23.

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Louis lief durch die Straßen von London, bis die Sonne untergegangen war und ihm ein eisiger Wind entgegenbließ. Er war totmüde, seine Füße taten weh und er konnte auch nicht mehr klar denken. Vielleicht war es besser, wenn er es für heute bleiben ließ und sich auf den Weg zurück machte. Das Glück war heute nicht auf seiner Seite, denn als Louis an die Haltestelle kam, musste er feststellen, dass sie bereits geschlossen hatte und er den Bus nehmen musste. So dauerte der Heimweg doppelt so lange und er lehnte den Kopf an die Glasscheibe, hielt die Bürgersteige im Blick und hoffte darauf, ein bekanntes Gesicht zu erblicken.

Gegen 1:30 Uhr kam er am Hilfswerk an und klingelte. Das schrille Läuten war im Flurzu hören und kurz darauf erschien sein Kollege Ben, der heute Nachtdienst hatte. „Louis? Hast du ihn gefunden?" fragte er und trat beiseite um ihn einzulassen.

„Nein..ich hab alles abgesucht, was mir eingefallen ist." antwortete Louis und hauchte sich in die kalten Hände.

„Mist...sollen wir morgen zusammen suchen?" bot Ben an und Louis zuckte die Schultern: „Ja, mal sehen. Ich muss jetzt erstmal schlafen. Ich geh hoch in die WG, ja?" - „Alles klar.

Ich halte hier die Stellung. Gute Nacht." Ben verschwand wieder im Gemenschaftsraum und Louis stieg steifbeinig die Treppe hinauf. Die WG hatte mehrere Zimmer und momentan waren nur zwei besetzt und zwar die von Harry und Niall, also beschloss Louis, es sich in Perries altem Zimmer bequem zu machen. Er zog sich aus und sprang noch schnell unter die Dusche, um sich ein wenig aufzuwärmen, dann tappte er zurück über den Flur. Plötzlich öffnete sich neben ihm eine Tür und er machte erschrocken einen Satz zur Seite. „Louis, hast du ihn gefunden?" Niall stand in der Tür. Er sah verschlafen aus, doch seine Augen waren wach und musterten ihn ängstlich.

„Nein, es tut mir Leid..." murmelte Louis und senkte den Blick. Er wollte die Enttäuschung in Nialls Augen nicht sehen. „Mir tut es Leid...wenn ich mit Liam heute nicht im Museum gewesen wäre, dann hätte ich in deiner Mittagspause auf ihn aufpassen können..." fing Niall an, doch Louis unterbrach ihn, indem er ihm beide Hände auf die Schultern legte und ihn eindringlich ansah: „Niall, du hast keine Schuld. Es war nicht deine Aufgabe, dich um Harry zu kümmern. Das war mein Job und ich hab es versaut..." - „Aber ich bin sein Freund, verdammt. Ich hätte für ihn da sein sollen. Stattdessen hab ich mir im Museum ausgestopfte Tiere und Versteinerungen angeschaut." sagte Niall sauer und ballte die Hand zur Faust.

„Wenn Harry was passiert ist...." - „Ich werde gleich morgen früh weiter nach ihm suchen. Wir finden ihn schon. Meinst du, du könntest mir morgen noch ein paar Tips geben, wo ich suchen kann? Das wäre wirklich nett von dir." bat Louis und Niall nickte: „Ich komme mit, wenn du willst." - „Nein, auf keinen Fall. Ich muss an die Drogenhotspots. Da kannst du noch nicht hin, das ist für dich viel zu gefährlich. Aber danke für dein Angebot." Der Ire nickte betrübt und wandte sich um:

„Ich leg dir eine Liste raus." murmelte er und schloss dann die Tür hinter sich.

In Perries Zimmer warf sich Louis auf die Matratze und blickte aus dem Fenster hinaus in die Nacht. Es war sternenklar und der Mond schien ziemlich hell. Sicherlich wäre der Anblick schön und entspannend gewesen, wenn Harry hier wäre. Doch so konnte Louis an nichts anderes denken, als dass sich der Junge irgendwo da Draußen aufhielt und keine Klamotten außer der Jogginghose und dem T-Shirt bei sich hatte. Seine normalen Sachen waren ja noch in der Waschmaschine.

Hoffentlich hatte er einen Unterschlupf gefunden, wo es warm war. Womöglich war er nach Aldwych zurückgekehrt.

Ob Zayn ihn freundlich empfangen hatte? Hoffentlich, denn sonst hatte der Junge jetzt ein Problem. Louis kannte Zayn nicht gut genug, um einschätzen zu können, wie er reagierte, wenn Jemand zu ihm zurückkehrte, der ihn einst im Stich gelassen hatte. Wenn er nachtragend und rachsüchtig war, dann wäre es für Harry ziemlich gefährlich, zu seinem Freund zurückzukehren. Doch Louis wusste nicht, wo der Lockenkopf war und so blieb ihm nichts anderes übrig, als einfach zu hoffen, dass es Harry soweit gut ging.

