XXV

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"Ich finde es gut dass du das durchziehst."
Alex flocht einzelne Strähnen von Juliets Haar, sodass sie wahrscheinlich Stunden brauchen würde um dieses zu entwirren.
Meine beste Freundin hatte gerade das erste mal seit einer ganzen Weile etwas Luft zwischen Aufträgen, weshalb sie ohne Vorwarnung in den Flieger gestiegen war und einfach so plötzlich vor meiner Tür gestanden war.
"Ich will alles wissen."
Waren ihre ersten Worte gewesen, sogar noch bevor sie mich begrüßt hatte.
Jules, Alex Beine als Kissen benutzend und Bastet streichelnd, brummte unzufrieden.
"Ich finde es komisch dass ihr euch trotzdem noch seht."
Seit wir uns entschieden hatten eine Pause einzulegen, hatten wir uns einige male gesehen und ein paar mal telefoniert, jedoch waren wir nie nur unter uns gewesen.
Immer waren Freunde bei uns gewesen, und das war gut so.
Ich hatte immer noch das Gefühl dass wir beide noch nicht bereit waren weiterzumachen.
Heute Abend würde das erste mal sein dass es nur Sebastian und ich waren.
Die Preisverleihung, veranstaltet von meiner Kanzlei, fand heute statt, und ich hatte die ganze Nacht lang wachgelegen.
"Ist ein bisschen schwer sich nicht mehr zu sehen wenn man gemeinsame Freunde hat."
Murmelte ich und griff nach dem Kleidersack, der an der Tür gehangen hatte.
"Und ihr seit euch sicher dass das Kleid in Ordnung ist?"
Jules verdrehte die Augen und ließ sich von Alex den Alkohol reichen.
"Wenn du jetzt einen Rückzieher machst, ich schwöre dir Anastasia, ich fessel dich, zwäng dich in dieses Kleid und karr doch eigenhändig zu diesem Ball dass du dich endlich wieder mit Sebastian zusammenraufst."
Ich zog eine Grimasse, öffnete den Reißverschluss und nahm das Kleid aus dem Sack, dabei floss mir der kühle Seidenstoff über die Haut.
Während ich im angrenzenden Bad in das Kleid schlüpfte hörte ich wie Alex und Jules sich im Schalfzimmer wie fast immer wegen irgendwas kabbelten.
Ohne auf die beiden zu achten stellte ich mich vor den großen Spiegel an meinem Schrank.
Ich sah gut aus, das Kleid stand mir und rot war schon immer meine Farbe gewesen, doch trotzdem... Ich hatte es gekauft als wir noch zusammen gewesen waren.
Unschlüssig drehte ich mich hin und her, wobei der Stoff sanft um meine Knöchel strich.
"Du siehst verdammt gut aus."
Meinte Alex hinter mir und Jules gab einen zustimmenden Laut von sich.
Ich atmete tief durch und merkte wie sich die Aufregung in meinr Brust zu einem Kloß zusammenballte und hartnäckig einnistete.
"Egal was passiert-"
Juliet erhob sich vom Bett und stolperte dabei.
"- Das ist dein Abend, okay? Du bist nominiert, und du wirst umwerfend aussehen."
Sie stellte sich hinter mich und wickelte ein paar Strähnen meiner Haare um ihren Finger.
"Lässt du mich deine Haare machen?"
Ich zwang mich zu einem Lächeln.
"Alex wird sie ja kaum machen."
"Nope."
Meinte der aus dem Hintergrund.
Nachdem Juliet mich noch dazu überredet hatte,sie auch mein Make Up machen zu lassen, stand ich da in viel zu unbequemen Schuhen, einem viel zu teuren Kleid und mein Gesicht tat weh.
Ich fühlte mich verkleidet.
Trotzdem zwang ich mich zu einem Blick in den Badspiegel um Jules Werk zu betrachten.
Sie hatte ganze Arbeit geleistet, meine Haare in einer komplizierten Flechtfrisur zusammengesteckt und mich dezent geschminkt.
Irgendwann in der Zwischenzeit hatten es meine besten Freunde geschafft die Stimmung wieder etwas lockerer werden zu lassen, doch ihre ganze Mühe wurde zunichte gemacht als es an der Tür klingelte und ich mich am liebsten im Schrank versteckt hätte.
Ängstlich warf ich Alex einen Blick zu, doch er lächelte nur vorsichtig.
