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Zuhause in seiner Wohnung trat er sich die Turnschuhe von den Füßen, warf den Rucksack in eine Ecke und fiel buchstäblich aufs Sofa. Er war fix und fertig und wusste genau, dass er sich heute noch die ganze Nacht lang Gedanken über diese U-Bahn Station machen würde und darüber, wie er die Jungs davon überzeugen konnte, dass ein Leben im Heim besser war. Er wollte den Jungs unbedingt helfen, zumal sie ja auch noch Drogenabhängig waren und das früher oder später ihr End bedeuten konnte. Allein Niall zuliebe, wollte er sie von der Straße holen, denn sie hatten es verdient, eine Zukunft zu haben, genau wie der junge Ire.

In dieser Nacht schlief er nicht besonders gut, denn die Gedanken in seinem Kopf gaben einfach keine Ruhe. Es wollte ihm einfach kein Plan einfallen und er wälzte die Optionen, die er hatte ständig hin und her.

So war es also kein Wunder, dass er am nächsten Tag ziemlich unausgeschlafen im Büro saß und sich darum bemühte, seine Berichte fertig zu schreiben, was bis zum Nachmittag dauerte. Heute hatte er auch noch Nachtschicht, die er sicherlich nur mit viel Kaffee überstehen würde. Liam hatte heute frei und so war es im Büro ziemlich still. Am frühen Abend sah er noch einmal nach Perrie und Niall, um zusammen mit ihnen, sowie Eleanor und Rebecca zu Abend zu Essen. Es war eine recht schweigsame Angelegenheit, denn Perrie und Niall kannten sich nicht sonderlich gut und Rebecca hatte noch immer mit ihren Entzugserscheinungen zu kämpfen und war dementsprechend schwach. „Und hast du die Jungen gefunden?" fragte Eleanor, als sie zusammen im Gemeinschaftsraum der Mitarbeiter saßen. „Leider nicht...ich bin durch die komplette City of Westminster gelaufen, aber keine Spur von den Beiden. Vielleicht haben sie sich versteckt, weil sie bemerkt haben, dass ich ihnen helfen will." seufzte Louis und schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein. Eleanor packte langsam ihre Sachen zusammen und verabschiedete sich dann von ihm, denn sie hatte Feierabend, während Louis die Nachtschicht übernahm. Einmal im Monat war Jeder mit der Nachtschicht dran, denn zum Glück gab es hier im Jugendwerk genug Mitarbeiter, sodass sie sich abwechseln konnten.

Im Gemeinschaftsraum stand ein Bett und Louis war es offiziell erlaubt zu schlafen. Nur, wenn es an der Tür klingelte, oder in der Wohngemeinschaft Tumult geben sollte, würde er aufstehen und nachsehen müssen. Weil er so müde war, legte er sich schon um 9 Uhr ins Bett und hoffte darauf, dass die Nacht ruhig blieb.

Ein schrilles Klingeln riss ihn mitten in der Nacht aus dem Schlaf und er fuhr erschrocken hoch. So geweckt zu werden, war nie angenehm und Louis brauchte einige Sekunden, um sich zu orientieren. Es klingelte noch einmal, während er die Decke beiseite schlug und in seine Schuhe schlüpfte, um dann durch den dunklen Flur zum Haupteingang zu tappen. Das Licht der Straßenlaterne fiel durch das geriffelte Glas und warf ein verzerrtes Quadrat auf den Fliesenboden, als er darauf zuging, die kalte Klinke ergriff und die Tür öffnete. Die Nacht war kühl und die Luft klar, als Louis hinaus auf die Straße trat und sich umsah. Ein Husten ertönte und sein Blick fiel nach unten, wo Jemand zusammengekauert in der Ecke der Eingangstür lag. „Hallo?" Augenblicklich war Louis hellwach und kniete sich neben die Person, die am ganzen Leib zitterte und ganz langsam und rasselnd atmete. Louis zerrte die Kapuze vom Kopf der Gestalt und erkannte die dunklen Locken sofort.

„Harry, was ist mit dir?" Der Punk gab keine Antwort, sondern hob nur den Kopf und versuchte Louis anzusehen. Seine Pupillen hatten nur noch die Größe von Stecknadeln und die Augen drohten ihm immer wieder zuzufallen. Vermutlich hatte Harry eine Überdosis abbekommen. Er packte ihn unter den Armen und zog den schlaffen, kraftlosen Körper ins Haus, wo er ihn auf dem Boden im Flur ablegte. „Bin gleich zurück!" sagte er zu Harry und rannte ins Erste Hilfe Zimmer. Durch regelmäßige Schulungen wusste Louis, was in diesem Fall zu tun war und suchte das Gegengift aus dem Medikamentenschrank, nahm sich Handschuhe und eine Spritze mit und rannte zurück. Harry lag noch immer an derselben Stelle, an der Louis ihn zurückgelassen hatte. Er war kreidebleich und seine Adern auf der Stirn und an den Händen zeichneten sich bläulich ab. Eine Regung war kaum noch zu erkennen. „Harry, rede mit mir....komm schon...was hast du genommen? Hey, bleib wach...sieh mich an!" sagte Louis deutlich und zwang ihn dazu, ihn anzusehen: „Smack..." krächzte der Lockenkopf und bestätigte so seine Vermutung nach einer Heroinüberdosierung. „Ich geb dir ein Gegengift...." sagte er, zog sich die Handschuhe an, desinfizierte eine Stelle an Harrys Arm und zog die Spritze auf. Das Gegengift nannte sich Naloxon und verursachte bei den Abhängigen eine sofortige Entzugserscheinung. Meistens bekamen sie Schmerzen, aber immerhin verlangsamte sich die Atmung nicht mehr und die Gefahr zu Ersticken war gebannt. Zumindest so lange, wie das Mittel wirkte, was etwa drei Stunden sein würde. Louis stand also eine Nacht ohne Schlaf bevor. Harry ächzte leise, als das Naloxon in seinen Blutkreislauf gelangte und schloss die Augen. Louis warf die Spritze und die Handschuhe weg, steckte die Ampulle mit dem Restlichen Gegengift in die Tasche und hob Harry hoch um ihn ins Krankenzimmer zu tragen.

Vorsichtig legte er ihn auf der Bahre ab und deckte ihn zu, dann setzte er sich auf einen Stuhl und behielt Harry im Auge, falls es schlimmer werden solle, denn dann müsste er einen Notarzt rufen. „Louis...kannst du..." fing Harry an, schien jedoch nicht die Kraft zu haben, seinen Satz zu beenden, weswegen Louis aufstand und sich mitsamt seinem Stuhl direkt neben Harry setzte. „Ja, was ist, was brauchst du?" fragte er leise und versuchte zu erraten, was der Punk gerade brauchte, als er heiser flüsterte: „Dich..." - „Ich bin da. Es ist alles gut und du bist hier sicher. Heute Nacht passiert dir nichts." er griff nach Harrys Hand und drückte sie fest. Sie war eiskalt und knochig und seine Finger zucken immer wieder unkontrolliert, während sich die grünen Pupillen langsam wieder weiteten.

Die Uhr, die über der Tür hing, tickte langsam und die Minuten wurden zu Stunden. Stunden in denen Louis neben Harry saß, dessen Hand in seiner hielt und seinen Puls und die Atmung überwachte. Immer wieder gab sein Patient Schmerzenslaute von sich und wand sich hin und her, biss sich auf die Lippen und drückte Louis Finger so fest, dass sie fast taub wurden. Er hatte Schmerzen und Louis tat es sehr Leid, schließlich war er dafür verantwortlich, weil er ihm das Gegengift verabreicht hatte, doch es ging nun einmal nicht anders. Da musste Harry nun allein durch. „Wie kam es denn zu der Überdosis?" fragte er irgendwann, um ihn von den Schmerzen abzulenken. Harry drehte den Kopf in seine Richtung, schluckte langsam und sagte dann: „Keine Ahnung....ich hab genauso viel genommen, wie immer...vielleicht war der Stoff nicht so sehr gestreckt wie sonst..." Louis nickte verstehend. Vermutlich hatte Harry recht. Auf der Straße war die Qualität der Drogen, die man kaufen konnte nicht immer gleich gut und wenn man zufällig eine Ladung erwischte, die besonders rein und nicht so sehr gestreckt war, wie die, die man sonst nahm, konnte es schnell zu einer Überdosierung kommen. Harry seufzte und drehte sich schwerfällig auf die Seite, dann blinzelte er Louis abwesend an, schien einen Moment nachzudenken und sagte dann:

„Danke für alles."

Zweimal musste er Harry noch das Gegenmittel spritzen, dann war das Schlimmste überstanden und der Lockenkopf außer Gefahr. Als die ersten Kollegen am Morgen ankamen, war Louis fix und alle und sehr erleichtert darüber, dass Liam ihn ablöste. Gemeinsam brachten sie Harry in ein Einzelzimmer im ersten Stock, wo er sich erst einmal ausruhen konnte. „Gehst du nach Hause?" fragte ihn der Punk, als Louis Anstalten machte das Zimmer zu verlassen. Ja, eigentlich hatte er nach Hause gehen und sich ausschlafen wollen, aber etwas hielt ihn zurück. Es fühlte sich falsch an, jetzt einfach zu gehen und Harry allein zu lassen, obwohl er ja bei den Kollegen wirklich gut aufgehoben war. Aber irgendwie fühlte Louis sich für ihn verantwortlich und entschied sich spontan dazu, hier im Haus zu schlafen. „Nein nein, ich geh nur eine Etage tiefer und lege mich ein bisschen hin." - „Okay. Gut zu wissen, dass du hier in der Nähe bist..." murmelte er und schloss wieder die Augen.

Einen Moment blieb Louis in der Tür stehen und sah ihn an: er hätte es wirklich verdient von der Straße wegzukommen und insgeheim nahm sich Louis vor, genau das zu schaffen. Leise schloss er die Tür hinter sich und ging die Treppe wieder hinunter. Mit jeder Stufe wurde sein Körper erschöpfter, vermutlich weil das Bett in Sicht war und tatsächlich schlief er ein, kaum, dass er sich hingelegt hatte.

Way OutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt