Wir fanden tatsächlich einen kleinen, nicht unbedingt schönen Imbissladen.
Während der Mann am Tresen bestellte, musterte ich ihn aufmerksam.
Die Tatsache, dass er ziemlich gut aussah einmal beiseite gelegt, war ich ziemlich verwundert über... Über sein was eigentlich?
Irgendwie war er anders als die Kerle, die mich sonst anmachten.
Genau genommen hatte er mich noch nicht einmal angemacht, vielleicht war das der Grund weshalb ich jetzt mit ihm in dieser Spelunke saß.
Vielleicht war er ja so freundlich weil er mich in seinen Keller zerren wollte und mich dort zerstückeln wollte.
"Du schaust so prüfend."
Ich hatte nicht bemerkt, dass er wieder zurück von der Theke war, nun mit zwei dampfenden Hot Dogs in der Hand.
"Vielleicht bist du ja ein Irrer der mich umbringen will."
Er lachte.
"Vielleicht bist du ja ein Männermordender Vamp."
Wir grinsten uns zu.
Dann gab er mir meinen Hot Dog, in den ich glücklich hineinbiss.
Auf der Party hatte es nur winzige Häppchen gegeben, von denen man unmöglich satt werden konnte.
"Was schulde ich dir dafür?"
Ich zeigte auf den Hot Dog, der jetzt schon halb aufgegessen war.
"Geht auf mich."
Seine schönen blauen Augen musterten mich interessiert.
"Was veranlasst dich dazu, um drei Uhr morgens mit wildfremden Kerlen essen zu gehen?"
Er biss genauso glücklich wie ich in sein Brötchen.
"Erstens war ich hungrig."
Er nickte.
"Verständlich bei den Häppchen."
"Und zweitens bist du nett."
Ich versuchte das, so neutral wie möglich zu sagen, dazu zuckte ich noch mit den Schultern.
"Gegenfrage: Was veranlasst dich dazu, wildfremde Frauen um drei Uhr morgens auf einen Hot Dog einzuladen?"
"So ziemlich das selbe."
Unsere Augen trafen sich und wir lächelten uns zu.
Diese Unterhaltung machte mir ziemlichen Spaß.
Auf Anhieb hatte ich Herz über Kopf beschlossen, diesen Kerl zu mögen.
Das hieß etwas, normalerweise tat ich mir schwer auf Menschen einzugehen.
Ich hatte zwar einen einigermaßen großen Kreis von Bekannten, aber richtig wahre Freunde hatte ich nur zwei.
Während wir unsere Brötchen aßen unterhielten wir uns so gut es ging, einer von uns beiden hatte immer den Mund voll, und trotzdem war es eine gute Unterhaltung.
Als mein Hot Dog aufgegessen war, lehnte ich mich gehen die Rückenlehne aus falschem Plastikleder und blickte den Mann auffordernd an.
Ich wollte mich weiter so unterhalten.
"Ich könnte noch so einen vertragen."
Sehnsüchtig schaute ich auf meinen leeren Pappteller.
Er grinste belustigt.
"Willst du wirklich noch einen?"
Ich überlegte einen Moment lang, dann winkte ich ab.
"Ich glaube ich sollte meinen Magen um diese Uhrzeit nicht so überstrapazieren."
Um diese Uhrzeit.
Innerlich stöhnend erinnerte ich mich daran, dass ich morgen früh arbeiten musste.
Ich hätte schon längst im Bett sein sollen.
"Gehen wir?"
Sebastian nickte und stand auf, ich tat es ihm nach.
Vor der Tür schaute er mich erwartungsvoll an.
Ich hatte selbst keine Ahnung, was ich jetzt tun sollte, sicher war nur, dass ich ziemlich bald ins Bett musste.
Plötzlich hatte ich eine Idee.
"Es tut mir leid, aber ich muss morgen früh raus und sollte schon längst im Bett sein."
Ich trat vor und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange.
"Danke für den Hot Dog."
~
Sie gab mir einen Kuss auf die Wange, bedankte sich bei mir für den Hot Dog, drehte sich um und verschwand hinter der nächsten Straßenecke.
Es brauchte ein paar Minuten, bis ich die Fähigkeit, klar zu denken, wiedererlangte.
Sie war gerade gegangen, ohne irgendwelche Kontaktmöglichkeiten offen zu lassen.
Ich würde diese verwundernde Frau nie wieder sehen.
Frustriert musste ich mich zusammenreißen, nicht den nächsten Mülleimer umzustoßen.
Ich hatte diesen Abend wirklich toll gefunden, wir hatten uns gut unterhalten, und sie verschwand einfach ohne irgendetwas.
Mit einer in den Keller gesunkenen Laune winkte ich mir ein Taxi heran.
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Wintermärchen
FanfictionAnastasia liebt Sebastian. Sebastian liebt Anastasia. Und doch ist alles so kompliziert.