XXXXVI

1.1K 54 9
                                    

"Kommen bei dir doch die ersten Zweifel auf?"
Stas zuckte leicht zusammen und blickte in meine Richtung.
Sie saß in Jeans und Strickpulli im Sand, so nah am Wasser es nur möglich war ohne nass zu werden.
Der Wind spielte malerisch mit ihren zu einem lockeren Dutt zusammengebundenen Haaren, und einen Moment lang erschien es mir ziemlich unwahrscheinlich dass diese Frau mich tatsächlich heiraten wollte.
Denn anstatt zu nicken lachte sie nur.
"Oh nein, so leicht wirst du mich jetzt nicht mehr los."
Ihre Augen funkelten als sie die Arme nach mir ausstreckte.
"Eigentlich verstecke ich mich hier nur vor Jules."
Leise glucksend ließ ich mich hinter Anastasia im Sand nieder, sodass sie sich an mich lehnen konnte.
Vom Strand aus war es ein kurzer Fußweg zurück zum Bed and Breakfast, wo die letzten Vorbereitungen für die Hochzeit auf Hochtouren liefen.
Juliet hatte sich selbst übertroffen und auf der Wiese vor Stas Lieblingshotel ein traumhaftes weißes Festzelt aufstellen lassen, das innen stilvoll mit Bordeauxroten Blumen und elfenbeinfarben gedeckten Tischen dekoriert war.
Selbst das Wetter schien uns gnädig gestimmt zu sein, denn trotz des Winters, der gerade erst seinen Posten an den Frühling abgegeben hatte, war es mild warm.
Verträumt richtete ich genau wie Stas den Blick aufs Meer und schlang die Arme um sie.
"Hast du Angst?"
Sie atmete hörbar aus.
"Vor Morgen? Nein, eigentlich nicht. Obwohl, so oft wie ich das jetzt schon gefragt wurde, vielleicht sollte ich die ja sogar haben? Und die ganze Zeit erklären mir irgendwelche Leute dass ich meinen letzten Tag in Freiheit genießen soll. Wenn zu heiraten bedeutet seine Freiheit einzubüßen hat man sich eindeutig den falschen Mann ausgesucht."
Hatte ich schon mal erwähnt dass ich diese Frau liebe?
Denn, verdammt...
Ich liebe sie.

"Hey ihr Luschen, da seid ihr ja!"
Begrüßte uns Lydia warmherzig wie eh und je als wir wieder auf der Bildfläche erschienen.
"Alex hatte schon Angst ihr hättet euch aus dem Staub gemacht und seine Arbeit für deinen Junggesellinenabschied wäre umsonst gewesen."
Stas neben mir grunzte amüsiert und blickte sich um.
Überall schwirrten Floristen, Dekorateure und sonstiges Personal deren Namen ich nicht kannte herum und gingen sicher dass der nächste Tag reibungslos ablaufen würde.
Nachdem Juliet ein paar mal versucht hatte uns mit in die Planung einzubeziehen hatten Anastasia und ich realisiert dass wir absolut überhaupt keine Ahnung von Blumengestecken oder Caterings hatten.
Schließlich hatten wir ihr unsere Kreditkarten in die Hand gedrückt und gebetet sie würde keinen weißen Elefanten aus Sri Lanka einfliegen lassen.
"Das hätte ich dir nie verziehen Stas."
Grinste Alex, der sich zu uns gesellt und einen Arm locker um Lydia gelegt hatte.
Diese verdrehte nur die Augen.
"Was aber auch eines für euch Turteltäubchen heißt:"
Alex legte eine verheißungsvolle Pause ein.
"Abschied nehmen!"
Stas neben mir nahm vorsichtig meine Hand.
"Sag Bye Bye zu deinem Verlobten, denn wenn du ihn das nächste mal siehst steht er vor dem Altar. Und weder ich noch Juliet noch sonstige Gäste unserer kleinen Feier heute Abend werden daran zögern dich an jeglichen Rückkehrversuchen zu deinem Schatz zu hindern. Tut mir leid, Seb."
Er klopfte mir auf die Schulter und zwinkerte mir zu.
Dann richtete er sich wieder auf und blickte sich um.
"In Ordnung. Ihr macht kurz was auch immer ihr machen wollt um euch zu verabschieden und ich werde Juliet einsammeln."
Alex verschwand, Lydia mit sich ziehend, und dabei permanent an einen hyperaktiven Welpen erinnernd.
Frisch gebackener Vater zu sein hatte ihm definitiv kein bisschen seiner Lebensfreude genommen.
Mit einem Kopfschütteln wandte ich mich an Anastasia, die mir nun doch etwas nervös entgegenblickte.
"Dann... Sehen wir uns morgen, Schätze ich."
Murmelte sie und spielte mit dem Saum meines T-Shirts.
Ich lächelte und küsste sie sanft.
"Sollte Patrick Dempsey auf einem Pferd auftauchen, kann ich dir vertrauen dass du ihm widerstehen wirst?"
Die Nervosität in ihren Zügen wich einem schelmischen Grinsen.
"Kommt drauf an wie du in deinem Frack aussiehst."
Sie küsste mich noch einmal, zwinkerte mir zu und verschwand in Richtung Alex.
Ich sah ihr nach bis sie hinter einem verirrten Lieferwagen verschwand, dann machte ich mich auf den Weg zu meinem eigenen Trauzeugen.
Für meinen eigenen Junggesellenabschied.

Hoffen wir mal nur dass ich morgen früh nicht in Vegas aufwache.

WintermärchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt