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Der Herbst in Berlin war außergewöhnlich warm und trocken.

Dag fuhr mit seinem Fahrrad eine scharfe Rechtskurve, immer geradeaus, bis hin zum Studio.

Vincents Wagen machte er direkt aus, als er seinen Drahtesel parkte.

Die Kippe, die er während der Fahrt geraucht hatte, warf er nun auf den Boden und trat sie aus, ehe er zum Eingang marschierte.

Mit seinem Schlüssel öffnete er die Türe. »Wilmaaa. Ich bin zu Hause.« , rief er lautstark.

»Ach. Schon zurück?« , erklang Vincents Stimme.

Dag ging hinauf und traf seinen besten Freund vor dem Bildschirm sitzend an. »Oui. Mon frère.« Er nahm sich den Stuhl, setzte sich hin und rollte zu ihm.

»Hätte dich ja nicht so früh wieder erwartet.« Vincent blickte weiterhin auf den Monitor, ehe er dann doch seine Augen auf Dag richtete und ihn anlächelte. »Und?«

Der schüttelte den Kopf. »Vielleicht war es gar kein Hinweis. Möglicherweise ... hast du Recht, und es war nur dahergesagt, damit ich aufhöre zu sabbeln.«

»Es tut mir leid. Aber ... dann kannst du ja jetzt ... das Kapitel schließen.«

»Ich versteh' das echt nicht. Vom ersten Tag an, da war irgendwas zwischen uns, und ...«

»Sexuelle Begierde nennt sich das.« Vincent beäugte wieder seinen Bildschirm.

»Nein. Da ... war mehr.«

»Was hältst du von einem Doppel-Date? 'ne Freundin von Ina fährt auf dich ab.« , meinte er sagen zu müssen, um Dag dabei zu helfen, dieses Kapitel endlich hinter sich zu lassen.

Seit er von den Malediven zurückgekehrt war, gab es fast kein anderes Thema, als die Frau, die er dort kennengelernt hatte. Beziehungsweise, von der er nicht viel wusste, aber die er gerne wiedersehen würde.

Eigentlich war er mit drei Freunden am aufgeführten Ort gewesen, doch seine Aufmerksamkeit hatte er direkt auf die Dame gelegt, die ihn am Strand mehrmals angelächelt hatte, und die er kurz danach auch angesprochen hatte.

Juliette. Sechsundzwanzig Jahre jung. Schlank, doch mit ein wenig Rundungen an den richtigen Stellen ausgestattet. Rotbraunes Haar und die schönsten dunklen Augen, die er je gesehen hatte. Zumindest hatte Dag sie genauso beschrieben.

Dreimal war er seit seiner Rückkehr in Paris gewesen. Irgendwie hatte er die Hoffnung gehabt, ihre Aussage, die sie getätigt hatte, wäre ein Hinweis darauf entsprungen, das sie in der Lichterstadt leben würde. Doch Fehlanzeige. Denn er hatte sie nirgends antreffen können.

»Ich weiß nich'.« , murmelte Dag.

»Ablenkung würde dir guttun.«

Hatte sein bester Freund eventuell Recht?

Hatte er sich zu sehr auf eine Sache fixiert, die wahrlich nie mehr als ein kleines amouröses Abenteuer gewesen war?

Juliette und er hatten selbstverständlich die Tage über nicht nur den geschlechtlichen Akt ausgeübt, der sogar sofort in der ersten Nacht praktiziert wurde. Nein, die beiden hatten auch Stunden an der Bar verbracht, waren spazieren, auf einem Boot unterwegs gewesen oder lagen faul am Strand herum.

Einfach ... allgemein normale Dinge.

Weshalb er es auch mehr als schade empfand, dass sie ihn nicht besser kennenlernen wollte. Er verstand ehrlich gesagt den Sinn dahinter nicht.

Mit ihr hatte sich auf Anhieb alles so ... normal angefühlt. Außer der Umstand, das sie nichts Privates von sich erzählen wollte und auch nicht versessen darauf war, etwas von seinem Leben zu erfahren.

Wieso hatte sie Paris vorgeschlagen?

Sie hätte tatsächlich jeden anderen Ort der Erde vorschlagen können. Erst Recht einen, der ... nicht so leicht zu erreichen war.

Wollte sie ihn im gegebenen Moment doch wiedersehen?

»Dag?«

»Ja?« Aus seiner Tagträumerei entrissen schaute er Vincent an, der ihm sein Handy präsentierend hinhielt.

»Das ist Alexa.«

Er nahm das iPhone in seine Hände und blickte auf das Bild. Eine junge Frau mit goldbraunem schulterlangen Haar, die sich neben Ina, Vincents Freundin befand, lächelte leicht in die Kamera. Ihre Augen waren hellblau und sie sah im Grunde gut aus. Zumindest wirkte sie auf dem Bild so. Ina lächelte ebenfalls, jedoch erschien es bei ihr natürlicher.

Vincent und die Blondine waren seit fast zwei Jahren ein Paar. Er hatte die Radio-Moderatorin bei einem Interview kennengelernt. Und ... es lief ohne Probleme direkt in die richtige Richtung.

So einfach hätte Dag es auch mal gerne gehabt.

Doch er lernte irgendwie nur Frauen kennen, die mal mit ihm in die Kiste wollten, oder direkt das volle Programm. Wobei Letztere, eher den Musiker in ihm sahen, statt den Menschen.

Sozusagen feierten sie nur das, was er präsentierte ... was er darstellte. Sie machten sich ein Bild von ihm, aufgrund Dinge, die er auf der Bühne machte, oder, was er so besang.

Vielleicht empfand er die kurze Zeit mit Juliette deshalb so ... erquickend. Sie hatte keine Ahnung, mit was er seinen Lebensunterhalt verdiente, sondern hatte Interesse an den Menschen gehabt ... wenn auch nicht gänzlich.

Er atmete tief ein. Im Grunde wollte sie ja gemeinhin genannt nur das Eine von ihm. Und daraus hatte sie ja tatsächlich kein Geheimnis gemacht. Sie hatte von vornerein gesagt, sie möchte nur ein wenig Spaß. Ein bisschen guttun. Eine Winzigkeit vom großen Ganzen.

Dag betrachtete weiterhin das Bild dieser Alexa.

Vincent hatte Recht. Wozu ein Kapitel wieder und wieder lesen?! Eine Änderung der bereits vorhandenen Sätze gäbe es so oder so nicht. Man konnte nur weiterlesen, um zu erfahren, wie das Buch weiterging.

»Ja. Dann ... mach ein Treffen aus.« , sagte er schließlich.

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