Geflüster

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,,Wie ist das überhaupt möglich?" Meine Stimme brach, als ich mich hektisch umschaute. Es waren erst gefühlte zwei Minuten vergangen, seit Zoey verschwunden war. Nur ein paar Schritte vor uns - doch als die Dunkelheit sie verschluckte, half ihr das auch nichts. Einen Moment lang verspannte sich mein Körper in der Erwartung, Zoeys Schreie zu hören. Doch was kam, war viel unerwarteter. Schritte näherten sich, und man konnte hören, wie sich zwei Personen gedämpft und angestrengt über etwas unterhielten. Etwa zehn Meter vor uns machte der Weg eine scharfe Rechtskurve, an der Stelle, an der ich Zoey das letzte Mal gesehen hatte, bevor sie verschwunden war. Trotzdem konnte ich nicht vorangehen und dort nach ihr suchen. Die Stimmen und Schritte näherten sich, doch ihr Geflüster war zu leise, als dass man etwas von ihren Worten verstehen konnte. Ich deutete den Anderen, wir sollten umdrehen und in einem anderen Gang verschwinden, bis sie an uns vorbei waren, während sich ein mulmiges Gefühl in mir breitmachte. Zoey war verschwunden, und doch konnten wir nicht nach ihr suchen. Und obwohl ich es in dieser Situation erwartet hätte, brach niemand von uns in Tränen aus. Beinahe gelassen machten wir auf dem Absatz kehrt, liefen etwas zurück und bogen bei der ersten Abzweigung in einen anderen Weg ab, während die Schritte hinter uns immer näher schienen. Doch was sie sagten, konnte ich immer noch nicht verstehen. Hinter mir fing Fabienne plötzlich an, laut zu husten. Ich klopfte ihr sacht auf den Rücken, während ich mit besorgtem Blick die Abzweigung vor uns taxierte, von der wir gerade gekommen waren. Die Schritte und Stimmen waren fort, nicht mal ihr Echo war noch zu hören. Hatten sie uns etwa gehört? Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen, und ging näher an die Stelle heran. Mit meiner Hand strich ich an der Steinwand entlang, da es zu dunkel war, um das zu erkennen, das ich suchte. Als ich gerade aufgeben wollte, gab endlich etwas unter meinen Fingern nach. Ich griff nach dem losen Stein, und zog ihn heraus. Ich wollte niemanden töten, wenn es nicht unbedingt notwendig war, doch mit dieser Waffe konnte ich die zwei Verfolger im Zweifelsfall zumindest bewusstlos schlagen. Die Hand mit dem Stein hielt ich über meinen Kopf, und drückte mich an der Wand entlang, weiter nach vorn. Sie konnten nicht weit entfernt gewesen sein, als sie uns gehört hatten und stehen geblieben waren. Endlich konnte ich eine Kante an meinem Rücken spüren. Ich musste nur noch ein bisschen weiter in den Gang hinein, aus dem wir gekommen waren, und... ,,Ich glaube, ich hab mich geirrt." Mein Atem stockte, als fast direkt vor mir die zwei Stimmen wieder anfingen sich bemerkbar zu machen, diesmal allerdings nicht mehr im Flüsterton. Offenbar waren sie stehengeblieben. ,,Ich dachte, ich hätte etwas gehört, aber es war wohl doch nur eine Ratte.", meinte die erste, offenbar männliche Stimme. ,,Da wäre die Anführerin aber nicht besonders stolz, wenn sie wüsste, dass du Angst vor Ratten hast." Die Frau kicherte, so schrill und laut, dass ich den Drang, mir die Ohren zuzuhalten, nur schwer unterdrücken konnte. ,,Wo wir gerade dabei sind, weißt du eigentlich, wo sie gerade ist?" Ich hielt die Luft an, mein Herz pochte so stark, dass ich einen Moment lang befürchtete, sie könnten es hören. Das war vielleicht meine Chance, endlich herauszufinden, wer das hier alles inszeniert hatte. Doch obwohl ich mich innerlich so oft darauf vorbereitet hatte, es zu erfahren, wurde mir schwarz vor Augen, als die Frau antwortete, ,,Klar weiß ich das. Sie hat sich anscheinend von den Anderen getrennt." Ich schüttelte den Kopf. Nein. Sie ist es nicht... ,, Die Spielemacherin meinte, dass sie ihnen einen Schrecken einjagen wollte. Ist einfach vorgegangen, um die Ecke und in einen der versteckten Kontrollräume verschwunden."


 Ich konnte das Lachen, das darauf folgte, nicht mehr hören. Denn zu dem Zeitpunkt war ich bereits in Ohnmacht gefallen.


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