XVII

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"Es hat angefangen, als ich mir bewusst wurde wer ich war und was ich wollte, und als ich angefangen habe die Dinge so zu sehen, wie sie waren. Ich war 12, hatte keine Richtige Bindung zu meinen yschwestern und meine Eltern waren schon lange nicht mehr verliebt ineinander. Das alleine schon zu merken war ein schock. Und dann kam noch dazu, dass ich klare Vorstellungen hatte, wo ich hin wollte. Als ich klein war, ganz klein, hat meine Mutter immer versucht mir und meinen Schwestern zu erklären, dass wir nach den Sternen greifen sollen und so. Das hat dann aber bei meinen Schwestern nie richtig geklappt, die beiden waren ziemlich schnell abhängig von ihren Freunden, und plötzlich hat sich meine Mutter damit zufriedengegeben, auf einmal war das, was sie nicht wollte dass wir wurden, das beste was sie sich vorstellen konnte, und ich mit meinem Streben nach Bildung war plötzlich eine Außenseiterin. Als ich meiner Famile erzählt habe, dass ich in Oxford studieren will, haben sie mir gesagt ich soll mir wie meine Schwestern einen Mann suchen. Du musst wissen dass meine Mom nie viel Geld hatte, ihren Eltern hat eine kleine Hundezucht außerhalb von Moskau gehört, und mit neunzehn ist sie irgendwann aus der Sowjetunion geflüchtet..."
Stas schniefte und wischte sich grob über die Augen.
"Irgendwann sind wir dann umgezogn, meine schwestern sind hier in Wien geblieben, und es ist nur noch schlimmer geworden. Ich bin so schnell es ging ausgezogen. Trotzdem habe ich immer irgendwie versucht Kontakt zu halten... Sie sind doch meine Familie."
Sie schluchzte wieder.
"Das einzige mal, als meine Mom etwas wärmer geworden ist, war als ich mit Alex hier war. Vorhin im Esszimmer, da hat sie nach ihm gefragt. Sie macht mir vorwürfe dass wir uns getrennt haben. Ich habe ihr erklärt dass ich mit dir hier bin, und das gut so ist, aber so was will sie nicht hören. Ich versuche es so hart, mit ihnen klar zu kommen, aber jedes mal kommt das raus!"
Etwas lauter werdend deutete sie auf die geschlossene Küchentür.
Verzweifelt zog ich sie näher an mich.
Ich wollte nicht dass sie so weinte.
"Ich kenne mich zwar besonders gut mit Familien aus..."
Begann ich vorsichtig.
"Aber du hast dich nicht entschieden ihre Tochter zu sein. Das haben sie. Und wenn sie dich nicht schätzen wie du bist must du einfach den Kopf noch ein wenig höher heben, als du es eh schon tust und sie hinter dir lassen. Die verpassen was ohne dich, denn bei all diesen Vorwürfen lernen sie gar nicht die wundervolle, absolut liebenswürdige Anastasia kennen von der ich das Glück habe, sie meine Freundin nennen zu dürfen."
Sie grinste mich schief durch die Tränen an.
"Du schmeichelst mir."
"Stets zu die Diensten."
Flüsterte ich und lehnte meine Stirn gegen ihre.
Sie lächelte immer noch, als sie mich küsste.
"Ich habe dir gerade erfolgreich Weihnachten ruiniert."
"Wer sagt dass Weihnachten schon zu Ende ist?"
Stas runzelte verwirrt die Stirn.
"Warte hier."
Ich sprang auf und machte irgendeine bescheuerte Handgeste, die ihr wahrscheinlich zeigen sollte dass sie bleiben sollte wo sie war.
"Oh, ich bleibe einfach hier. Der Küchenboden scheint ziemlich bequem im vergleich zu den Stühlen im Esszimmer."
Ich sah ihr Lächeln erst, als ich schon im Türrahmen stand, und verliebte mich ein klein wenig mehr in sie.
Wenn das überhaupt möglich war.
"Ich liebe dich."
Das Lächeln wurde zu einem grinsen.
"Ich weiß."
Als ich die Tür hinter mir zuzog wischte sie sich gerade die letzten Tränen aus den Augen.
Die letzten Minuten verdauend lief ich zurück ins Vorhaus, wo ich in meiner Jackentasche nach Stas Weihnachtsgeschenk kramte.
Als ich gerade den Flur zur Küche wieder entlanggehen wollte, lief ich fast in Sophia.
Es fiel mir schwer, keinen bösen Gesichtsausdruck zu ziehen.
"Ist Sia sehr fertig?"
Ich verkniff mir einen sarkastischen Kommentar und nickte nur.
Sophia seufzte und schien noch etwas sagen zu wollen, doch ich lief vorsichtig an ihr vorbei und ließ sie stehen.
Ich hatte keine Lust auf Friede Freude Eierkuchen mit den Personen, die Anastasia das Leben zur Hölle machten.
Als ich wieder in die Küche schlüpfte saß Stas auf dem gleichen Platz wie als ich sie verlassen hatte, doch lag jetzt eine kleine blaue, mit einer Schleife umwickelte Box in ihrem Schoß.
"Sperrst du bitte ab?"
Ich nickte und setzte mich wieder zu ihr.
"Frohe Weihnachten."
Haspelte Stas nervös und hielt mir die Schachtel entgegen.
Ich machte es mir etwas bequemer und öffnete das Geschenk.
Darin war nur eine Sache: Ein Schlüssel.
Es war das beste Geschenk das sie mir machen konnte.
Sie schenkte mir den endgültigen Eintritt in ihr Leben.
"Dass du nicht immer vergisst den Ersatzschlüssel zurück in sein Versteck zu tun."
Vorsichtig, als könnte er zerbrechen, legte ich den Schlüssel zurück in die Schachtel und drückte Stas einen Kuss auf die Stirn, die Stelle ihres Gesichtes die mir am nächsten war.
"Wehe du sagst noch mal dass du mich liebst."
"Ich liebe dich."
Flüsterte ich ihr ins Ohr.
Sie schubste mich spielerisch weg.
Mein Geschenk wirkte im Vergleich zu ihrem unpersönlich.
Ich hatte ihr eine Kette gekauft, in einem schmuddeligen, alten Nostalgieladen.
Es war eine fein gearbeitete goldene Fanfare, die alte Verkäuferin hatte die ganze Geschichte des Schmuckstückes auswendig gewusst.
Ihre Augen leuchteten auf als sie die Samtbox öffnete.
"Du kannst dich noch daran erinnern?"
Bei unserem zweiten Date, dem Tag unseres ersten Kusses, hatte ich sie nach ihrem Nachnamen gefragt, und ob er etwas bedeutete.
Vestnik bedeutete Herold auf russisch, hatte sie mir stolz erzählt.
Schnell legte sie die Kette um und küsste mich stürmisch.
"Was sagst du, raus hier?"
Stas nickte heftig.
Wir verabschiedeten uns knapp von allen bis auf Lydia, die uns noch zur Tür begleitete und sich noch vom Stas nach New York einladen ließ.
Schnell hüpften wir die Stufen der Villa hinunter, durch den Vorgarten und zurück auf die Straße.
"Du schuldest mir ein Weihnachten."
Anastasia lachte laut und warf mich mit einem Schneeball ab.

Weihnachten mal anders. Vor allem weil ich gerade so in Weihnachtsstimmung bin.
Trotzdem ein dicker schmatzer an euch alle,
Vicy

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