„Ich...mir geht es gut. Wieder. Ich hab ganz schön lange gelitten, wenn du es genau wissen willst. Am Liebsten wäre ich jeden Tag bei dir vorbeigekommen, aber ich wusste, dass das nicht gegangen wäre, also hab ich mich so durchgequält...wenn ich ehrlich sein soll, dann bin ich erst in den letzten Monaten halbwegs klar gekommen." gestand Louis und schluckte, denn ihm waren die Tränen in die Augen gestiegen. Hoffentlich sah Harry es in dem schummrigen Licht nicht. „Hast du gerade eine Beziehung?" fragte Harry ganz direkt und blickte ihn ernst an. Louis schüttelte den Kopf „Was ist mit dir? Wie ist es dir ergangen?" Harry seufzte, lehnte sich in seinem Stuhl zurück, stützte sich dann aber doch wieder mit den Unterarmen auf den kleinen Tisch zwischen ihnen auf. Seine Finger waren nur wenige Zentimeter von Louis' entfernt. „Ich kam gar nicht klar. Also du gegangen bist hab ich mich so ungeliebt und verstoßen gefühlt, wie niemals zuvor. Wenn ich ehrlich sein soll, dann wäre ich am Liebsten wieder zurück auf die Straße gegangen. Wie lange ich nicht mit Nick gesprochen habe, kann ich jetzt gar nicht mehr sagen, aber es war sicher eine Woche. Dabei hat er sich eine solche Mühe gegeben für mich da zu sein. Doch ich habe jeden Versuch von ihm abgeblockt. Gegessen habe ich erst wieder, nachdem er damit gedroht hat, einen Arzt zu rufen und mich einweisen zu lassen. Das Hungergefühl hat mir gezeigt, dass ich noch lebe. Alles andere hat sich so taub angefühlt, dass ich manchmal einfach nicht sicher war, ob ich nicht vielleicht schon tot war. Jeden Tag hab ich gehofft, dass du doch wieder vor der Tür stehst und mir sagst, dass du es dir anders überlegt hast – aber du bist nicht gekommen. Nie." Harry seufzte und schloss einen Moment die Augen, dann sprach er weiter. Ganz ruhig und völlig ohne Anklage, was Louis gut fand.
„Dann kam die Wut. Ich war so sauer, dass ich mit Nick stundenlang am Boxsack verbracht habe. Ich musste meine Wut rauslassen und das Boxen hat mir dabei wirklich gut geholfen. Irgendwann habe ich dann eingesehen, dass du nicht mehr wiederkommst und angefangen Nick als neuen Betreuer zu akzeptieren. Wir haben die Gesprächstherapie gemacht und nach drei Monaten konnte ich in ein betreutes Wohnen umziehen. Zayn auch. Wir haben dann dort gemeinsam ein Zimmer bekommen und wurden langsam wieder auf das normale Leben vorbereitet. Ich hab dann auch meinen Schulabschluss gemacht und konnte danach ein Praktikum beim Rettungsdienst machen. Da bin ich dann geblieben und habe eine Ausbildung gemacht. Ich bin jetzt fast fertig. Noch etwa 6 Monate, dann hab ich es geschafft. Und zu deiner Information: ich bin solo." In Harrys Stimme klang Stolz mit und Louis nickte anerkennend. „Wow, das hast du wirklich gut hinbekommen. Wieso hast du dich für den Rettungsdienst entschieden?"
Die Bedienung kam wieder an ihren Tisch und stellte beiden ein deftiges, britisches Frühstück hin, was ihre Unterhaltung kurz unterbrach. „Willst du meine Tomate?" fragte Harry, kaum dass die Frau wieder hinter dem Tresen verschwunden war. „Klar." sagte Louis und Harry schob ihm die gedünstete Tomate auf den Teller: „Ich frage mich immer, was die auf meinem Teller zu suchen hat. Das passt einfach nicht dazu." murmelte er eher für sich und schob sich eine Gabel gebackene Bohnen in den Mund. „Du kannst dafür meine Bohnen haben. Die mag ich nicht." sagte Louis und schob Harry die kleine Portion auf den Teller, der sich begeistert darüber hermachte.
„Also, wieso der Rettungsdienst?" wiederholte Louis seine Frage und Harry hob den Blick, um ihm zu antworten: „Ich wollte Leben retten. Erst hatte ich überlegt, auch als Streetworker anzufangen, aber dann war ich mir unsicher, weil ich dann doch so direkt mit meiner Vergangenheit konfrontiert werden würde und hatte ein wenig Angst." - „Bist du mir noch böse?" fragte Louis plötzlich unvermittelt und wusste nicht, ob er die Antwort auf diese Frage überhaupt hören wollte. „Nein, bin ich nicht. Ich habe mittlerweile verstanden, dass du mich nur verlassen hast, weil ich anders keine Chance auf eine gute Reha gehabt hätte. Ich bin dir sogar ein bisschen dankbar dafür, wenn ich ehrlich sein soll." gab er zu und aß weiter. Eine Weile schwiegen sie beide und jeder war mit seinem Teller beschäftigt. Als Louis satt war, legte er das Besteck beiseite und schob den Teller von sich. „Bist du schon fertig?" fragte Harry erstaunt und musterte die Kartoffelpuffer, die noch übrig waren. Louis nickte und schwups waren die Kartoffeln auf Harrys Teller gelandet. „Dann ess ich die, wenn du nichts dagegen hast." sagte der Lockenkopf und spachtelte munter weiter. Unglaublich, wie viel er essen konnte, dachte Louis und grinste.
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Way Out
FanfictionLondon - Touristenmagnet und schillernde Metropole. Aber auch Heimat von Hoffnung und Hilflosigkeit. Louis arbeitet als Streetworker und hat es sich zur Aufgabe gemacht, Jugendlichen, die auf der Straße leben, eine neue Perspektive zu bieten. Harr...