| 59 |

367 16 6
                                    


~ 2 Wochen später ~

84...85...86...

Rain wusste nicht mehr, wie oft sie schon die Ziegelsteine ihrer Zelle gezählt hatte. Ihr schien es, als würden sie Tag für Tag mehr werden. Als ob diese verdammten Steine ihre Freunde holen würden, um sich in dieser Wand zu tummeln und auf sie herab zu Blicken. Sie lachten sie aus, da war Rain sich sicher. Diese verfluchten Steine lachten sie aus. Rains vom Dreck pechschwarzen Fingerkuppen näherten sich einem Halm des Strohhaufens, der seit 2 Wochen ihr Schlafplatz war. Sie nahm ihn, legte ihn vor sich ab und suchte sich den nächsten. Das hatte sie ebenfalls schon so oft getan, dass Rain gar nicht mehr wusste, wie viele Bilder aus Strohhalmen sie bereits gelegt hatte. Ihr Körper schmerzte noch immer bei jeder Bewegung die sie tat. Ihre Verletzungen heilten, allerdings nur sehr sehr langsam, weshalb Rain noch immer mit ihren klaffenden Wunden zu kämpfen hatte. Auch ihre Hämatome wollten nicht verschwinden. Es war, als hätte ihr Körper sie einfach aufgegeben und ihr Verstand wartete nur noch darauf, dass endlich der Sensenmann vorbei schaute, um sie von ihrem elend zu erlösen. Sie hatte keinen Lebenswillen mehr. Nicht nachdem, was passiert war. Die Whitebeard Piraten gab es nicht mehr. Der rote Shanks hatte den Krieg beendet und Ruffy galt seitdem als verschwunden, wenn nicht sogar als Tod. Was mit den restlichen Whitebeard Piraten geschehen war, wusste sie auch nicht. Aufgelöst, so hieß es. Verstreut, irgendwo auf dieser Welt. Blackbeard bereitete es einen Heidenspaß, Rain jeden Tag aufs neue die neuste Zeitung vorzulesen. Jeden verdammten Tag stand eine neue Horrormeldung auf der Titelseite. Die Welt spielte verrückt. Piratenbanden rückten aus, um Whitebeards Gebiete zu erobern und die Menschen in die Knie zu zwingen. Es wurde zerstört, geschändet und gemordet und es war niemand mehr da, der etwas dagegen unternehmen konnte. Die Marine war wie so oft nicht zu gebrauchen. Sie schaffte es einfach nicht, den neuen Piraten, die glaubten Whitebeards Platz als Kaiser einzunehmen, Einhalt zu gebieten. Dafür waren es zu viele. Seitdem Rains wahre Natur ans Tageslicht gekommen war, überschlugen sich plötzlich die Verschwörungstheorien. Rains Lieblingstheorie war, dass sie eine neue mechanische Waffe der Marine sei, die außer Kontrolle geraten war. Andere wiederum behaupteten, Rain sei eine Gottheit, die auf die Erde gekommen war, um die Menschheit für ihre Sünden zu bestrafen. Einige beteten sie sogar dafür an. Die meisten jedoch, schienen wahnsinnige Angst vor ihr zu haben. Es gab viele, die nicht glaubten, dass es die Heiligtümer des Todes aus den Legenden wirklich gäbe. Andere jedoch glaubten es und fingen an, nach den anderen drei Elementen zu suchen. Rain war klar, dass das alles ihre Schuld war. Aiden hatte sie gewarnt und wie immer wollte Rain nicht hören. Sie hasste sich dafür. Sie bereute es zutiefst. Mittlerweile ist sie sich nicht einmal mehr sicher, ob es wirklich die richtige Entscheidung von Whitebeard gewesen war, Ace retten zu wollen. Zu welchen Preis? Er, sowie viele andere waren dabei gestorben. Für was? Einen einzigen Menschen? Rain schüttelte den Kopf, woraufhin ihr Schädel mächtig zu hämmern begann. Der Schmerz durchzog ihren Körper wie ein Blitzschlag. Nein... sie hätte es immer wieder getan. Egal was es gekostet hätte, sie wäre immer wieder losgezogen und hätte Ace gerettet. Allerdings wäre sie dabei lieber gestorben. So war es für alle das beste. Sie war ein Monster, dass es nicht verdiente zu leben. Die Blauhaarige raffte sich auf. Kläglich, wie ein neugeborenes Reh mit zitternden Beinen, zog sie sich die kalte Steinwand nach oben, bis sie schwankend zum stehen kam. Ihre Ketten rasselten, während sie humpelnd auf den Strohhaufen am Boden zu wankte. Sie hatte jetzt schon seit zwei Wochen keinen einzigen Sonnenstrahl mehr gesehen. Sie wusste nicht einmal, ob es Tag oder Nacht war, denn dieses Loch in dem sie festsaß besaß keine Fenster. Kraftlos ließ sich die junge Frau fallen und rollte sich wie ein Embryo zusammen. Sie wollte weinen, doch sie hatte bereits zu viel geweint. Es kam einfach nichts mehr aus ihren Augen heraus. Nur ein leises wimmern verließ ihre trockene Kehle. Wie lange sie wohl noch auf ihren Sensenmann warten musste? Sie hoffte, er würde sie bald holen kommen. Ihr Magen hatte es aufgegeben, nach Essen zu fragen. Seit 2 Wochen hatte sie nichts mehr zu essen bekommen. Lediglich einen Schluck Wasser gönnte Blackbeard ihr, allerdings auch nur damit sie am Leben blieb. Teach schlenderte jeden Tag fröhlich gelaunt, mit einem lieblichen Lied auf den Lippen zu ihr herunter. Jeden Tag hatte er ein Tablett mit dem köstlichsten Essen dabei, dessen Duft Rain jedes mal aufs neue um den Verstand brachte. Und jeden Tag aufs neue fragte Teach sie, ob sie seiner Crew beitreten wollte. Bis jetzt hatte Rain immer wieder verneint, doch so allmählich verließ sie die Kraft dafür. Schon einige male erwischte Rain sich bei dem Gedanken einfach Ja zu sagen, nur um in diesen köstlichen Rollbraten mit dieser leckeren dunklen Soße beißen zu können. Wie gerne würde sie sich einen kräftigen Schluck Wasser gönnen, der nicht nur ihre Lippen befeuchtete, sondern ihren unerträglichen Durst stillen würde. Doch jedes mal wenn sie mit diesem Gedanken spielte hörte sie eine leise, schwache Stimme in ihrem Hinterkopf, die ihr zurief es nicht zu tun. Sie wusste nicht, wessen Stimme es war. Sie kannte diese Stimme, aber es war nicht ihre eigene. Vielleicht die Stimme ihrer Vernunft? Oder es war einfach nur der Wahnsinn, der von ihr Besitz ergriffen hatte und sie allmählich Halluzinieren ließ. Es war mal wieder soweit. Rain hörte den Schlüssel von Blackberad, der oben die Tür entriegelte. Sie kannte mittlerweile das Geräusch seiner schweren Schritte, wenn er die schmale Holztreppe hinunterstieg. Wie jeden Tag schwebte ein fröhliches Liedchen um ihn herum. Wie jeden Tag konnte Rain sein Herz pumpen hören, als würde sie ihr Gesicht gegen seine Brust pressen. Seitdem Tag ihrer Verwandlung konnte sie es hören. Die Herzschläge der Leute, die um sie herum waren. Sie hörte das Blut rauschen, wie es durch die Adern der Leute floss. Und sie konnte es hören, wenn ein Herz nicht mehr schlug. Es verstummte, wie Musik, die man abgestellt hatte. Ab dem Moment, an dem sie hörte wie ein Herz zu schweigen begann war Rain bewusst, was Blackbeard dort oben über ihrem Kopf so trieb. Er mordete. Manchmal konnte sie die Schreie seiner Opfer hören, doch meistens war es nur das erlöschen eines Herzschlages, das Rain verriet, das mal wieder eines von Blackberads Opfern es nicht geschafft hatte. Doch heute war etwas anders. Etwas fehlte. Der Geruch von Essen war nicht da. Teach tauchte ohne seine Bestechungsmahlzeit auf. Das musste einen Grund haben, das wusste Rain. Bis jetzt kam Teach immer zu exakt der selben Uhrzeit zu ihr hinunter und jedes mal aufs neue hatte er Essen bei sich. Er war ein Gewohnheitstier. Das er dieses mal kein Essen bei sich hatte, bedeutete etwas. Rain konnte das fletschen seiner Mundwinkel hören, als Teach vor ihrer Zelle zum stehen kam und seine widerwärtige Visage zu einem schiefen grinsen verzog.

The Deathly Hallows [One Piece FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt