Die Schlacht

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Durch das schmale Fenster waren die ersten Lichtstrahlen des unpassender weise golden leuchtenden Morgens zu erahnen, die Bilbo langsam aus dem Schlaf zogen. Sein Kopf brummte, ebenso schmerzten seine Beine, fast so, als wäre er in einem Stück durch ganz Mittelerde gewandert.

Der Hobbit schaute auf und nahm das Licht wahr, das einen intensiven Orangeton angenommen hatte. »Es ist faszinierend, welche Farben die Sonne annehmen kann«, dachte Bilbo im Halbschlaf und fragte sich, wieso er ebensolche Gedanken hegte. Ähnliche Gedanken über das Leben waren ihm zuletzt in Valinor gekommen, durch all die Melancholie, die er so lange mit sich herumgeschleppt hatte. Sein Leben war vielseitig gewesen, doch zu lange eintönig, und es war nicht leicht zu beantworten, ob er wirklich glücklich gewesen war.

Bilbo öffnete auf Zehenspitzen das runde Fenster, durch das milde und reine Herbstluft in seine Lunge strömte sowie in seinen Verstand, der im Vergleich zu den letzten Tagen ganz klar war, als hätte er zuvor durch milchiges Glas geschaut. In seinem Inneren bildeten sich Fragen, die er ebenso schnell verwarf, wie sie gekommen waren. Die anderen waren vermutlich schon aufgebrochen; es blieb keine Möglichkeit, um Zeit zu schinden. Also warf er einen Blick auf das Amulett, das blau schimmerte. Die Leuchtpartikel waren so intensiv, dass er nach wenigen Sekunden zur Seite schauen musste, um sich nicht zu blenden.

»Ich bin verrückt«, dachte Bilbo. »Ich bin ein verrückter, ein närrischer Beutlin. Doch ich kann Thorin nicht im Stich lassen. Niemals

Alles, was er an Gepäck mitnahm, war der Ring, sein Schwert, Stich und einen zusammengerollten Zettel, bestehend aus einer Seite seines Buches, den er für den schlimmsten Fall angefertigt hatte. Vor seiner Tür wartete ein ihm allzu bekanntes Gesicht, mit dem er nicht gerechnet hatte, sodass er einen Moment innehielt, bevor er einen normalen Geisteszustand erreichte.

»Gandalf. Das ist aber eine Überraschung!«, sprach Bilbo müde. Der Zauberer sah gar nicht glücklich aus, wo er doch sonst so vergnügt war.

»Ich nehme an zu wissen, wo dich deine Füße hintragen werden, Bilbo Beutlin. Du wirst ihnen folgen.« Der Hobbit schielte in die rechte Seite des steinernen Flurs, die so leer wirkte wie noch nie zuvor.

»Ich werde dich gewiss nicht aufhalten. Nein, ich weiß, dass du das tun musst.« Bilbo wusste nicht, was er sagen sollte. Bestimmt war es kein Geheimnis, dass er ihnen in den Kampf folgen wollte, auch wenn Thorin alles daran setzte, ihn aufzuhalten.

»Ich wünsche euch viel Glück. Auf dass jedes Vorhaben gelingen möge. Und achte auf dich.« Bilbo lächelte bemüht, ehe er sich umdrehte und den schönen, mit seidenen Teppichen und Vorhängen verzierten Raum ein letztes Mal bewunderte.

»Ich danke dir«, nickte er seinem alten Freund entgegen. Nachdem der Hobbit zwei Meter gegangen war, drehte er sich erneut zu dem Graubärtigen und fügte unsicher hinzu: »Für alles.«

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Der letzte Zwerg, den er mit einer ungewohnten Schnelligkeit auffand, war Balin, der mit müden Augen einen Blick auf die Umgebung warf.

»Balin!« Bilbo kam atemlos zum Stehen. »Wo sind die anderen? Sind sie etwa schon fort?« Mit langsamen Bewegungen kam der weißbärtige Zwerg auf ihn zu und fuhr sich über die Stirn, ehe er in eine Richtung zeigte.

»Sie sind bereits vor einer Stunde aufgebrochen. Ich dachte, du wolltest ebenso bleiben.« Der Meisterdieb schüttelte den Kopf und überlegte rasch, welcher Ausgang am dienlichsten war. »Warte. Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«

»Balin, ich muss das tun«, erklärte der Abenteurer fest, während er nach dem Zettel in seinem Beutel griff. »Ich muss den anderen folgen. Die Orks werden nicht nachgeben, ehe sie haben, was sie wollen: Thorin.« Der Zwerg nickte schluckend, trat zur Seite und gab dem Zeitreisenden noch einen letzten Tipp.

A Second Chance | Bagginshield Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt