Es war ein steiler Pfad, den es zu erklimmen galt, und je höher die Gemeinschaft kam, desto schwerer wurde die Luft. Das Gebirge war vertrocknet, die letzten Grashalme schnitten in die Haut.
Bilbo machte Halt und betrachtete den einsamen Berg, der größer war als in seiner Erinnerung. Wie ein Gemälde lag er in den kahlen Bergen. Der Hobbit schluckte und schloss beide Augen.
Da erklang mit einem Mal eine tiefe Stimme: »An deiner Stelle würde ich augenblicklich umdrehen. Es ist ein gefährlicher Pfad, den du eingeschlagen hast.«
Erschrocken zuckte der Hobbit zusammen. Die dunklen Haare des Königs wehten sanft im Wind, während seine eisblauen Augen den Halbling durchbohrten.
»Aber Thorin. Das kannst du doch nicht so meinen!«, stotterte der Meisterdieb. »Hast du es immer noch nicht verstanden?«, fragte er irritiert. »Ich werde euch nicht verlassen, ehe beendet ist, was wir gemeinsam begonnen haben.«
»Ich schätze diese Einstellung. Doch ich fürchte, du unterschätzt die Situation.« Der Traum letzter Nacht durchfuhr den Meisterdieb, welcher sich alles andere als bereit für die kommenden Stunden und Tage fühlte.
Mit einem herrischen Ton fuhr Thorin fort: »In diesen Gemäuern wartet ein Drache. Kein kleiner Drache, wie aus den Geschichten, die man sich wahrscheinlich in deinem Dorf erzählt. Er ist hundertmal so groß wie wir.«
»Aus seinem riesigen Maul kommt Feuer, das eine ganze Stadt in Flammen legen kann. Seine Sinne sind scharf, er könnte einen an seinem Geruch erkennen, selbst wenn man unsichtbar ist«, vollendete Bilbo seinen Satz.
Thorins Blick weitete sich. »Geht weiter!«, rief er den anderen Zwergen zu. Niemals gab er zu, aus welchem Grunde er die nächsten Worte aussprach.
»Ich möchte, dass du jetzt gehst.« Der kleine Hobbit schüttelte den Kopf, lächelte kurz, bis er bemerkte, wie ernst diese Aussage gemeint war. Ernst blickte er seinem Gegenüber in die blauen Augen.
»Thorin, bist du des Wahnsinns? Das kannst du nicht von mir verlangen.« Schwermütig schüttelte Thorin den Kopf. »Wer soll ohne mich den Arkenstein aus den Tiefen von Gold befreien? Nur dazu bin ich hier. Um euch zu helfen. Um dir zu helfen.« Der Hobbit wollte den anderen folgen, da stellte der König sich mit verschränkten Armen vor ihn.
Trocken sagte er: »Am besten wartest du, bis der Zauberer zurückkehrt. Dann kann er dich zurück nach Hause bringen. Es wird bestimmt nicht allzu lange dauern.«
Wie gerne hätte Bilbo geflucht, so laut, dass es den gesamten Berg und noch besser, die Stadt beschallte. Mit aller Mühe fuhr er fort: »Du meintest, ich wäre ein wichtiger Teil der Mission. Erinnerst du dich nicht mehr daran, dass du mir dein Wort gegeben hast? Dass du mich nicht mehr fortschicken würdest? Zudem habe ich einen Vertrag unterzeichnet, und zwar genau ...«, Bilbo griff in die Tasche seiner roten Jacke, »den hier.«
Erhobenen Hauptes reichte er seinem Gegenüber den Schriftzug. Mit Entsetzen beobachtete Bilbo, wie dieser in der Mitte zerriss. Eine Hälfte fiel zu Boden. Die Zweite warf Thorin erbarmungslos den tiefen Hang hinab.
»Ich bin dankbar für deine Hilfe, doch deine Aufgabe ist hiermit beendet. Leb wohl.« Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, schritt Thorin den Hang entlang und rannte schließlich.
Natürlich versuchte der einstige Meisterdieb, ihn einzuholen, schnappte sich vorher die übrig gebliebene Hälfte des Vertrages und rannte mit aller Kraft, die sich in seinen Beinen befand, hinterher. Doch der Weg war zu lang und sein sorgfältig vorbereiteter Plan hinter dem Horizont verschwunden. Voller Wut fiel er auf den Boden, wo Tränen sein Gesicht benetzten.
Niemals hatte er mit einer solchen Reaktion gerechnet.
War es möglich, dass die Drachenkrankheit schon Meilen vor dem Berg einsetzte?
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A Second Chance | Bagginshield
FanficBilbo ist gemeinsam mit Frodo nach Valinor gereist, wo er seinen Ruhestand genießt oder es zumindest versucht. Als eines Tages schließlich eine Elbin auftaucht und ihm die Chance gibt, zurück in die Vergangenheit zu reisen und sein Schicksal zu verä...