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Luke POV

In mein Handy vertieft saß ich noch immer am Tisch. Nach der Trauerfeier war die Stimmung komisch. Mason ist nach dem Essen zu Matt gegangen und Dylan war mit Liam joggen. Ich hatte keine Lust mitzugehen und blieb hier, wo ich gelangweilt ein Insta Reel nach dem anderen ansah. Jake und Cole waren in der Küche und redete über Mila, während sie hier draußen auf der Couch eingeschlafen war.

„Hey Buddy", holte Mike mich aus meinen Gedanken. „Hey", erwiderte ich, ohne von meinem Handy aufzuschauen. Mike war den ganzen Tag arbeiten, so wie eigentlich durchgängig seit dem Amoklauf. „Wie war die Trauerfeier?", fragte mein Bruder, was ich mit einem Schulterzucken beantwortete. So wie eine Trauerfeier eben war, keine Ahnung, wie ich das beschreiben soll.

„Und wie geht es Dylan?", hakte Mike weiter nach. Das erste Mal sah ich auf, „komischerweise besser. Er hat lange mit Lenny's mom gesprochen und seitdem geht es ihm irgendwie besser". „Das ist gut", sagte Mike zufrieden, während auch Cole zurück kam und sich wieder hinter seinen Laptop setzte.

„Habt ihr die Aussage heute aufgenommen?", fragte er an Mike gerichtet. „Ja, aber es ergab sich nichts neues. Wir haben sie nachgereicht und den Fall damit offiziell geschlossen", erwiderte er dieser. „Von dem Amoklauf?", fragte ich etwas überrascht, was Mike mit einem „ja", beantwortete.

Es ist gerade einmal eine Woche her. Es war krass, dass das FBI jetzt schon damit fertig war.

„Also findet der Prozess bald statt?", fragte ich weiter nach. „Nein, das wir sich noch Monate ziehen. Der Fall ist von uns aus abgeschlossen, aber jetzt muss das Gericht weiter arbeiten. Das alles dauert noch mehrere Wochen, bevor sie den Gerichtstermin festlegen, welcher dann allerdings auch wieder Wochen in der Zukunft liegen wird, damit sich auch die Beteiligten Parteien darauf vorbereiten können. Ich gehe nicht davon aus, dass es vor nächstem Frühjahr zu einem Prozess kommen wird", antwortete Cole.

„Das ist krass", murmelte ich leise. Das FBI war schon fertig, aber trotzdem zog sich das noch total in die Länge. Es wäre bestimmt gut für die Familien, wenn der Prozess früher stattfinden könnte und der Amokläufer offiziell dafür verurteilt wird. Es war noch immer surreal, dass er tatsächlich bei uns auf der Schule war.

Nachdenklich sah ich zu Cole, welcher gerade aufstand und sich zu Mila setzte. Er legte seine Hand auf ihren Rücken und begann ihr sanft darüber zu streichen. „Es wird besser mit den Alpträumen, oder?", wendete Mike sich an Cole, was dieser mit einem nicken beantwortete: „ja. Sie schläft noch immer schlecht, aber es ist schon deutlich besser geworden".

„Woran seht ihr, dass sie schlecht schläft? Sie hat doch jetzt die ganze Zeit nichts gemacht und lag einfach nur ruhig da", fragte ich, während ich zu Mila sah. „Wir sehen es an ihrer Körpersprache. Sie spannt sich an, kneift mit den Fingern in die Decke oder beginnt zu zucken. Sie liegt zusammen gerollt da und schützt sich damit unterbewusst", sagte Cole, während er seine Hand wieder weg nahm.

Es dauerte nicht lange, bis sich Mila tatsächlich etwas anspannte und ihre Hände in die Decke kniff. Cole begann ihr wieder über den Rücken zu streichen, woraufhin sie sich entspannte, „sie weiß, dass sie zuhause ist und das nur wir hier sind.

Auch wenn sie schläft ist ihr das in ihrem Unterbewusstsein bewusst. Sie fühlt sich hier sicher, aber ihre Träume vermitteln ihr Angst und verunsichern sie, weshalb sie nicht gut und ruhig schlafen kann. Wenn wir also zu ihr gehen und ihr über den Rücken streichen, oder einfach ihre Hand halten, bemerkt ihr Unterbewusstsein, dass jemand bei ihr ist, was zuhause nur wir sein können.

Der Körperkontakt holt sie etwas aus ihren Träumen raus zurück in die Wirklichkeit. Sie kann sich entspannen, weil sie weiß, dass jemand auf sie aufpasst. Ihr Unterbewusstsein beginnt zwischen Traum und Realität zu unterscheiden. Sie kann träumen, weiß aber gleichzeitig, dass es nur ein Traum ist und dass sie in der Realität in Sicherheit ist und kommt dadurch in die Tiefschlafphase, die sie braucht um sich zu erholen und auszuruhen".

Es war schon faszinierend wie das alles funktionierte und wie leicht es eigentlich war Mila beim Schlafen zu helfen. „Seid ihr deshalb Nachts immer bei ihr?", fragte ich weiter nach. „Auch. Sie schläft so deutlich besser, was sehr wichtig ist, aber wenn wir bei ihr sind, können wir sie auch besser im Auge behalten.

Mila geht es besser, aber ihre Bauchverletzung darf trotzdem nicht unterschätzt werden. Wenn wir bei ihr sind, bekommen wir rechtzeitig mit, falls etwas nicht stimmen sollte. Wir gehen nicht davon aus, dass es soweit kommt, aber gehen lieber auf Nummer sicher", erwiderte Cole, während er weiterhin Mila über den Rücken strich.

Ehrlich gesagt konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, wie es Mila damit geht. Sie war total auf Jake, Cole und so weiter fixiert und es war offensichtlich, dass sie ihre Nähe braucht, aber ich konnte mir gut vorstellen dass es trotzdem auch total belastend sein kann, wenn Mila nicht ohne sie in Ruhe schlafen konnte. Mir wurde immer mehr bewusst, was es wirklich bedeutet, nach einem Amoklauf weiterzuleben...

Big Brothers 8Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt