„Wir sind da", verkündete meine Mutter als sie mit dem silbernen Suzuki in die Einfahrt bog.
Aufgeregt nahm sie die Hand vom Lenkrad und quetschte meine Finger zusammen.
„Das wird ein ganz neuer Lebensabschnitt, Callie.", betonte sie fröhlich. „Omas Haus wird dir bestimmt gefallen."
Das sagte sie zum gefühlt hundertstem Mal.
Ich zog meine Hand weg.
„Von außen ist es nicht nicht so der Hingucker.", murmelte ich und fuhr mir mit den Fingern durch meinen Pony.
Es war ein relativ kleines Haus mit einem spitzen, roten Ziegeldach und betongrauen Wänden. Die Fenster waren quadratisch und winzig. Sie wurden von einem dunkelbraunen Bretterrahmen wie verschlafene Äuglein mit Lidstrich umzogen.
Wage kamen Erinnerungen in mir hoch. Ich war sehr jung, als wir hier zum letzten Mal waren. Damals erschien mir das Haus viel größer und richtig unheimlich. Ich wusste noch, dass ich nach dem Besuch nie wieder zu Oma fahren wollte. So war es dann leider auch gekommen.
Mama öffnete die Tür.
„Komm schon raus. Innen ist es sehr gemütlich, glaub mir." Sie stieß die Autotür mit einem heftigen Krachen zu.
Ich rollte mit den Augen. Schon wieder eine unterschwellige Geste meiner Mutter um mir zu verdeutlichen, was sie von meiner schlechten Laune hielt. Normalerweise wäre zwischen uns beiden nach dieser langen Fahrt schon längst ein Streit ausgebrochen, wenn sie nicht wüsste dass sie mich gnädig stimmen musste. Sie wollte den Umzug, wollte aus dem fantastischen London in dieses Kaff inmitten von Schottland ziehen.
Auf der Anfahrt durch Stonegrave hatte ich lediglich einen Supermarkt, eine in die Jahre gekommene trutschige Boutique und ein Café gesehen. Beim Anblick des Supermarktes kreischte Mama vor Freude.
„In meiner Jugend hat es den noch nicht gegeben.", hatte sie verkündet.
Ich verließ das Auto und half beim Auspacken. Mama hatte die Hälfte unserer in Kartons eingepackten Sachen in der alten Wohnung gelassen, weil sie nicht in den Kofferraum oder auf den Rücksitz unseres kleinen Suzukis passten. Sie wollte keinen Umzugswagen bezahlen, weshalb sie über das Wochenende noch einmal zurückfahren würde um das fehlende Zeugs zu holen. Meine ersten Tage in diesem neuen alten Haus würde ich auch noch alleine verbringen. Wenn das mal nicht wirklich großartig verlief.
Ich stapelte zwei Kartons mit den Aufschriften „Callie Klamotten" und „DVD's" aufeinander um sie Richtung Haus zu tragen. Meine Mutter nahm den einen wieder runter.
„Überanstrenge dich nicht, Schätzchen. Ms. Crow hilft uns gleich."
„Wer ist Ms. Crow?", fragte ich gerade, als hinter uns die Tür des Hauses mit einem Klicken aufging.
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Stonegrave, Schule der Engel und Hexen
FantasiaAls Callie Newsland mit ihrer Mutter zurück in die schottische Kleinstadt Stonegrave zieht, stellt sich ihr Leben komplett auf den Kopf. Sie möchte nur schnellstmöglich Freunde finden und sich trotz des schmerzhaften Verlustes ihrer ehemaligen Heima...