IV

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"Das hat ja ganz schön lange gebraucht die Nummer zu finden."
Ich grinste breit, als ich endlich ihre Stimme wieder hörte.
"Kannst du mir verzeihen?"
"Mh..."
Eine kurze Pause entstand.
"Ich denke schon."
"Das freut mich, dann können wir uns ja am Freitag Abend zum Essen verabreden."
Am anderen Ende der Leitung hörte man sie lachen.
"Einverstanden."
Mein Herz machte einen Hüpfer.
"Ich kann dich abholen, so gegen acht?"
"Ich schick' dir meine Adresse."
Ich konnte gar nicht anders als breit zu grinsen.
"Bis Freitag Abend."
"Ich freue mich."
Auf die etwas eingerostete Verabschiedung folgte das ernüchternde, monotone Tuten der Leitung.
"Perfekt."
Murmelte ich mir selbst etwas zu wenig enthusiastisch zu.
"Fehlt nur noch ein Restaurant in das ich mit ihr gehen kann."
~
Direkt nachdem wir aufgelegt hatten und ich ihm meine Adresse geschickt hatte, klappte ich mein Laptop zu und verließ mein Büro.
Dann klopfte ich bei George, einem meiner Kollegen, der sein Büro direkt neben meinem hatte.
Der Mann in den Mittvierzigern blickte auf und winkte mich herein.
"Ich mach für heute Schluss, wann habe ich morgen die Verhandlung mit Anderson?"
"Elf. Pass auf dass der Chef dich beim gehen nicht erwischt."
Ich lächelte ihm zu und verließ die schönen, großen Büroräumlichkeiten mitten in New York.
Vor dem Gebäude wählte ich die Nummer meines besten Freundes.
"Wo brennt's?"
Hob er zum Glück schnell ab.
"Ich brauche Modeberatung vom anderen Geschlecht."
"Welche Art von Veranstaltung?"
"Essen."
"Wer sind die Mandanten?"
"Ein privates Essen du Vollidiot."
Es klang, als wäre ihm gerader das Telefon aus der Hand gefallen.
Wäre nicht das erste mal.
"Warte mal eine Sekunde. Anastasia, Anastasia, hat eine Verabredung? TRAGT'S IN DEN KALENDER EIN!"
Ich zuckte zusammen als er ins Telefon brüllte.
Irgendwo bei ihm im Hintergrund brüllte jemand "Was ist?" zurück.
"Ich bin in einer halben Stunde bei Saks. Und dann will ich alles wissen."
Über seine Albernheit grinsend machte ich mich auf den Weg zum nächsten Coffeshop, wie ich ihn kannte würde er erst in einer Stunde dort sein.
Mit Tee und einem Sandwich, als etwas verspätetes Mitagessen winkte ich mir ein Taxi heran und nannte dem Fahrer die Adresse des berühmten Kaufhauses.
Mit meiner Einschätzung seines Zeitmanagement hatte ich komplett richtig gelegen, erst nach einer Dreiviertelstunde, in der ich schon ein paar Kleider anprobiert hatte, stürmte Alex die Abendmodenabteilung, nicht ohne ein paar Kleiderständer umzustoßen.
Völlig außer Atem drückte er mir einen Kuss auf die Wange und stützte dann die Hände auf die Knie.
"Gib mir 'ne Sekunde."
Röchelnd schnappte er ein paar mal nach Luft, dann richtetet er sich wieder auf und schaute mich prüfend aus seinen Eisblauen Augen an.
"Was hab ich verpasst dass meine Lieblings-Ex sich verabredet ohne mich um Erlaubnis zu fragen?"
Er grinste und erntete einen Stoß meines Ellbogens in die Seite dafür.
"Tja."
"Jetzt sag schon, wer ist der Kerl?"
Quengelte er wie ein kleines Kind und ließ sich auf einen roten Lederhocker fallen, nicht ohne mir vorher meinen Tee wegzuschnappen.
"Er heißt Sebastian..."
"Sebastian klingt komisch."
Ich warf eine Clutch nach ihm.
"Du sollst mich nicht immer unterbrechen!"
Lachte ich.
"Schon gut."
Er rieb sich den Kopf.
"Erzähl weiter."
"Und wir kennen uns seit der Party letzte Woche."
"Die, zu der du nicht mitwolltest."
Genervt schaute ich Alex an.
"Ich saß draußen auf einer Bank, er ist dazugekommen und wir sind zusammen was essen gegangen. Ich hab ihm meine Nummer in die Jackentasche gesteckt und heute haben wir telefoniert."
"Das übliche also."
"Du sollst nicht so nerven, was zum anziehen finde ich auch alleine."
"Genau genommen hast du mich angerufen."
Ich verdrehte die Augen und beleidigte ihn ziemlich heftig auf Russisch, woraufhin sich eine Frau an einem Kleiderständer entsetzt umdrehte.
Alex begann nur zu lachen.
"Ich liebe dich auch. Und jetzt probier das hier an."
Er warf mir ein dunkelgrünes Kleid mit schwarzen Stickereien zu.
Zwar zog ich eine Grimasse, doch er wedelte mit den Händen in Richtung Umkleide.
Schnell war ich in das Kleid geschlüpft, das mir aber so gar nicht stand.
"Nope."
Gab auch Alex seinen Kommentar dazu ab und warf mir das nächste Kleid zu.
Eine Verkäuferin beobachtete unseren Umgang mit den Kleidern mit kritischer Miene, und schien zu überlegen, ob sie eingreifen solle.
Nachdem wir noch ein paar Kleider hin und her geworfen hatten einigten wir uns auf ein burgunderrotes, schlichtes Seidenkleid und flüchteten vor den Blicken der Verkäuferin zur Kasse.
Die Zeit bis Freitag Abend verging nur quälend langsam.

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