Obwohl er totmüde war, konnte Louis nicht lange schlafen und als er die Augen wieder aufschlug war vor dem Fenster noch die Morgendämmerung zu sehen. Zu gerne hätte er noch ein wenig geschlafen, aber sein Kopf arbeitete schon wieder auf Hochtouren kaum, dass er die Augen geöffnet hatte und er wusste, dass auch sein Körper keinen weiteren Schlaf mehr zulassen würde. Schon jetzt fühlte er eine innere Anspannung und Unruhe, weshalb er einfach aufstand. Weil es noch so früh war und außer ihm bestimmt Niemad im Haus schon wach war, tappte Louis nur in Jogginghose durch das kühle Treppenhaus hinunter in den Gemeinschaftsraum, um sich einen Kaffee zu machen. Vielleicht war er dann ein wenig fitter. Als er die Tür öffnete erschrak er kurz, denn am Tisch saß Eleanor, hatte einen Coffee to go vor sich stehen und las in einer Zeitung, die man in den Tube Stationen immer umsonst bekam. „Hey Louis, guten Morgen. Du scheinst ja nicht sonderlich gut geschlafen zu haben." sagte sie und lächelte mitfühlend. „Wieso bist du denn so früh hier?" fragte Louis und gähnte einmal ausgiebig, während er im Schrank nach dem Kaffeepulver kramte und es dann in die Maschine füllte. „Ich dachte, ich komme heute früher und helfe dir bei der Suche nach Harry. Ich ging davon aus, dass du ihn noch nicht gefunden hast, oder?" Ungläubig starrte Louis sie an: dass sie extra früher aufgestanden war, nur um ihm zu helfen, rührte ihn und obwohl er sich eigentlich nicht dazu im Stande fühlte, lächelte er sie dankbar an: „Nein, ich war leider erfolglos." - „Alles klar, dann schlage ich vor, dass wir uns auf den Weg machen, sobald du deinen Kaffee getrunken hast. Geh schon mal hoch und zieh dich um, ich kümmere mich um deinen Koffeinkik." sagte sie und stand auf. Kurz bevor Louis den Raum verlassen hatte, sagte sie noch:

„Zieh dich warm an, es ist ziemlich kalt draußen."

In Perries Zimmer schlüpfte er in eine Jeans und ein T-Shirt, zog sich noch einen Pullover über, legte sich einen Schal um den Hals und setzte einen Beanie auf, der ihn immer unglaublich jung aussehen lies. Danach packte er seinen Rucksack. Harry hatte vermutlich immer noch die Klamotten an, die er ihm gegeben hatte, weshalb Louis einen Hoodie für Harry mitnahm- falls er unterkühlt sein sollte, wenn sie ihn fanden. Außerdem landeten noch ein Erste-Hilfe-Case, sowie einige Medikamente in dem Rucksack – man konnte ja nie wissen.

Eleanor hatte ihm den Kaffee extra stark gemacht und Louis Lebensgeister erwachten bereits beim ersten Schluck. Er trank ihn im Stehen, denn er wollte jetzt keine Zeit mehr verlieren und so schnell wie möglich los. Eleanor schien es genauso zu gehen, denn sie warf ihren Becher weg und stand auf, kaum dass Louis fertig war. „Okay, dann lass uns losgehen." Sie wickelte sich einen roten Schal um den Hals und zog ebenfalls eine Mütze auf den Kopf, dann verließen die Beiden das Gebäude.

„Wo sollen wir suchen?" fragte sie, als sie an einer dicht befahrenen Straße entlanggingen. „Naja, ich hab gestern alles abgelaufen, konnte ihn aber nicht finden. Kennst du Drogenumschlagplätze, wo wir noch suchen können?" fragte Louis und ging im Kopf noch einmal alle Plätze durch, von denen er wusste, dass dort Drogenhandel stattfand um sicherzugehen, dass er auch wirklich keinen vergessen hatte.

„Nein, mir fällt auch keiner mehr ein, aber ich denke, dass es auch keinen Sinn macht, heute dort nach Harry zu suchen."

Verständnislos sah Louis sie an und sie sprach weiter: „Sieh mal: Harry war voll auf Entzug. Er wird sich gestern sofort was besorgt haben und hat es sicher heute nicht ganz so eilig. Ich denke, wir könnten mehr Glück haben, wenn wir uns die ganzen Touristenmagnete vornehmen. Denn irgendwie muss Harry seine Sucht ja finanzieren, meinst du nicht?" Ja, sie hatte vollkommen Recht, dachte Louis und so machten sie sich auf den Weg.

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