XIV

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"Hi."
Anastasia schmiss ihren Mantel auf den Boden neben ihre Schuhe und lief an mir vorbei, der ich sie gerade begrüßen wollte. Sie strampelte ihren Bleistiftrock von den Füßen während sie auf die Couch zulief, dabei knöpfte sie auch noch ihre Bluse auf, was die kleine Tattowierung knapp über ihrem Solar Plexus sichtbar machte.
Mit einem umpf ließ sie sich auf mein Sofa fallen und vergrub den Kopf im Kissen. Ich musste mir ein Lachen verkneifen.
"Danke der Nachfrage, mir geht's bestens. Was ist los?"
Sie hob den Kopf und drehte den Kopf in meine Richtung.
"Ich hatte nen Scheißtag."
Ihr Kopf fiel zurück ins Kissen und man hörte einen gedämpften, weinerlichen laut.
Ich wusste dass sie ihren Job liebte, aber auch dass sie gerne dazu neigte sich dabei zu übernehmen.
Den Kopf immer noch im Kissen streckte sie die Arme von sich.
Ich sah das als Einladung mich dazu zu gesellen und versuchte es mir auf dem Part der Couch bequem zu machen, den sie noch nicht besetzte.
~
Schwerfällig schmiegte ich mich an Sebastian, und nach wenigen, unbequemen Sekunden des herumrutschens lag ich an seine Brust geschmiegt auf ihm.
Er fuhr mir mit der Hand durch die Haare, was sich nach diesem hässlichen, langen Tag anfühlte wie der Himmel persönlich.
"Willst du mir erzählen was los ist oder weiter jammern?"
"Mein Mandant muss ins Gefängnis und er meint ich bin daran schuld."
"Bestimmt nicht."
~
"Ich weiß."
Ihre Stimme klang rau.
"Aber ich hab so viel für diesen Fall gearbeitet und er sagt ein Wort und verfrachtet sich selbst in den Knast."
Sie vergrub ihren Kopf in meiner Halsbeuge und seufzte.
"Kannst du bitte den Fernseher anmachen?"
Ihr Atem fühlte sich warm auf meiner Haut an.
Ich griff nach der Fernbedienung und versuchte dabei mich möglichst wenig zu bewegen.
Der Fernseher ging an, auf einem Sender der gerade einen alten Godzilla- Streifen laufen ließ.
"Lass das."
Murmelte Anastasia und klang als würde sie schon fast schlafen.
"Du willst Godzilla schauen?"
"Du hast was gegen Godzilla?"
Ich schnaubte und drehte mich, um etwas bequemer zu liegen.
Die schlechte Qualität des Films wurde immer bemerkbarer und Anastastias Atmen immer regelmäßiger.
Nach einer Weile war sie eingeschlafen und murmelte hin und wieder etwas im Schlaf.
Es gab nur noch wenige Nächte, in denen wir alleine in unseren Wohnungen waren, und Abende wie diese waren keine Seltenheit mehr.
Stas hatte sich einmal nach einem Abend mit Freunden etwas angetrunken dafür entschuldigt, so oft so müde nach Hause zu kommen, aber auch erzählt dass sie froh sei nicht mehr in eine leere Wohnung kommen zu müssen.
Am nächsten morgen hatte sie sich nicht mehr daran erinnern können, und ich machte mir auch nicht die Mühe sie darauf anzusprechen.
Ich war einfach froh sie gefunden zu haben.
Wir waren seit einigen Wochen offiziell zusammen, sie hatte meine Mutter kennengelernt, wir wussten wo der Ersatzschlüssel zu Wohnung des anderen lag.
Es waren keine großen Schritte, aber es fühlte sich gut an so wie es war.
Ebenfalls gut fühlte sich die Wärme an, die Anastasia ausstrahlte, und kurze Zeit später war auch ich eingeschlafen.

Irgendwann mitten in der Nacht wachte ich auf, da im Fernseher irgendein spärlich bekleideter Teenager aus einem billigen Horrorfilm wie am Spieß schrie.
Ich vermerkte bei mir selbst, nicht mehr zum Trash-Sender einzuschlafen und setzte mich vorsichtig auf, um den Fernseher auszuschalten.
Dann hob ich Stas vorsichtig hoch, die neben mich gerutscht war, und versuchte sie im dunklen Heil durch die Wohnung ins Schlafzimmer zu bringen.
Ich klopfte mir selbst im Geiste auf die Schulter, als sie nicht aufwachte als ich sie vorsichtig auf die Matratze fallen ließ, zog mich um und zog auch ihr einen meiner Pullis über.
Müde ließ ich mich ins Bett fallen und schlief sofort wieder ein.
~
Ich wachte auf und trug einen von Sebastians Pullis.
Lächelnd setzte ich mich auf und bemerkte, dass ich nicht mehr im Wohnzimmer lag.
Er hatte mich hierher getragen. Niedlich.
Erwähnter er rührte sich gerade neben mir.
Er hob den Kopf vom Kissen und grinste mir breit zu, als er sah dass ich schon wach war.
"Morgen."
Flüsterte er.
Beinahe hätte ich zufrieden geseufzt.
Mit seinen verwuschelten Haaren, der rauen Morgenstimme und dem breiten grinsen kratzte er hart an der grenze zum zu perfekten.
Ich lehnte mich zu ihm, um ihn zu küssen und schrie erschrocken auf, als er mich kitzelte und neben mich kletterte.
So viel zum gemütlichen wachwerden.
"Was hast du heute vor?"
Fragte Sebastian.
"Ich habe heute überraschend wenig zu tun, wo die restlichen Verhandlungen von gestern wegfallen. Wir könnten uns am Nachmittag zum Essen treffen."
"Oder-"
Er lehnte sich zu meinem Ohr.
"- wir sprechen endlich darüber was wir an Weihnachten machen werden."
Es waren nur noch drei Wochen bis zum größten Fest des Jahres, und bis jetzt hatten wir es immer geschafft dem Thema irgendwie aus dem Weg zu gehen.
Irgendwie hatte ich es nicht geschafft ihm zu sagen dass ich über Weihnachten nicht in New York sein würde.
"Ich muss nach Wien, zur Familie."
~
Ich war überrascht das zu hören.
Mir war schon aus Andeutungen irgendwie klar gewesen, dass ihre Familie wohl etwas größer war als meine, die aus meiner Mom, ihrem Mann und mir bestand, doch sie sprach so gut wie nie über sie.
Manchmal, wenn sie mit Juliet oder Alex telefonierte und das nicht auf Deutsch oder Russisch, hatte ich ein paar Gesprächsfetzen mitbekommen, sonst wusste ich nichts über das Thema.
"Wien?"
Ich schnaubte erstaunt. Das war eine ganz schön weite Reise zu einer Familie über die man nie sprach.
"Ja..."
Sie schien etwas verlegen geworden zu sein.
"Ich war schon die letzten drei Jahre nicht dort und hab die Leute auch genau so lang nicht mehr gesehen. Wenn ich dieses Jahr nicht aufkreuze vergessen mich noch."
Ich versuchte, meine ausdruckslose Miene aufrechtzuerhalten.
"Du kannst natürlich gerne mitkommen, aber es wird bestimmt nicht sonderlich spaßig."
Ich starrte sie an. Plötzlich bot sie mir an zu ihrer Familie zu fliegen?
Sie wollte wieder dazu ansetzen, weitere Nachteile aufzuzählen, doch ich unterbrach sie.
"Ich würde gerne mitkommen."
Sie lächelte.
"Auf deine eigene Gefahr."

Das Bild da oben war irgendwie meine Inspiration für die Godzilla szene. Ja, Godzilla musste sein. Wie geht's euch so?
Vicy

WintermärchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt