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-Mikes Sicht-

,,Mein Sohn hat spontan einen Flug gebucht. Er wird nächste Woche einreisen und ein paar Tage bleiben, bevor er wieder ins Ausland fliegt und für sein Studium lernen muss", erzählte ich Erwin, nachdem ich das Telefonat mit meinem Sohn beendet hatte und zurück zu Erwin gekehrt war. ,,Das bedeutet, dass ich für die Zeit, in der er hier ist, nicht bei dir sein werde", setzte ich noch an.

,,Du wirst für diese Zeit in deine Wohnung ziehen?", hakte Erwin nach, woraufhin ich nickte. ,,Ich möchte Zeit mit ihm verbringen, ich habe ihn seit Monaten nicht mehr gesehen", erklärte ich.

Erwin schaute mich für einen Moment schweigend an und schien zu überlegen. ,,Dann werde ich dich nicht aufhalten und dich auch nicht stören. Allerdings wäre ich nicht dazu bereit, die Reservation abzusagen", sagte Erwin, woraufhin ich schmunzelte. Er führte mich einmal in der Woche in ein teures Restaurant aus und anscheinend wollte er das wieder tun. ,,Das ist nicht nötig", erwiderte ich.

,,Perfekt."

Ich senkte meinen Blick und schaute auf die Armbanduhr, die Erwin mir geschenkt hatte. Es gab keinen Anlass dafür, mir ein Geschenk zu machen, aber die Uhr war schön. Sie gefiel mir und da ich Erwin gut genug kannte, konnte ich mit Sicherheit sagen, dass die Uhr teuer gewesen sein musste. Machten Doms ihren Subs immer so teure Geschenke? Erwins hatte mir erzählt, dass ich der erste Sub war, dem er etwas geschenkt hatte. Was war es, das Erwin dazu bewegt hatte, mir ein Geschenk zu machen?

,,Du hast mir immer wieder von deinen Patienten erzählt, aber ich habe nie viel darüber erfahren, wie es dir in deiner Schwangerschaft mit deinem Sohn erging", hörte ich Erwin sagen. Ich blickte augenblicklich zu ihm hoch und war perplex. ,,Es gibt nicht viel zu erzählen", begann ich, ,,Ich war mehr oder weniger alleinerziehend, nachdem mein Ex-Mann mich verlassen hatte."

,,Mehr oder weniger?", hakte Erwin nach. ,,Er hat mich verlassen, als ich schwanger war. Ein paar Monate nach der Geburt meines Sohnes stand er eines Abends vor meiner Haustür", erzählte ich und mied Erwins Blicke. ,,Du hast ihn reingelassen", stellte Erwin fest, woraufhin ich nickte, ,,und das blieb nicht nur bei dem einen Mal, habe ich Recht?"

,,Ich habe ihn geliebt, Erwin."

Ich hielt meine Hände fest und blickte auf sie herab. Die Erinnerungen an meinen Ex-Mann kamen wieder auf und ich erinnerte mich an die schlimmen Dinge, die er mir angetan hatte. Nicht nur ich hatte gelitten, auch mein Sohn hatte leiden müssen, weil ich diesen Mann nicht hatte gehen lassen können.

,,Ich habe ihn geliebt und ich habe nicht ohne ihn sein können, auch dann nicht, als er..."

Ich erhob meinen Blick und sah Erwin an. Auch wenn ich nicht gerne darüber sprach, brachte es mir nichts, das, was geschehen war, für mich zu behalten und Erwin vorzumachen, dass alles in Ordnung wäre. Bevor ich allerdings zu Wort kommen konnte, fing Erwin zu sprechen an.

,,Wir werden dieses Thema in Ruhe angehen lassen, Mike. Ich sehe, wie sehr dich die Gedanken an ihn quälen", sagte Erwin, ehe er sich von der Couch erhob, ,,wie wäre es, wenn wir einen Spaziergang machen und du einen klaren Kopf bekommst?"

Ich schmunzelte.

,,Ich kann auch durch etwas anderes einen klaren Kopf bekommen", erwiderte ich. Mein Gegenüber hob eine Augenbraue und sah mich für einen Moment an. ,,Du möchtest eine Session?", hakte er nach, woraufhin ich nickte. ,,Es ist schon etwas länger her, dass du eine Peitsche in der Hand hattest", erwiderte ich.

,,Der Sex, den wir gestern hatten, ist sehr hart gewesen. Dein Körper muss sich erst erholen", entgegnete Erwin. Es waren nicht seine Worte, die sich tief in meine Seele bohrten, sondern seine ozeanblauen Augen. ,,Und wenn du glaubst, durch Schmerzen deinen Problemen entkommen zu können, muss ich dich leider enttäuschen, Mike", setzte er noch an.

,,Etwas anderes wärst du mir nicht bereit zu geben, Erwin."

Der Mann, mit dem ich sprach, kam ein paar Schritte näher und stellte sich vor mich. ,,Ich sagte bereits, dass ich an solchen Zärtlichkeiten nicht interessiert bin." Sein Ton war scharf und seine sanfte Berührung brachte mich aus der Fassung. Seine Finger legten sich um mein Kinn, sodass ich dazu gezwungen war, in seine Augen zu sehen. ,,Wenn du jemanden suchst, in dessen Arme du dich legen kannst, bin ich nicht der Richtige für dich."

Ich schwieg.

,,Das bedeutet aber nicht, dass du keine Zuneigung von mir bekommen würdest. Ich gebe dir viel mehr, als du glaubst, Mike", hauchte Erwin, sodass ich seinen Atem auf meinen Lippen spüren konnte. Seine starken Präsenz ließ mich beinahe erstarren. Weshalb überbrückte er die wenigen Zentimeter zwischen uns nicht? Was hielt ihn davon ab?

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Unterricht in der Schule schwänzen, um eine Stunde vor der Klausur für die Klausur zu lernen und dann versuchen, der Lehrerin, bei der man geschwänzt hat, nicht über den Weg zu laufen 💅

Nothing more than... [ErwinxMike]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt