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Perrie wurde tatsächlich in einer jungen Redaktion aufgenommen. Louis hatte sie zum Vorstellungsgespräch gebracht und vor dem Gebäude gewartet. Sie hatte es allein machen wollen, was Louis sehr mutig fand. Er vertrieb sich die Wartezeit mit einem Kaffee und Zigaretten, saß vor dem Gebäude in der Sonne und genoss den Moment des Nichtstuns. In den letzten Tagen war er mit Perrie Klamotten einkaufen gewesen und hatte sie zum Frisör geschickt. Dem Mädchen hatte es sichtlich Spaß gemacht und jetzt verfügte sie über zwei Paar Hosen, sowie einige T-Shirts, die ohne Flecken und Löcher sehr hübsch an ihr aussahen. Der Friseur hatte ihre blonden Haare gepflegt, gewaschen und ihr einen frechen Haarschnitt verpasst und man sah ihr nun nicht mehr an, dass sie auf der Straße gelebt hatte. Natürlich legte sie noch immer gewisse Verhaltensweisen an den Tag, die normalen Menschen seltsam vorkommen mochten, zum Beispiel sah sie sich ständig nervös um, doch auch das würde sie nach und nach ablegen können, wenn man ihr nur die Chance dazu gab. Louis hoffte sehr, dass diese Redaktion diese Chance war und als Perrie eine Stunde später aus dem Gebäude herauskam, strahlte sie nur so vor Glück. Louis musste gar nicht fragen, denn sie rief ihm schon von Weitem zu: „ICH HABS!!" überglücklich hüpfte sie auf ihn zu, schlang die Arme um ihn und drückte ihn dankbar an sich: „Ich darf am Montag anfangen...Oh Louis, danke danke danke danke!!" quietschte sie und hopste immer noch auf und ab. „Hey, beruhige dich. Ich hab gar nicht so viel dazu beigetragen." versuchte er sich herauszureden, denn ihre Dankbarkeit machte ihn ein wenig verlegen. „Doch, du hast mich auf der Straße angesprochen und damit hat alles angefangen." erwiderte sie und lächelte ihn an, bevor sie ihn endlich losließ und sie sich gemeinsam auf den Rückweg machten.

Ihr Erfolgserlebnis beflügelte Perrie und Louis noch den ganzen Tag und hielt auch das komplette Wochenende über an. Zufrieden mit sich, tippte Louis an einem Abend Perries Entwicklung in seinen Computer ein und war zuversichtlich, dass es jetzt nur noch besser werden konnte. Weil Perrie momentan sein einziger Schützling im Haus war, hatte Louis ab jetzt deutlich weniger zu tun, denn sie trat ihre Praktikumsstelle bereits am folgenden Montag an und brauchte Louis Betreuung nicht. Also machte er sich wieder auf den Weg nach Draußen, packte jeden Morgen seinen Rucksack und schlenderte durch die Straßen Londons, auf der Suche nach neuen Gesichtern, die seine Hilfe brauchten. Wenn er allerdings ehrlich zu sich selbst war, dann erwischte sich Louis dabei, dass er nur nach Zayn und Harry Ausschau hielt. Louis konnte und wollte sich einfach nicht damit abfinden, dass Harry nach dieser Aktion mit der Überdosis auf seine Freiheit bestand und so mir nichts dir nichts das Hilfswerk wieder verlassen hatte.

Der Junge war gerade mal 19 Jahre alt und sollte noch eine Chance im Leben bekommen.

Heute war das Wetter wieder gut und die Menschen strömten hinaus ins Freie. Daher waren die Straßen und Gassen der Stadt heute wieder ziemlich voll und Louis fiel es trotz seines geübten Auges schwer, einen der beiden Punks in der Masse zu finden. Als er jedoch am Ausgang einer U-Bahn Station ankam fielen ihm zwei Jungs auf, die auf dem Boden im Schatten saßen und vor sich einen kleinen Pappbecher stehen hatten. Harry hatte sich ein abgewetztes Tuch in die dunklen Locken gewickelt und Zayns dunkles Haar war zu einem Zopf zusammengebunden. Beide hoben den Kopf, als er vor ihnen stehenblieb und Zayn verdrehte sofort genervt die Augen: „Haben wir dir nicht deutlich klar gemacht, dass wir mit dir nichts zu tun haben wollen?" fragte er gelangweilt und sah Louis ausdruckslos an, der nickte: „Ja, ziemlich deutlich sogar. Ich bin auch eher zufällig vorbeigekommen. Glaubt ja nicht, dass ich euch nachlaufe, denn ICH bin es ja nicht, der Hilfe benötigt. Hier." er warf den Beiden eine Münze hin und Harry einen vielsagenden Blick zu, dann schulterte er seinen Rucksack und betrat die Station. „Ja, mach das du wegkommst!" konnte er Zayn noch hinter sich rufen hören, dann war das Fußgetrappel der Menschen um ihn herum zu laut um noch etwas zu verstehen.

Hoffentlich hatte es gewirkt, dachte Louis, als er am Bahnsteig stand und auf die Bahn wartete. Es war eine gut bewährte Taktik, den Straßenkindern den Eindruck zu vermitteln, dass sie einem doch egal waren, denn dann kamen sie meistens von selbst ins Hilfswerk, weil sie es nicht ertragen konnten, dass man sie einfach fallengelassen hatte. Louis wandte diese Taktik nur ungern an, denn er mochte es nicht, Jemandem das Gefühl zu geben, er sei ihm egal, wenn dem in Wirklichkeit gar nicht so war, aber bei Zayn und Harry schien es anders nicht zu klappen und so konnte Louis nicht mehr tun, als darauf zu hoffen, dass sie sich doch noch besannen.

Im Hilfswerk ging Louis gleich hinauf in die WG, wo er wie erwartet auf Perrie traf, die ihn erfreut anstrahlte: „Hallo Louis, ich hab schon auf dich gewartet." grinste sie, als er in ihr Zimmer ging. „Hey, na wie war der erste Tag?" fragte er und setzte sich neben sie auf die Matratze. „Voll cool. Ich durfte noch nicht viel machen und habe nur zugeschaut, aber ich war bei einer Besprechung dabei und das hat alles so großen Spaß gemacht. Die Leute sind total nett. Ich glaube, sie mögen mich. Vielen Dank Louis." Sie umarmte ihn fest und Louis grinste verlegen: „Hey, du musst dich nicht bei mir bedanken, das hast du selbst hinbekommen." Doch sie schüttelte den Kopf und sah zu ihm hoch: „Ich weiß gar nicht, wie ich mich erkenntlich zeigen soll..." flüsterte sie und Louis wollte gerade antworten, dass das nicht nötig sei, schließlich war es sein Job, anderen Menschen zu helfen, als sie ihre Lippen schon auf seine gepresst hatte und sich auf seinen Schoß schob. Völlig erschrocken über den plötzlichen Körperkontakt riss Louis die Augen auf und packte Perrie an den Schultern: „Hey, Perrie das geht nicht, du kannst mich nicht...lass das bitte." sie sah ihn verständnislos an und meinte: „Aber auf der Straße habe ich mich immer so bei Männern für Gefälligkeiten bedankt..." - „Ja, das mag sein, aber das hier ist nicht die Straße und hier bezahlt mal nicht mit Sex..." sagte Louis, dem sofort klar war, dass Perrie kein Interesse an ihm hatte, sondern sich lediglich revanchieren wollte. Sie war einfach zu lange auf der Straße gewesen und konnte die Gesetze, die dort herrschten noch nicht ganz aus ihrem Kopf verbannen. Deswegen war Louis ihr auch gar nicht böse und nahm sie schnell wieder in den Arm, denn sie senkte beschämt den Blick. „Wenn du glücklich bist und einen Weg in ein eigenständiges Leben findest, dann ist das für mich genug." sagte er und drückte sie an sich.

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