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-Mikes Sicht-

Es war nur eine einfache Geste, zumindest sollte ich so empfinden. Ich warf einen kurzen Blick zu Erwin, der seine Jacke um meine Schultern gelegt hatte. Mir war nicht kalt, aber das würde ich ihm nicht sagen. Diese kleine Aufmerksamkeit seinerseits erwärmte mein Herz.

,,Danke."

Als sein Chauffeur ankam und vor uns hielt, öffnete Erwin die Tür der Limousine und gewährte mir als erster den Eintritt. Ich setzte mich auf die Sitzfläche und Erwin nahm gegenüber von mir Platz. ,,Es ist schon spät. Eld wartet bestimmt schon auf mich", brachte ich hervor.

Ich wusste nicht, ob ich nach Hause wollte. Ich wusste nicht, ob Erwin den restlichen Abend mit mir verbringen wollte. Ich ließ diese Aussage einfach im Raum stehen und wartete darauf, dass er darauf antwortete.

,,Ich bin mir sicher, dass er alt genug ist, um eine Nacht ohne seinen Vater klarzukommen", erwiderte Erwin, während sein Blick auf mir ruhte. Er wirkte ruhig und gelassen, während ich mit meinen Gefühlen und dem, was ich empfand und empfinden sollte, nicht weiter wusste - die Session und auch Erwin hatten mich aus dem Konzept gebracht.

,,Ich werde dich nicht einfach so bei deinem Sohn absetzen und so tun, als wäre nichts geschehen, Mike. Das bedeutet aber nicht, dass ich dich gegen deinen Willen in meiner Villa behalten werde. Wenn du Zeit zum nachdenken brauchst, werde ich meinen Chauffeur beauftragen, dich nach Hause zu fahren."

,,Das wird nicht nötig sein."

Vielleicht wäre es besser über Nacht bei Erwin zu bleiben und meine Gedanken zu sortieren. Eld würde sich Sorgen machen, wenn er mich in diesem Zustand sehen würde. Ich konnte ihm unmöglich erzählen, was heute geschehen war.

Selbst wenn ich das könnte - ich hatte Angst davor, dass er denken könnte, ich wäre an einen Mann geraten, der meinem Ex-Mann ähnelte. Bei diesem Gedankengang hob ich meinen Kopf, um Erwin anzusehen. Er würde mich niemals so behandeln wie er es damals getan hatte.

Nachdem die Limousine vor Erwins Villa zum Stehen kam, öffnete Erwin mir die Tür. Dann begaben wir uns in seine Villa. Seine Bedienstete, Karina, öffnete dieses Mal die Tür.

,,Ich lasse dir ein Bad ein. In der Zwischenzeit kannst du dir frische Kleidung raussuchen und deinem Sohn sagen, dass du nicht pünktlich zu Hause sein wirst. Danach werde ich deine Wunden versorgen", erklärte Erwin, woraufhin ich nickte. Karina nahm mir Erwins Jacke ab, ehe ich mein Schlafzimmer aufsuchte und mich auf mein Bett nieder ließ. Ich ließ die Luft in meiner Lunge entweichen und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.

Nachdem ich mich gesammelt hatte, schrieb ich Eld eine Nachricht und holte saubere Kleidung aus meinem Schrank. Etwas bequemes. Dann ging ich in das Badezimmer. Dampf steigte in die Luft und eine angenehme Wärme umhüllte meinen Körper. Der Duft von Lavendel lag im Raum und ein Schmunzeln erschien auf meinen Lippen, als ich Erwin sah.

,,Ein einfaches Bad hätte gereicht. Du musst dir keine Mühe für mich machen, Erwin."

,,Unter Mühe verstehen wir beide wohl etwas anderes. Das, was ich für dich tue, sollte für jeden, der in einer Beziehung ist, selbstverständlich sein. Das gilt auch für uns", erwiderte Erwin. Ich wusste nicht, wie es war, einen Partner zu haben, der sich um seinen Gegenüber kümmerte - ihm diese Selbstverständlichkeiten bot, wie Erwin sie nannte. ,,Danke."

Ich senkte meinen Blick und begann, mich zu entkleiden. Den Anzug legte ich auf den Wäschekorb, da dieser als einziger nicht in die Waschmaschine durfte. Dann stieg ich in das warme Wasser und genoss die Ruhe, die mir dieses Bad bot. Mein Blick wanderte zu Erwin, der den Anschein machte, den Raum verlassen zu wollen.

,,Warum bleibst du nicht bei mir?", fragte ich, woraufhin ein Lächeln auf den Lippen meines Gegenübers erschien. ,,Möchtest du nicht erstmal deine Gedanken ordnen?", hakte Erwin nach. Ich zögerte, bevor ich ihm eine Antwort gab. ,,Artur... in was für einer Beziehung steht er zu Flocke?", wollte ich wissen.

,,Sie sind ein Paar."

Ein Paar?

,,Deshalb die Küsse?"

Erwin schmunzelte und schien meine Aussage amüsierend zu finden. Dann wurde sein Gesichtsausdruck wieder ernst, besorgt. ,,Du hättest die Session sofort beenden können, als Flocke die Drogen genommen hat, Mike. Wieso hast du so lange gewartet?" Als Erwin diese Frage stellte, hielt ich inne und sah ihn für einen Moment an.

,,Ich wollte nicht voreilig handeln. Du wusstest, auf was du dich einlässt, ich wollte, dass du die Session genießt", erklärte ich und merkte, wie egoistisch ich doch war, ,,ich habe nicht mitansehen können, wie Flocke vor dir auf die Knie gegangen ist - Er hat sich kaum noch auf den Beinen halten können. Ich weiß, wie das ist, Erwin. Ich weiß, was es bedeutet, erschöpft vor jemandem zu knien und zu glauben, dass das einem gut tut... dass man das möchte."

Ich spürte Erwins Hand an meiner Wange. Er wischte mir meine Tränen weg. Hatte ich geweint?

,,Das, was er dir damals angetan hat, tut mir aufrichtig leid", hauchte Erwin und er war mir wieder so nahe, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte, ,,wir haben ein Safeword. Ich werde sofort aufhören, wenn du es nennst. In unserer Beziehung bist du derjenige, der die Kontrolle hat, Mike - nicht ich. Tu mir den Gefallen und mach davon Gebrauch. Ich möchte, dass du mir Grenzen setzt."

Damals war er es gewesen, der die Kontrolle gehabt hatte. Ich hatte nur selten Nein sagen können - Ich hatte ihn geliebt, ich hatte nicht gewollt, dass er mich verlässt.

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Nothing more than... [ErwinxMike]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt