Kapitel 44 ~ * Little break *

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Meine Nacht war eher schlaflos, der anhaltende Schmerz in den Beinen war ein Grund und die Albträume ein anderer. Ich hatte sie immer mal wieder, während ich hier war, jedoch nicht so oft, wie vor der Reise. Besonders schlimm waren sie, wenn ich alleine war. Was einfach daran lag, dass ich die Augen öffnete und er fehlte. Er und seine Nähe.
Ich würde ja wohl ein paar Nächte ohne ihn auskommen...
Nach einem erneuten hoffnungslosen Versuch einzuschlafen machte ich das Licht an und griff nach meinen Laufschuhen.

Leise schloss ich meine Zimmertür hinter mir und ging runter. Es war 4 Uhr morgens und noch ziemlich dunkel aber die Realität konnte nicht viel Furcht einflößender sein als diese Träume. Manchmal vermischten sich die Nachrichten mit den Albträumen die ich als Kind in Mexiko hatte.
Der Mond leuchtete mir den Weg und ich rannte los, wurde immer schneller und hielt erst an, als ich kaum noch Luft bekam. Kaum war ich stehen geblieben, liefen mir die Tränen. Ich dachte an meine Mam, an Tom und an meinen Vater. Ich dachte an die Albträume und die Kinder die in New York verschwunden waren. Die Erinnerung an die Entführung von Juli und die Zeit, in diesem Keller. Dem Kinderkrankenhaus. Es war jetzt schon das Zweite bei dem uns bewusst wurde, dass die Gesellschaft sie entführte. Kinder. Ohne Rücksicht auf Verluste hatten sie auch Schulen angegriffen. Mir kam der Gedanke auch dort, mehr Aufmerksamkeit drauf zu legen. Kraftlos ließ ich mich einen Moment auf dem Boden nieder und blieb auf dem Rücken liegen bis ich mich beruhigt hatte. Ich schickte Ly und Moby eine Nachricht mit der Bitte die Schulen zu kontrollieren, die in den vergangenen Jahren geschlossen wurden.
Danach dachte ich unentwegt an meinen Vater...
Ein lauer Wind, fauchte durch die Bäume und machte die Hitze nachts erträglicher.
Langsam laufend, im gleichmäßigen Tempo kehrte ich dann zurück. In Dimitris Zimmer brannte noch immer Licht und ich fragte mich, ob er wohl schon schlief. Als ich aber ins Hotel kam und ihn unten an der Bar sitzen sah, erklärte sich die Frage von selbst. Ich versuchte mich zunächst unauffällig an ihm vorbei zu schleichen, damit er keine unangenehmen Fragen stellen konnte aber er bemerkte mich natürlich.
»So früh schon laufen?« Er sah mich nicht an, drehte sich nicht um.
»Ja der Weg draußen ist einladend.« Ich nickte dem Barkeeper zu, der mir eine Flasche Wasser reichte und seufzte.
»Konntest du nicht schlafen?«, fragte er nach.
»Nicht viel. Also, ich geh mich dann mal frisch machen.« Schnell lief ich die Treppe rauf und schloss meine Zimmertür hinter mir. Ich wollte nicht über diese Gedanken reden.

Ich sprach nie über die Albträume. Ich war kein Kleinkind mehr und sollte mich im Dunkeln nicht fürchten. Doch manchmal, wenn alles leise war, krochen die Erinnerungen in der Dunkelheit zu mir und ich fand keine ruhige Minute.
Ich liebte den Anblick der Nacht, fürchtete ihn aber ebenso sehr. Nicht die Nacht selber. Die Gedanken, die dann kein Ende fanden. Schwer aufatmend schaltete ich nach dem Duschen das Licht aus und versuchte mich zu beruhigen, aber es klappte nicht recht.
Die Angst blieb.
Die Erinnerungen aus den Träumen blieben und spannen ihr Netz aus Gedanken immer weiter, dichter und schließlich kroch das Gefühl in mir rauf, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Ich zitterte. Das musste ich auch alleine in den Griff kriegen.

Irgendwann zwischen den Gedanken und dem Zittern, kehrte langsam Wärme in meinen Körper zurück. Wohlige Hitze. Erst jetzt bemerkte ich ihn. Vernahm sein leises, raues Flüstern an meinem Ohr. »Du tust es immer noch. Wieso kommst du nicht zu mir, wenn du Angst hast und nicht schlafen kannst Angel? Das mit Tom ist noch nicht so lange her und ich weiß, dass du viele Fragen bezüglich deiner Eltern hast... Du musst nicht darüber reden, du kannst trotzdem zu mir kommen.« Es brauchte eine Zeit lang, bis ich Worte fand, bis sich mein Netz wieder auflöste und ich überhaupt sprechen konnte.
»Ich wollte dich nicht stören... Schließlich bin ich kein Kind mehr«, flüsterte ich ebenso leise, wie er. Er legte seine Hand auf meine Schulter und drehte mich zu sich.
»Rede keinen Unsinn, du musst dich nicht alleine herumquälen. Du kannst auch jederzeit zu Dante oder einem meiner Männer gehen, wenn dir meine oder ihre Nähe Sicherheit gibt, dann nimm sie an.« In seinen Armen fand ich immer irgendwie, irgendwann Schlaf. Je ruhiger er war, umso ruhiger wurde ich. Endlich fand ich Schlaf. Es war verrückt, wie sehr man einen Menschen plötzlich brauchte. Wenn es sich um meine eigene Gefühlswelt drehte, konnte ich mich nur langsam öffnen.

Loyalty - heart reflection (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt