner Teil alleine. Dadurch treffe ich auch meine Entscheidungen selbst. Was bringt es einem Jäger, wenn er durch geplauder sein Wild verjagt?«

»Ich dachte, dass eine schöne Maid zu Hause auf dich wartet und du deshalb unsere Reise vorantreiben möchtest.« Taris blickte ihn vielsagend an, aber Hedlor verzog nur das Gesicht zu einem schiefen Grinsen.

»Es kommt schon vor, dass ich einen Abend in weiblicher Gesellschaft verbringe. Aber mich fürs Leben binden« Er schüttelte den Kopf. »Dazu müsste mir erst die Richtige über den Weg laufen. Ich möchte eine mit Köpfchen, die ihren eigenen Willen hat und nicht nur das tut, was die Männer von ihr verlangen oder erwarten. Wenn ich mich vor den Gott der Nordstämme oder seines Stammes, dann nicht mit einer Marionette, sondern mit einer, die sich auch für etwas einsetzt.«

»Das sind sehr erstrebenswerte Wünsche für die Frau deines Lebens«, nickte ihm Marel zu. »Ich habe es nicht anders gemacht als du und freue mich jeden Tag, dass ich um ihre Hand anhielt.«

Hedlor erwiderte das Nicken seines Freundes, starrte dann aber mit resigniertem Gesichtsausdruck ins Feuer. »Außerdem wurde ich gezwungen, diese Reise anzutreten. Kurz bevor der Feysir begann, sein Unwesen zu treiben, wurde bei uns ein großes Fest gefeiert. Es floss reichlich Selbstgebrautes und irgendwann wich die Tochter des Stammesfürsten nicht mehr von meiner Seite. Es war spät, der Mond schien vom Himmel und wir saßen an einem Lagerfeuer wie diesem, als sie mich plötzlich küsste.« Taris wollte ihm schon gratulieren, doch die Hand des Nordmannes umklammerte so fest den Becher, dass die Knöchel weiß hervortraten. »In den Stämmen des Nordreiches steht eine Strafe auf das unerlaubte Berühren der Stammesfamilie: Tod oder lebenslange Verbannung. Ersteres, wenn man selbst dafür verantwortlich ist. Zweiteres, wenn man es nicht ist.«

Taris - Die Magie der ArtefakteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt