Der Wind wirbelte, als der Zauberer, der Zwerg und der Hobbit am See eintrafen. Dieses Mal bedeckten dichte Wolken den Mond und die Sterne. Die Suchenden konnten nicht einmal die Hand vor Augen erkennen. Die Luft erschien still, ohne ein leises Grillenzirpen war sie reglos und schwül.
»Es ist zwecklos. Wir finden ihn nie. Lasst uns umkehren!«, murrte Thorin frustriert, als er das ganze Ufer abgelaufen war. Verzweiflung ließ sein Gesicht ernst werden.
»Na na, so schnell geben wir nicht auf! Versucht es nochmal am Ostufer, hinter dem kleinen Hügel! Na, macht schon!«, forderte Gandalf sie auf. Sein Zauberstab schenkte ihnen Licht, jedoch ähnelte es dem Tageslicht kaum.
Immer wieder ging Bilbo das Szenario im Kopf durch. Er hatte den Arkenstein den ganzen Tag über noch gehabt. Konnte er ihm später aus der Tasche gefallen sein? Panisch huschte er über den Boden. An einer Stelle im groben Sand kniete er schließlich nieder, legte die Stirn in Falten und stützte den Kopf auf seiner rechten Hand ab. Gerade als der Hobbit das Rätsel aufgeben wollte, strich überraschenderweise ein leichter Windzug über die lockere, hellbraune Sandschicht. Feine Körner flogen dahin und gaben die Sicht auf das, was darunter lag, frei.
Bilbos rechte Augenbraue wanderte in die Höhe. Ovalförmige Schatten hatten sich auf dem Boden gebildet. Aber nein, da war etwas anderes! Bilbo sprang auf.
»Ich habs!«, rief er überschwänglich. »Ich habe die Antwort gefunden!«
»Und wie lautet sie?«, fragte der Zauberer über seine Schulter hinweg. Das Licht des hölzernen Zauberstabs hielt er beinahe in das Gesicht des Hobbits, der daraufhin schnell zur Seite sprang.
»Das sind Spuren! Jawohl, waschechte Fußabdrücke! Eines Diebes möchte ich annehmen.« Mit gerunzelter Stirn trat auch Thorin näher und beugte sich tief. Mit stolzem Blick sprach er:
»Du hast recht!« Die Abdrücke waren größer als jene eines Zwerges. Zudem waren die Schuhe deutlich schmaler.
»Sie führen nach Süden. Direkt zu dem Steg der Waldelben.« Gandalf brummte überlegend. Nachdenklich fragte Bilbo: »Du glaubst doch nicht etwa, dass ihn möglicherweise die Elben ...«
»... gestohlen haben?«, beendete Gandalf den Satz. »Nun, wenn ihr ihn hier nicht finden könnt, muss ihn wohl oder übel jemand anderes in die Finger bekommen haben.« Eine altbekannte Wut loderte in Thorin auf. Aber dann dachte er daran, dass Bilbo ihn einst ermutigt hatte, sein Temperament zu zügeln.
»Vielleicht waren es die Menschen. Sie könnten aus der Seestadt gekommen sein«, brachte Thorin seine Überlegungen ein. Seine rechte Hand strich überlegend durch den schwarzen Bart, die Arme hielt er verschränkt. Wann immer er sprach, blickte er zu Bilbo.
Gandalf sprach: »Ich glaube nicht, dass sie sonderliches Interesse an dem Schatz haben. Nicht jetzt, da ihnen so viel Reichtum zuteilgeworden ist.« Während Gandalf weitere Überlegungen in den Raum warf, schlich der Halbling lautlos davon.
Das schwache, gelbe Licht des hinter den Wolken hervorkriechenden Mondes reichte gerade aus, um ihn an die Uferkante zu führen. Die Fußabdrücke mündeten tatsächlich im Nichts. Mit zusammengekniffenen Augen blickte Bilbo über die pechschwarze Wasseroberfläche. Ein dunkles Gefühl schlich in seine Kehle. Niemals hätte er den Arkenstein aus den Augen lassen dürfen. Nicht in der Unberechenbarkeit einer noch gefährlichen Welt. Doch er erkannte schnell, dass Selbstvorwürfe keinen Zweck hatten. Sie mussten den Dieb fassen!
In Bilbos Hinterkopf tickte unaufhörlich eine Uhr. Er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Völlig außer Atem kehrte er zu den beiden anderen zurück und stammelte: »Die Fußabdrücke sind schmal und groß. Sie führen zum Steg. Ich glaube, es sind die Elben. Sie haben den Arkenstein vereinnahmt.« Thorins Arme lösten sich augenblicklich aus ihrer Verschränkung. Der König ballte die Hände zu Fäusten. Eine Beleidigung auf Khuzdul entfloh seinem Mund. Mit entschlossenem Schritt wollte Thorin vorangehen, da hielt ihn Gandalf zurück.
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A Second Chance | Bagginshield
FanfictionBilbo ist gemeinsam mit Frodo nach Valinor gereist, wo er seinen Ruhestand genießt oder es zumindest versucht. Als eines Tages schließlich eine Elbin auftaucht und ihm die Chance gibt, zurück in die Vergangenheit zu reisen und sein Schicksal zu verä...