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-Mikes Sicht-

Ich saß in der Limousine und wartete auf Erwin - wir würden gleich zu einem Restaurant fahren. Meine Gedanken schweiften ab und ich dachte darüber nach, was gestern geschehen war. Erwin hatte mich geküsst. Es war so schnell geschehen, dass ich nicht einmal hatte fragen können, wieso er das getan hatte.

Ich berührte mit meinen Fingern meine Lippen. Erwin hatte sie leicht mit den seinen gestreift und mich dann intensiv und zärtlich geküsst, und das nicht nur ein Mal. Mein Herz begann schneller zu schlagen und spürte, wie sehr ich solche Küsse vermisst hatte und wie sehr ich mich nach ihnen sehnte.

Als Erwin zu mir in die Limousine stieg, fuhr der Chauffeur los. Erwins Blick lag auf mir, genauso wie mein Blick auf ihm lag.

,,Du sagtest, dass du mich nicht küssen würdest", fing ich vorsichtig an und versuchte Erwins Reaktion abzuschätzen. Ich befeuchtete meine Lippen und wurde immer nervöser. ,,Wieso hast du das dann getan?", hakte ich nach.

,,Mir ist dein Blick nicht entgangen, als wir die Session mit Artur und Flocke abgehalten haben. Du hast dich nach Küssen und sanften Berührungen gesehent, habe ich Recht?", erklärte er und lehnte sich zurück. ,,Ich wollte dir diesen Wunsch erfüllen und selbst an meine Grenzen gehen, Mike."

,,An deine Grenzen?", hakte ich nach. ,,Nicht nur ein Sub sollte an seine Grenzen gehen. Auch ein Dom sollte in der Lage sein, seinen Sub anderweitig zu befriedigen - Sei es nun mit Geld, mit weiteren Sessions oder mit Küssen. Du hast nicht nur ein Mal deine Grenzen für mich überschritten, Mike."

Er hatte Recht, das hatte ich nicht. Wir hatten ein Safeword, aber bevor ich es in meinen Mund nahm, versuchte ich, Erwins Wünschen gerecht zu werden. Wenn er anstelle von Artur gewollt hätte, dass ich die Droge ausprobiere, dann hätte ich es getan. Wenn er bei unserer gestrigen Session Männer eingeladen hätte, die mich benutzten, dann hätte ich mich dem gefügt. Ich hätte meine Grenzen für Erwin überschritten.

,,In unserer Beziehung hast du mehr Einfluss als du glaubst, Mike. Ich verlange von dir, das Safeword zu nennen, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, was ich will. Und wenn du glaubst, ich könnte dich deswegen ersetzen, liegst du falsch", machte Erwin mir klar. ,,Du sitzt mit einem meiner Anzüge und mit einem teuren Geschenk von mir am Handgelenk vor mir und trägst kein Halsband - mit anderen Worten: Du bist nicht hier, weil du ein Sub bist, sondern weil ich es genieße, Zeit mit dir zu verbringen."

Erwins Worte erwärmten mein Herz und ließen mich im Glauben, wichtig für ihn zu sein. So wichtig, dass er mich niemals ersetzen könnte.

,,Ich hoffe, dir das jetzt ein für alle mal klar gemacht zu haben."

Nachdem der Chauffeur vor dem Restaurant hielt und uns die Tür geöffnet wurde, stieg ich als erster aus, gefolgt von Erwin. Er führte mich in ein kleines Lokal, in dem selbst das Besteck teuer aussah. Wir setzten uns an den Tisch und bestellten eine Kleinigkeit, als ein Kellner kam.

,,Wir hätten gerne zweimal das Menü 3 und eine Flasche von ihrem hauseigenen Wein", sagte Erwin. Der Kellner notierte die Bestellung und wandte sich von uns ab. Wein? Es dauerte nicht lange, bis uns der Wein und der erste Gang serviert wurde. Die Portionen waren klein.

Während wir aßen, rührte ich den Wein nicht an. Erwin bemerkte das. Ich trank immer Wein, wenn er es tat. ,,Schmeckt dir der Wein nicht? Ich bestelle dir einen anderen", schlug Erwin vor. ,,Nein, das ist es nicht", erwiderte ich. ,,Dann trink, wir werden heute keine Session abhalten. Der Wein ist ausgezeichnet."

Ich sollte ihn trinken?

Bevor ich über diese Frage nachdenken konnte, wurde mir plötzlich schlecht. ,,Entschuldige mich." Ich schob den Stuhl nach hinten und eilte in das Badezimmer des Restaurants. Ich bog in die erste Kabine, kniete mich nieder und übergab mich. Ich hatte das Essen kaum angerührt. Ich zitterte am ganzen Körper und spürte Tränen über meine Wangen laufen.

Scheiße.

Ich hörte, wie die Tür zu den Männer-Toiletten aufging. Erwin stand hinter mir in der Kabine und kniete sich zu mir runter. Er legte eine Hand auf meinen Rücken und reichte mit ein Taschentuch.

Sein Blick war kalt. Er wirkte unbeeindruckt und fragte nicht, was los war. Ich bemerkte das alles gar nicht und hinterfragte seine fehlende Neugier oder Fürsorge nicht. Was für mich zählte, war die Tatsache, dass Erwin bei mir war und mich nicht alleine ließ. Er half mir auf die Beine und führte mich zum Waschbecken, damit ich mir mein Gesicht mit kalten Wasser waschen konnte.

Ich trockente mein nasses Gesicht ab und blickte Erwin in die Augen. Ich wollte dieses Kind behalten, ich wollte es großziehen mit Erwin - Ich wollte, dass dieses Kind eine richtige Familie hatte. Einen Vater, das es liebte. Wieso glaubte ich, dass Erwin das wollte? Wieso machte ich mir Hoffnungen? Ich wusste, dass Erwin keine Kinder wollte.

,,Erwin..."

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Nothing more than... [ErwinxMike]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt