„Willst du mir erzählen, wie du auf der Straße und bei den Drogen gelandet bist?" fragte Louis gegen Abend, als sie in Harrys Zimmer saßen und er dessen Akte bei sich hatte.
„Fragst du mich das als Betreuer oder als mein Freund?" erkundigte sich Harry und grinste ihn vom Bett aus schief an.
„Als Beides. Du kannst mir alles erzählen, auch das, was du mir als Freund erzählen würdest, aber ich schreibe nur die Sachen auf, die für mich als Streetworker relevant sind. Den Rest merk ich mir im Kopf." antwortete Louis und zog einen Stift aus seinem Rucksack. Es wurde langsam Zeit, dass er mit Harrys Gesprächstherapie anfing und wieso sollte man das nicht gleich mit einem netten Zusammensein verbinden? Er stand auf, setzte sich auf Harrys Bett, sodass er mit dem Rücken an der Wand lehnte und Harry kuschelte sich an ihn heran. Er hob die Hand und malte Louis kleine Kreise aufs Knie, während er mit dem Kopf auf seinem Schoß lag, was dazu führte, dass sein Herz wie wild schlug und sein Magen flatterte bei der Berührung.
Harry räusperte sich, dachte einen Augenblick nach und begann dann zu erzählen.
„Ich bin in Holmes Chapel, Cheshire aufgewachsen. Mein Dad hat uns verlassen, als ich 10 Jahre alt war und meine Mum hat alles getan, um mir und meiner Schwester Gemma ein gutes Leben zu ermöglichen. Doch egal, wie sehr sie sich angestrengt hat, es hat nie gereicht. Wenn ich gesehen habe, wie sehr sie das belastet, ging es mir immer nicht gut und ich fühlte mich schuldig, dass ich überhaupt existierte, deswegen habe ich beschlossen ihr zu helfen, aber als Kind fiel mir nicht ein, wie ich das machen sollte.
Als ich 15 war habe ich angefangen in kleine Kioske einzubrechen und Zigaretten im Läden mitgehen zu lassen. Die konnte ich auf dem Schulhof in den hintersten Ecken für 2Pfund pro Stück verkaufen und habe mir so mein eigenes Geld ergaunert. Meine Mum sollte für mich nicht so viel Geld ausgeben müssen und ich habe mir vieles selbst finanziert, um sie zu entlasten.
Leider wurde ich irgendwann dabei erwischt, doch Mum war mir nicht böse, denn als ich ihr sagte, dass ich es nur für unsere Familie getan hatte, glaubte sie mir. Ich bekam eine Verwarnung, aber ich hatte schon einen so guten Ruf auf dem Pausenhof, dass ich einfach das Gebiet gewechselt habe. Statt Zigaretten habe ich nun Alkohol verkauft. Keine großen Flaschen, sondern diese kleinen, die man an den Kassen im Supermarkt bekommt. Das war noch viel gefragter, als die Kippen und weil ich jetzt wirklich noch vorsichtiger war, hätte man mich bestimmt nicht erwischt, wenn nicht einer der Dummköpfe den Alkohol noch in der Schule getrunken hätte. Natürlich fiel das auf und natürlich kam dann irgendwie raus, dass das Zeug von mir war. Sie haben mich zu Rektor gerufen und das Zeug bei mir gefunden, sodass ich mich nicht rausreden konnte. Durch meine Verwarnung bekam ich nun einen Verweis.
Mum hat tagelang nicht mit mir geredet, weil sie so enttäuscht war, dabei habe ich ihr gesagt, dass ich das alles nur für uns getan habe.
Nachdem ich von der Schule geflogen war, wollte mich keine andere mehr aufnehmen und so habe ich mich ein ganzes Jahr den ganzen Tag im Ort herumgetrieben und bin da irgendwie an die falschen Leute geraten. Leute wie ich, die aus zerbrochenen Familien kamen, von der Schule geflogen sind, oder ständig geschwänzt haben. Wir haben nur Party gemacht, getrunken, viel Scheiß gebaut und ab und zu einige Autos aufgebrochen, um an Wertsachen heranzukommen.
Einmal haben wir ein Auto geknackt und ein Junge kam auf die Idee, wir könnten es ja kurzschließen und ein bisschen damit herumfahren. Es hat ne Weile gedauert, bis das funktioniert hat, aber als wir es dann geschafft hatten, war es eigentlich ganz leicht. Wir haben uns ins Auto gequetscht und sind mitten in der Nacht nach Manchester gefahren. Eine Fahrt von etwa 1,5 Stunden, aber wir hatten ja sowieso keine Verpflichtungen.
Dort hatte dann einer der Jungs, Jim, die Idee, dass wir uns ja mal ein bisschen Stoff besorgen sollten. Wir waren alle neugierig darauf, weil wir natürlich von diversen Drogen gehört hatten und als der Vorschlag von ihm kam, waren wir natürlich Feuer und Flamme dafür.
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Way Out
FanfictionLondon - Touristenmagnet und schillernde Metropole. Aber auch Heimat von Hoffnung und Hilflosigkeit. Louis arbeitet als Streetworker und hat es sich zur Aufgabe gemacht, Jugendlichen, die auf der Straße leben, eine neue Perspektive zu bieten. Harr...