"Du musst ihm schon selbst aufmachen. Und wir sind hier, bereit dich auszusperren wenn du dir es anders überlegst."
"Manchmal hasse ich euch."
"Das wissen wir. Jetzt geh schon."
Meine Stöckel klackerten unangenehm laut auf dem Flurboden meiner Wohnung und ich fühlte mich ein wenig als würde ich zu meiner Hinrichtung schreiten.
Einen Fuß vor den anderen
Durchatmen.
Nicht drüber nachdenken.
Ich hielt die Luft an und riss die Eingangstür auf.
Einen Moment lang fiel mir nicht mehr ein wie man seine Lungen benutzte.
Er sah umwerfend aus, im wahrsten Sinne des Wortes.
Ich taumelt etwas, riss mich dann aber zusammen und fand einen halbwegs sicheren Stand.
"Hi."
~
Ich schob meine zitternden Hände in die Taschen meiner Anzughose.
Vielleicht hatte sie sich entschieden doch nicht zu gehen.
Gerade als ich überlegte einfach nach Hause zu fahren flog die Tür auf.
Einen Moment lang konnten wir nicht anders als uns einfach anzustarren.
Diese Szene erinnerte gerade sehr an den Abend unseres ersten Dates, als sie laut fluchend die Treppe halb heruntergefallen war und mir schwer atmend die Tür geöffnet hatte.
Damals war ihr Kleid auch rot gewesen.
Sie sah so schön aus, und es fühlte sich unnatürlich und falsch an nicht einfach ihre Hand zu nehmen und sie zu küssen.
"Hi."
Murmelte ich und hatte keine Ahnung wie ich sie sonst begrüßen sollte.
Vorsichtig trat sie näher und hauchte mir einen Kuss auf die Wange.
"Gehen wir?"
Zerstreut nickte ich und fühlte mich plötzlich taub.
Während der Autofahrt führten wir eine gezwungene Konversation, die mich mich wünsche. Ließ frustriert aufzuschreien.
Da saß sie neben mir, und doch war sie so weit weg.
Die Preisverleihung, oder der Ball, ich hatte noch immer nicht verstanden was das hier tatsächlich war, fand in einer prunkvoll verzierten Halle statt, die etwas an das Plaza erinnerte.
Der uns zugeteilte Tisch war zum Glück etwas weiter hinten, sodass ich hoffentlich nicht allzu viel Konversation betreiben müssen würde.
Das hier war etwas komplett anderes als meine Filmpremieren, und ich hatte keine Ahnung wie ich mich verhalten sollte.
Stas hingegen schien zwar nervös in meiner Gegenwart, doch trotzdem begrüßte sie illustre Persönlichkeiten aus der Finanzwelt mit einem ihrer gewinnenden Lächeln.
Mit uns an Tisch saß nur ein Ehepaar, bestehend aus einem dem Burnout nahen Manager in den Mittvierzigern und seiner nicht ganz so glücklich aussehenden Frau.
Während alle möglichen Leute vorne auf der Bühne reden hielten gab es immerhin etwas zu essen.
Die Preise begannen verliehen zu werden, für Kategorien von denen ich nichts verstand.
Als gerade die Firmeninternen Preise verliehen wurden griff Stas nach meinem Arm.
Verwirrt blickte ich sie an, dich genau in diesem Moment verkündete der Moderator ihren Namen.
Sie lächelte breit, legte ihre Serviette auf den Tisch und stand auf, um sich ekegant auf den Weg zur Bühne zu machen.
Während sie oben eine interessant Aussehende Glasstatuette entgegennahm herrschte in meinem Kopf ein Chais aus Gedanken und Gefühlen.
Warum hatte ich nicht gewusst dass sie für einen dieser Preise nominiert war?
Das Lachen des gesamten Saals riss mich aus meinen Gedanken.
Innerhalb von zwei Minuten hatte sie es geschafft das Publikum um ihren Finger zu wickeln.
Reiche alte Säcke, versnobte Erben, verklemmte Ehefrauen und viel zu junge Begleitungen, sie alle hingen ihr an den Lippen.
Wieder einmal stellte ich mir die Frage, wie ich es anstellen sollte von dieser Frau fernzubleiben.

Stas Kleid stelle ich mir ein wenig so vor wie das von Diane Kruger in 'Der nächste Bitte', ein wunderschöner französischer Film.
Wie findet ihr das Kapitel?
Love,
Vicy

WintermärchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt