Jake POV
Es war dem Jungen anzusehen, wie sehr er unter dem Amoklauf und dessen Folgen litt, aber auch wie erleichtert er war, dass sie Wahrheit nun raus ist. Ich konnte gut verstehen, warum er Angst hatte das alles zu erzählen, trotzdem war es für alle besser dass es geklärt war.
Zusammen mit Cole, der gerade mit Mike telefonierte, liefen wir wieder zurück zu Mila. Sie war vorhin etwas verstört und ich hoffte, dass sie sich wieder beruhigen konnte. Das war alles einfach sehr viel für sie.
Sie wusste, was passiert war, aber sie hat es noch nicht wirklich realisieren können. Sie weiß, dass etwas nicht stimmt und verhält sich dementsprechend, aber sie ist noch nicht in der Realität, was die die Erlebnisse des Amoklaufs angeht, angekommen. Sie beschäftigt sich mit der Schusswunde und hat das inzwischen realisiert, aber auch nur, da sie diese nicht ignorieren kann.
Mila spürt und sieht ihre Verletzungen, sie sind zu real um sie wegzuschieben, anders wie bei dem Amoklauf. Es wird Zeit, dass wir mit ihr darüber reden. Erst wenn sie das annimmt und akzeptiert kann sie beginnen das alles zu verarbeiten und wir können das Ausmaß, wie sehr der Amoklauf sie traumatisiert hat, abschätzen.
Ich habe Mila vorhin mit Absicht mit ein mein Büro genommen. Ihr Verhalten, ihre Unsicherheit und Angst war völlig nachvollziehbar und ich habe schon damit gerechnet, aber ich wollte wissen, wie schlimm das alles ist. Überraschenderweise hat sie das alles ganz gut hinbekommen. Es gab andere Schüler hier im Krankenhaus, die nicht so viel von dem Amoklauf mitbekommen haben, aber denen es deutlich schlechter geht und die sich nicht aus dem Zimmer trauen.
Auf die Schüler wurde in ihrer gewohnten und sicheren Umgebung geschossen. Es ist verständlich, dass sie sich hier in einer unbekannten Umgebung nicht sicher und wohl fühlen. Sie müssen erst wieder lernen Vertrauen in ihre Umgebung zu stecken und das kann ein sehr langwieriger Prozess werden.
„Reden wir gleich mit Mila?", fragte Cole, während er sein Handy wieder weg steckte. „Sollten wir", erwiderte ich. Wir haben ihr die letzten beiden Tage Zeit gegeben, aber es wurde Zeit, dass sie sich der Realität stellte, auch wenn es schwer ist.
Als wir bei ihr im Zimmer ankamen, saß sie bei Alex auf dem Schoß und starrte die Wand an. Wir setzten uns zu ihnen und begannen mit Mila über den Amoklauf zu reden. Sie sträubte sich zu Beginn dagegen, aber ließ nach und nach ihre Erinnerungen zu.
Es war ein gutes Zeichen, dass sie weinte. Das zeigt uns, dass sie beginnt das alles zu realisieren und half ihr gleichzeitig den Druck, der durch ihre Emotionen entstand, auszugleichen. Auch wenn es ihr nicht gut ging und sie sehr überfordert mit der ganzen Situation war, wirkte sie gefasster, als viele andere Schüler.
Sie verdrängte es nicht weiter, sondern begann es zu akzeptieren. Dadurch geht es ihr im Moment sehr schlecht, aber es wird dafür auch schnell besser werden. Wenn Menschen versuchen traumatische Erlebnisse zu verdrängen und nicht zuzulassen, schleicht sie sich trotzdem Stück für Stück zurück ins Bewusstsein. Dadurch leiden sie nicht so stark, aber deutlich länger und es dauert meist sehr lange, bis sie die ganze Situation zulassen und akzeptieren können.
Mila hat einen kleinen Anstoß gebraucht, aber sie ließ nun alle Erinnerungen zu und sprach offen und ehrlich darüber. Das war sehr viel für sie im Moment, aber dadurch kann sie das alles auch schneller verarbeiten und auch wenn sie es selbst nicht bemerkte, war das der erste große Schritt auf den Weg in die Besserung.
Ich blieb den restlichen Abend und auch die Nacht bei ihr. Sie schlief sehr unruhig und schlecht, aber auch das gehörte dazu. Während sie tagsüber versucht dass alles bewusst zu verarbeiten, verarbeitete sie Nachts alles unterbewusst.
Am Morgen war sie sehr müde und fertig und weigerte sich zu Essen. Stattdessen verkroch sie sich unter ihrer Bettdecke, wo ich sie auch in Ruhe ließ. Es war mir bewusst, dass dies besonders in ihrem Fall erste Anzeichen sein können, dass sie eventuell in eine Depression verfällt, aber sie brauchte diese Momente ebenfalls.
Wir konnten ihr nicht immer sagen, dass alles wieder gut wird und ihr immer nur gut zureden. Mila braucht auch diesen Moment, wo sie in ihrer eignen Welt und Trauer versinken und der Realität entfliehen kann.
Erst gegen Abend, holte ich sie langsam aus ihrem Bett heraus und setzte mich mit ihr in die Sonne. Es war wichtig, dass sie diese Momente der Trauer hatte, aber je länger diese andauerten, desto länger dauerte es sie dort wieder raus zu holen und es war keine Lösung, sie depressiv werden zu lassen.
Auch wenn sie sich zu Beginn dagegen gewehrt hatte, war ihr anzusehen dass sie langsam wieder aus ihrem Loch und in der Realität ankam. Sie aß ihr Sandwich, während sie ruhig auf meinem Schoß saß und die Sonnenstrahlen ihr halfen, dass sie sich langsam wieder etwas besser fühlte.
Nachdem sie gegessen hatte, brachte ich sie zum CT und wechselte ihre Pflaster, bevor ich sie mit in den kleinen Personalgarten nahm. Es war wichtig, dass wir sie wieder an neue Situationen gewöhnen, aber durften sie gleichzeitig nicht überfordern. Langsame und kleine Schritte nach vorne waren das, was sie nun brauchte.
Sie wird in nächster Zeit immer Angst bekommen, wenn sie in neue Situationen kommt, die außerhalb ihres Zuhauses sind, aber deswegen war es keine Lösung, dass sie das Haus nicht mehr verlässt. Je länger es dauert, bis sie sich wieder an die Außenwelt gewöhnt, desto schwerer wird es für sie.
Deshalb war es sehr wichtig mit ihr bereits jetzt diese kleinen Schritte zu gehen, ohne sie dabei zu überfordern. Aber auch das meisterte sie ganz gut und ich wurde immer zuversichtlicher, auch wenn Mila selbst das im Moment noch nicht erkannte, dass es ihr bereits jetzt etwas besser ging und sie auf einem sehr guten Wege war...

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Big Brothers 8
AventurăDer 8. Teil von Big Brothers. Beginnt am besten bei Teil 4, alles andere davor ist sehr schlecht geschrieben.