47. Die ich rief, die Dämonen

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werd ich nicht mehr los. 


**In diesem Kapitel wird Hexenverfolgung thematisiert.**

1662, Dùn Draoidh


Jophiel Bolt saß mit finsteren Gedanken über seinen Schreibtisch gebeugt. Ein Klopfen an der Tür ließ ihn aufhorchen und die Feder beiseitelegen zu dem Brief den er gerade verfasste.

„Herein", forderte er.

Einer seiner Soldaten betrat zögerlich das Zimmer und salutierte. „Sir."

„Gibt es Neuigkeiten?", fragte Lord Bolt. Er sah den Soldat nicht direkt an, einen Jungspund, der unter seinen Blicken zusammenschrumpfte und selbst jetzt ins Stammeln geriet.

„Keine Neuigkeiten, Sir", stotterte der Soldat. Er schaute auf den Boden und bildete sich trotzdem ein, dass der Blick seines Offiziers sich unter seine Haut bahnte und schluckte. „Sir Daniel Bolt sitzt auf einem Stuhl in angemessener Entfernung zu dem Mädchen. Alles, was sie tun, ist reden."

„Reden? Worüber? In welcher Sprache?", bohrte Jophiel Bolt ungehalten.

„Überwiegend in Scots. Und die Themen, Sir..." Der junge Soldat zögerte. „Ich glaube sie haben heute bevorzugt über Gedichte gesprochen."

Nun schaute Jophiel Bolt doch gereizt von seinen Papieren auf und der Soldat stand sofort gerader.

„Gedichte?", wiederholte er freudlos.

Der Soldat erlaubte sich ein zurückhaltendes Lächeln. „Sie haben sogar gemeinsam eines erfunden. Es klang schön."

Jophiel Bolt warf einen Briefbeschwerer nach dem jungen Soldaten, welcher ihn nur knapp verfehlte.

„Das reicht. Wie viele Gedichte können Sie schon in ihrem Leben gehört haben um das beurteilen zu können, Mr.Anderson? Raus mit Ihnen."

Hastig verzog sich der Soldat und Lord Bolt vergrub stöhnend seinen Kopf zwischen den Händen. „Vorgestern haben sie über stellare Konstellationen und die Spiele gesprochen, die sie als Kinder erfunden haben, dann über kulinarische Einflüsse aus aller Welt und Musikinstrumente, und heute sind es Gedichte...", jammerte er. „Was stellt er da nur an?"

Jophiel Bolt hatte allen Grund für seine Sorgen. Während sein Sohn sich verhielt, als wäre die Hexe kein bedrohliches Monster, sondern eine interessante Gesprächspartnerin, schwand auch die Moral der Soldaten sie als eine Gefahr zu beachten. Er starrte auf den Brief vor sich, dem er seiner Engelenklave schrieb. Adressiert an seine Frau, Adelaine Bolt. Ihr sanftmütiges Lächeln manifestierte sich vor seinem inneren Auge, der Schwung ihrer Haare, die er ihr so gerne aus dem Gesicht strich. Daniel hatte das freundliche Wesen seiner Mutter übernommen, lächelte genauso unbescholten wie sie. Bei dem Gedanken daran kochte Jophiel Bolts Blut hoch. Der Junge konnte es sich nicht leisten, sorglos zu bleiben. Er musste verstehen, vor welchen Schrecken er ihn und Adelaine beschützte. Er musste lernen, selbst zu beschützen. Und Jophiel Bolt glaubte zu wissen, was es zu bedeuten hatte, ein Beschützer zu sein. Die reine Vorstellung, dass eine Hexe sich in Adelaines Umfeld schleichen könnte, dass sie in denselben Läden einkaufen gingen, dass eine Hexe im Vorbeigehen die Schulter seiner Frau streifte, mit einer Hand, die die Hand eines Dämons umschlossen hatte, mit einer Stimme mit ihr sprach, die von einem Dämon gesteuert wurde, versetzte ihn in blinde Wut und Furcht zugleich. Jophiel Bolt starrte auf seinen Brief. Keinen Hexenzirkel und kein heiliges Artefakt hatte er bisher gefunden. Doch Adeline sollte sich keine Sorgen machen. Er würde bald heimkehren, sobald er es ordnungsgemäß beendet hatte. Feierlich setzte er seine Signatur unter den Brief.

Stonegrave, Schule der Engel und HexenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt