Für immer

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Selig saß Bilbo in seinem Sessel. Seine Augen funkelten wie der Sternenhimmel, als Thorin hinter der Wand hervortrat. Einige Tage lebte der Zwerg nun bei dem Halbling. Und noch immer lag unbändige Freude in der Luft. Eine Freude - herrlicher als jeder Sonnenschein, jedes Frühstück, jeder Pfeifenzug, jeder Blumenduft und hundertfach schöner als jeder Krumen Gold. Noch immer glaubte Bilbo zu träumen. Doch selbst wenn er es tat, so wollte der Hobbit nicht erwachen.

Thorin hielt beide Arme hinter dem Rücken verschränkt. Dann holte er ein weinrotes Tuch hervor. Doch Bilbo achtete gar nicht auf den Gegenstand, sondern nur auf die schimmernd blauen Augen des einen. Erst als Thorin ihn mit einem »Sieh« weckte, schüttelte Bilbo verträumt den Kopf.

»Das ist er. Der Arkenstein.«

»Der Arkenstein?«, plapperte Bilbo verdutzt. »Das heißt also ... die ganze Zeit über war sie in deinem Besitz: Die andere Hälfte.«

»Ja.«

»Kyria ...«

Ein stummes Nicken. »Die Elbin hat ihn mir vererbt«, erklärte Thorin.

»Hast du sie gekannt?«

»Ja. Auch du kanntest sie.« Thorins Gesicht war von einem tiefen, hellen Lächeln geschmückt, als er Bilbo die Hälfte reichte und sich ihre Fingerspitzen abermals berührten.

»Es ist seltsam, findest du nicht? Dass er wieder leuchtet?« Thorin nickte.

»Die Elbin sagte, er habe seine Macht verloren, als du ... deine Erinnerungen aufgegeben hast.«

»Ja. Das ist der Grund, aus dem sie«, Bilbo stockte, »aus dem sie gegangen ist.«

Sanft wog das Relikt in den Armen des Halblings. Noch immer spürte er die mysteriöse Verbindung dazu. Doch viel wichtiger war die Verbindung zu Thorin. Voller Liebe sah der Halbling dem Zwerg entgegen, als sie nach ihren Händen griffen - ehe Bilbos freie Hand unbewusst über die Oberfläche des Arkensteins strich. Da schienen seine Fingerspitzen elektrisiert. Das Licht verstärkte sich. Plötzlich wurde auch der Kaminsims erleuchtet.

Mit offenem Mund stierten Bilbo und Thorin zu der anderen Hälfte des Arkensteins. Ehrfürchtig erhob sich Thorin und griff nach der zweiten Hälfte des Reliktes.

»Es leuchtet ja wieder!«, bemerkte Bilbo. Seiner Intuition folgend, stand der Hobbit auf und kam samt des halben Arkensteins auf Thorins Hälfte zu. Je näher sich die beiden Fragmente kamen, desto heller leuchteten sie.

»Was bedeutet das?«, japste Bilbo.

Kopfschüttelnd sprach Thorin: »Ich glaube es ...« Dann sahen sie einander wieder bewegt in die faszinierten Augen.

»Komm näher«, bat Thorin und Bilbo tat nichts lieber als das. Als die Hälften nur noch zwei Zentimeter trennten, gab es plötzlich einen Ruck. Wie durch Magie fügten sie sich ineinander - wurden sie wieder eins. Der Arkenstein strahlte wie die Sonne.

»Moment mal ...« Bilbos Augen wurden kugelrund. »Du bist es! Du bist das zweite Fragment!« Freudig erstrahlte Bilbo. »Das ist der Grund, aus dem sie ihn uns vermacht hat. Um uns ...« Er schmunzelte verlegen. »... zusammenzuführen.«

Der Arkenstein funkelte wie eh und je. Thorin, der ihn bis zuletzt in Händen gehalten hatte, machte eine sanfte Bewegung zu Bilbo. Da hatte der Hobbit plötzlich die Idee, dass die Magie des Reliktes wieder intakt sein könnte.

»Glaubst du, dass ...?«

Der Hobbit atmete aufgeregt.

»Ich wünsche es mir für dich«, sprach der Zwerg liebevoll und trat neben Bilbos Schulter. Dann ließ Thorin den vollständigen Arkenstein langsam in Bilbos Hände sinken. Erwartungsvoll schloss der Halbling die Augen. Doch statt des erwarteten Wunders blieb die Luft leer. Alle seine Erinnerungen lagen auch weiterhin vergraben, hinter einem dichten Nebel.

A Second Chance | Bagginshield Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt