Alte Schriften

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Von einer steinernen Bank aus beobachtete Bilbo, wie Kyria ein augenscheinlich unerfreuliches Gespräch mit Thorin führte. Er wusste, dass dem König Elben schon immer suspekt gewesen waren. Der Zauberer, der sich zum ersten Mal seit langem wieder eine Pfeife angezündet hatte, ließ sich neben dem Hobbit nieder.

»Ist es vorbei?«, fragte Bilbo hoffnungsvoll. »Ist Smaug besiegt? Ist Thorin in Sicherheit?« Gandalf schwieg, hielt den Blick fest nach vorne gerichtet und wartete.

»Wenn du Antworten suchst, bin ich nicht der richtige.« Sein Blick glitt von dem Hobbit zu Kyria, die verzweifelt versuchte, ein gewöhnliches Gespräch mit dem Zwerg zu führen.

Bilbo erkundigte sich: »Woher weiß Kyria das alles? Als sie mir in der entscheidenden Nacht begegnet ist, hat sie mir von dem Arkenstein erzählt, dass er ungeahnte Kräfte besäße.« Thorins Tonfall wurde lauter. Er war nicht bereit, über seine Sturheit hinwegzusehen. Stattdessen rief der Zwerg: »Mir bleibt keine Zeit für ein Gespräch! Wir haben noch immer ein Juwel zu finden!«

Die Elbin blieb verwundert zurück, als der König die Treppen hinaufschritt. Sie drehte sich zu den beiden um, senkte den Kopf und trat näher. Verzweifelt sagte sie: »Ich habe alles versucht, doch er will mir nicht einmal zuhören.« Ein tiefer Atemzug folgte. Wenn selbst die mächtige Kyria mit der Frustration zu kämpfen hatte, wie sollte es dann weitergehen?

»Sie werden den Arkenstein nicht finden«, erklärte die Elbin.

»Wo ist er?«, fragte Bilbo mit gerunzelter Stirn.

»Ich weiß es nicht. Nachdem seine Kraft aktiviert wurde, habe ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Doch eines ist sicher, in der großen Halle kann er nicht sein. Keines der wichtigsten Relikte ist mehr dort, wo es einst gewesen ist.«

Mit jeder Antwort, die Kyria gab, tauchten zehn weitere Fragen auf. Bilbo unterließ es, eine weitere zu stellen. Der erschöpfte, schweißgebadete Bard kam den Dreien entgegen. Seit seinem erfolgreichen Schuss hatte kaum einer ein Wort mit ihm gewechselt, gar so, als wäre seine Anwesenheit und sein Erfolg bedeutungslos.

»Bard!«, lobte ihn der Meisterdieb deswegen. »Du hast es geschafft, du hast den Drachen erfolgreich erlegt!«

Der Mensch freute sich über die kleine Anerkennung, allerdings wollte er so schnell wie möglich zurück in seine Heimat.

»Ich danke dir, doch scheint meine Tat den anderen kaum aufgefallen zu sein. Mein Weg führt mich nach Hause, und du, kleiner Hobbit, hast doch bestimmt auch eines, weit weg von hier, wenn ich mich nicht irre?« Es tat gut zu wissen, dass ihnen zumindest eine Katastrophe erspart blieb.

Anerkennend antwortete Bilbo: »Ja, doch werde ich noch ein Weilchen bleiben. Die Gemeinschaft der anderen ist gut zu ertragen, nach einer Zeit gewöhnt man sich an ihre Art. Sie sind dir sehr dankbar, auch wenn sie es nicht offen preisgeben.«

Bard überdachte die Worte des Hobbits. Er schenkte ihnen Glauben.

»Vielen Dank für alles, was du für uns getan hast. Die Bewohner des Erebors werden es auf ewig zu schätzen wissen«, beendete Gandalf das Gespräch. Sie verabschiedeten sich. Danach kehrte eine lange Ruhephase ein.

~~~

Thorin erinnerte sich an den Traum. Den gesamten Tag über konnte er nicht aufhören, daran zu denken. An ihn zu denken. In seinem Schlafzimmer, dem größten und prächtigsten des Erebors, holte der König zur Ablenkung eine alte, beige Schatulle hervor, die unter einer riesigen Staubdecke lag. Sorgsam pustete er die weiße Schicht von dem Deckel, öffnete sie mit einem langsamen Knarren und atmete tief ein.

Viele Zettel mit alten Notizen füllten die rechteckige Kiste, die sein Großvater einst eigenhändig geschnitzt hatte, nachdem die alte abgenutzt worden war. Beschrieben waren alte Erinnerungen, besonders die guten Zeiten. Es wurde von Festen berichtet, ihrer Arbeit und der Gemeinschaft. All diese Notizen schenkten dem König einen Lichtblick, eine Aussicht auf eine fabelhafte Zukunft und ...

A Second Chance | Bagginshield Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt