Bitte keine Panik wegen dem letzten Kapitel schieben! It gets worse before it gets better.
Love,
VicyKomplett müde wachte ich in dem Bett meines Zimmers auf.
Selbst der Schlaf vermochte es gerade nicht, mir etwas Ruhe vor dem Chaos in meinem Kopf zu verschaffen.
Mir ging es miserabel, sehr sogar, was ja nicht wirklich das erste mal war.
Ächzend rollte ich mich aus dem Bett und warf ein Blick aus dem Fenster.
Es dämmerte gerade, und der Ausblick der sich mir bot war atemberaubend.
Schnell schlüpfte ich in einen weichen Strickpulli, Jeans und Stiefel, dann lief ich leise die Treppe des alten Hauses nach unten und zog die Haustür hinter mir zu.
Nach ein paar Metern des laufens kam ich an die Bank,
Meine Bank.
Starr heftete sich mein Blick auf den Horizont.
Etwa zwanzig Meter geradeaus weiter von wo ich stand, endete die saftige, grüne Wiese in einer Klippe, an deren Fuß sich rauschend Wellen brachen.
Vor mir war nichts als Wiese und Meer, und über mir die aufgehende Sonne.
Das war er.
Mein Lieblingsort.
Der Ort, an dem ich frei atmen konnte, an den ich mich zurückziehen konnte.
Ich war zwei Tage vorher mitten in der Nacht an dem kleinen, wildromantischen Bed and Breakfast angekommen, und hatte seitdem versucht herauszufinden was ich jetzt machen wollte.
Seit ich hier vor Ewigkeiten einmal mit Alex gewesen war, war ich immer wieder hierher zurückgekommen.
Normalerweise brauchte es nur die frische Luft und die viele Gegend um mich wieder etwas auf die Spur zu bringen, doch dieses mal war es anders.
Hier ging es um etwas so viel größeres als einen geplatzten Deal oder Streit mit einem meiner so tollen Familienmitglieder.
Ich hatte mir so viel Mühe gegeben, vor Sebastian meine verkorkste Vergangenheit zu verstecken, und endlich einmal das Gefühl gehabt davon loszukommen, und dann kam ein einzelner Arzt und ruinierte alles.
Etwas gab mir das Gefühl, dass der Mann den ich liebte den elementarsten Grund, warum ich ihm nichts von der Depression erzählt hatte, nicht verstanden hatte.
Es ging nicht darum, vor ihm in einem besseren Licht zu stehen, oder ihn anzulügen, es ging darum mir selbst etwas leichter zu machen.
Dass mir jetzt dazwischengefunkt wurde gefiel mir gar nicht.
Außerdem wollte ich nicht bemitleidet werden, von niemandem.
Das war meine Sache, und ich war damit fertig geworden, irgendwie.
Dass die Sonne immer höher stieg merkte ich in Gedanken versunken gar nicht, ich schreckte erst hoch als sich jemand neben mich setzte.
Es war Molly, die Besitzerin des kleinen Bed and Breakfast and der englischen Küste, und die Frau, die irgendwann einmal Muttergefühle für mich entwickelt hatte.
"Also meine hübsche, wie ist sein Name."
Ihre Stimme war so ruhig und angenehm dass ich schon wieder fast angefangen hätte zu weinen.
"Sebastian."
"Und er liebt dich?"
Kurz musste ich verdutzt nachdenken.
"Ja?"
Antwortete ich etwas verzögert.
"Und du liebst ihn?"
Ich nickte.
"Ja."
Dieses mal kam die Antwort schneller.
"Dann schafft ihr das wieder. Glaub mir."
Die kleinen Fältchen um ihre warmen Augen wurden mehr als sie mir sanft zulächelte.
"Fast nichts ist so stark dass es sich gegen Liebe stellen kann."
Sie überlegte kurz, dann lachte sie.
"Oh Gott, ich klinge ja schon so alt wie ich es bin. Aber wenn er nicht alles in Kauf nehmen würde um wieder mit dir zusammen zu sein hat er dich nicht verdient."
Unwillkürlich musste ich selbst ein wenig lächeln.
"Ich glaube nicht wirklich dass ich so etwas tolles zu verdienen bin."
"Anastasia, du dummes, dummes Ding. Wag es bloß nicht so von dir zu sprechen."
Meinen Lippen entfuhr ein leises Lachen.
"Siehst du, so will ich das. Und jetzt komm wieder rein, Billy hat Frühstück gemacht."
Ich nickte und warf noch einen Blick auf die Aussicht.
Schlussendlich konnte ich mich hier nicht ewig verkriechen.
Schon wieder in Gedanken versunken folgte ich Molly in die Küche, wo diese ihren Mann liebevoll schimpfte dass er den Speck anbrennen lassen hatte.
Der ließ das mit einem seligen Lächeln über sich ergehen.
Interessiert beobachtete ich die Unterhaltung der beiden und dachte darüber nach ob ich irgendwann einmal auch so mit jemandem mein Leben teilen würde.
"Also, wie lange willst du noch bei uns bleiben?"
Fragte mich Bill irgendwann im Verlauf des Frühstücks.
Ich blickte Molly etwas verunsichert an.
"Ich... Ich glaube ich muss zurück nach New York. Ich merkte selbst wie mich diese Aussicht etwas sicherer machte.
"Ich habe was zu erledigen."
Sie begann von Ohr zu Ohr breit zu lächeln.Erst im Flugzeug wagte ich es wieder einen Blick auf mein Handy zu werfen.
Zu Anfang hatte Sebastian noch oft angerufen, und einige SMS hinterlassen, die ich mich aus Angst mitten in der Öffentlichkeit in Tränen auszubrechen nicht traute zu lesen.
Zum Schutz vor mir selbst schaltete ich das Mobiltelefon aus, steckte die Kopfhörer in meinen Ipod und schloss die Augen.
Trotz meiner Lieblingsband kamen die vielen Konflikte meiner Gedanken nicht zur Ruhe.
Ein Teil von mir wollte am liebsten den nächsten Flieger wieder zurück nach England nehmen, damit ich mich weiter auf dem Land verkriechen konnte.
Ein anderer Teil wollte zurück zu Sebastian, und genau in diesem Moment vermisste ich ihn und seine Fähigkeit mich zum Lachen zu bringen so sehr dass es weh tat.
Und dann gab es da auch noch diesen letzten Teil, der keine Entscheidungen treffen wollte, sich einsperren wollte, und sich einfach nur betrinken wollte.
Mitten im Flugzeug schüttelte ich den Kopf, und mein Sitznachbar sah mich schräg an.
Ich schnitt ihm eine Grimasse und lehnte den Kopf gegen das kühle Fenster des Flugzeuges.
Genau in diesem stimmten die ersten Takte eines Liedes an, das ich schon seit Ewigkeiten auswendig kannte.
Doch während ich in Gedanken den Text mitsang, und an das Konzert dachte, auf dem ich mit Jules gewesen war, fuhr ich plötzlich in meinem Sitz zusammen.
Der Text, den ich immer gekannt hatte, dem ich aber nie eine tiefere Bedeutung zugeordnet hatte, ergab auf einmal einen grausamen Sinn.
Zitternd zog ich mein sorgfältig verstautes Handy wieder hervor und tippte eine SMS.
Nach einmal tiefem durchatmen sendete ich sie ab.
Alles oder nichts.
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Wintermärchen
FanfictionAnastasia liebt Sebastian. Sebastian liebt Anastasia. Und doch ist alles so kompliziert.